Saarbruecker Zeitung

Stadt soll am Blitzen nichts verdienen

FDP will Bußgeldein­nahmen an gemeinnütz­ige Organisati­onen verteilen. Das sei rechtlich unmöglich, sagt die Stadt.

- VON MARTIN ROLSHAUSEN

SAARBRÜCKE­N Der politische Sprengsatz kommt kurz vor Schluss. Er steht auf Seite acht des Änderungsa­ntrags der FDP-Stadtratsf­raktion zum städtische­n Haushalt 2018. Unter der Überschrif­t „Soziale Gerechtigk­eit“fordern die beiden FDP-Stadtveror­dneten Karsten Krämer und Tobias Raab ihre 61 Stadtratsk­olleginnen und -kollegen auf zu beschließe­n, „dass Gewinnerlö­se aus Verkehrsbu­ßgeldern an wohltätige Organisati­onen abzuführen sind“.

Im Klartext heißt das: Das Geld, dass die Stadt von Autofahrer­n, die zu schnell sind oder falsch parken, kassiert, soll nicht mehr komplett in die Stadtkasse fließen. Alles was nach Abzug der Personal- und Sachkosten übrigbleib­t, soll Saarbrücke­r Vereinen oder Opferschut­zorganisat­ionen zugute kommen. „Da Verkehrsbu­ßgelder der Verkehrssi­cherheit dienen, stellen sie keine legitime Einnahmequ­elle der Verwaltung dar“, argumentie­rt die FDP.

Sie bezieht sich dabei auch auf Aussagen des Vorsitzend­en des Deutschen Richterbun­des, Jens Gnisa. Der hat nicht nur gefordert, „die Zahl der Bußgeldver­fahren wegen Tempoverst­ößen deutlich zu reduzieren“. Er schlägt auch vor, dass „Bußgelder nicht mehr den Kommunen zugutekomm­en, sondern gemeinnütz­igen Organisati­onen.“Dann, berichtet der Berliner Kurier, würde es „Blitzer nur noch da geben, wo man sie braucht. Und nicht mehr dort, wo vor allem die Kasse klingelt“.

So sieht das auch die Stadtrats-FDP, die bei der Aufstellun­g einiger stationäre­r Blitzer in Saarbrücke­n bereits Zweifel angemeldet hatte, ob die Kontrollen wirklich der Verkehrssi­cherheit dienen und nicht nur dazu da sind, die Stadtkasse zu bedienen. Insbesonde­re die Kontrolle in der Camphauser Straße stieß auf massive Kritik der Liberalen. Sie sprachen immer wieder von „Abzocke“.

Dem hat die Stadtverwa­ltung immer widersproc­hen. So auch jetzt dem FDP-Antrag zu den Haushaltsb­eratungen im Stadtrat. Dem neuen Vorschlag der FDP-Fraktion, teilte Stadtsprec­her Robert Mertes gestern auf Anfrage mit, „stehen die rechtliche­n Rahmenbedi­ngungen entgegen“. Die Saarbrücke­r Stadtverwa­ltung habe wie andere Städte und Gemeinden auch überhaupt keinen Entscheidu­ngsspielra­um, sagt er. Sie müsse „die Einnahmen, die sie bei Ausführung ihr gesetzlich übertragen­er staatliche­n Aufgaben generiert, zur Deckung der dadurch entstehend­en Ausgaben einsetzen“, sagt er. Dazu gehören nach juristisch­er Bewertung durch die Stadt „die Einnahmen aus Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssi­cherheit“.

Für den städtische­n Haushalt gelte außerdem „das Gesamtdeck­ungsprinzi­p“. „Das bedeutet“, erklärt Mertes, „dass alle Erträge alle Aufwendung­en decken sollen“. Der Teilhausha­lt „Allgemeine Sicherheit und Ordnung“weise trotz der Einnahmen aus Verwarn- und Bußgeldern ein Defizit von 2,6 Millionen Euro aus. Es gebe also gar keinen Überschuss, „den man auch bei Nichtbeach­tung der rechtliche­n Rahmenbedi­ngungen anderweiti­g verteilen könnte“.

Der Haushaltsp­osten „Allgemeine Sicherheit und Ordnung“umfasst allerdings mehr als nur die Verkehrsüb­erwachung. Darin enthalten ist die komplette Arbeit des Ordnungsam­ts, also zum Beispiel auch der kommunale Ordnungsdi­enst, der unter anderem im Blick hat, dass Wirte ihre Stühle nicht zu weit auf den Markt stellen, Händler ordnungsge­mäß mit Werbeschil­dern umgehen oder dass Hundehalte­r die Hinterlass­enschaften ihrer Vierbeiner entfernen.

Die stationäre­n Blitzer bringen der Stadt allerdings durchaus ein Plus. Bei der Haushaltsp­lanung 2017 hat die Stadt gut eine Million Euro an Einnahmen kalkuliert. Demgegenüb­er standen Ausgaben in Höhe von rund 520 000 Euro. „Wir erwarten demnach einen Überschuss von rund 500 000 Euro“, hatte Bürgermeis­ter und Finanzdeze­rnent Ralf Latz (SPD) Ende vergangene­n Jahres angekündig­t.

„Da Verkehrsbu­ßgelder der Verkehrssi­cherheit dienen, stellen sie keine legitime Einnahmequ­elle der Verw altung dar.“

Tobias Raab und Karsten Krämer

FDP-Stadtratsf­raktion

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FOTO: FREDRIK VON ERICHSEN/DPA Knöllchen am Scheibenwi­scher bringen Geld in die Stadtkasse. Das soll sich änern, fordert die FDP.

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