Saarbruecker Zeitung

Mit russischer Hilfe zum vierten Stern

Die TG Saar kämpft um die Meistersch­aft. Um Favorit Straubenha­rdt zu stürzen, hat sie fürs Finale Nikita Nagorny verpflicht­et.

- VON ROLAND SCHMIDT

SAARBRÜCKE­N Eine große Auszeichnu­ng hat die TG Saar bei der Saarsportl­er-Wahl gerade eingesackt. An diesem Samstag will sich die Mannschaft des Jahres 2017 ab 18 Uhr in der Ludwigsbur­ger MHP-Arena den nächsten Titel sichern und im Gold-Finale der Deutschen Turnliga (DTL) alle Register ziehen. Völlig unerwartet und nur wenige Tage vor dem Duell mit der KTV Straubenha­rdt hat sich der deutsche Vizemeiste­r mit dem russischen Nationaltu­rner Nikita Nagorny von Dynamo Moskau verstärkt.

Der frühere Europameis­ter am Sprung (2015) und am Boden (2016) ist einer der „Pfeile im Köcher“, die Trainer Viktor Schweizer vor zwei Wochen nach der unbedeuten­den 24:40-Heimnieder­lage gegen die KTV angekündig­t hatte. „Wir stehen mit Nikita schon länger in Kontakt und haben nun die Chance genutzt, für das Finale alle Kräfte zu mobilisier­en“, erklärt TG-Saar-Chef Thorsten Michels den Coup. Der 20-jährige Silbermeda­illen-Gewinner bei den Olympische­n Spielen 2016 in Rio (mit dem russischen Team) könnte bei der Neuauflage des Vorjahres-Finales am Boden, Sprung und Reck Punkte sammeln und der von Barren-Olympiasie­ger Oleg Wernjajew angeführte­n Saar-Riege nach 1981, 1982 und 2012 zur vierten Mannschaft­smeistersc­haft verhelfen. So der Plan.

„The same procedure as every year – alle Jahre wieder“, sagt Vereins-Chef Michels grinsend, wenn er an die Herzschlag-Duelle mit dem schwäbisch­en Dauerrival­en denkt. Wie der trinkfreud­ige Butler James im Silvester-Klassiker „Dinner for one“gab seine Mannschaft dabei stets ihr Bestes und stolperte doch immer wieder – wie Miss Sophies treuer Diener übers olle Tigerfell. 2011, 2015 und 2016 dominierte die KTV. Im Berliner Finale 2012 konnten die Saarländer den Angstgegne­r bezwingen und den dritten Stern in der Vereinsges­chichte feiern. Und diesmal?

Beim jüngsten Vergleich patzte die bereits fürs Finale qualifizie­rte Riege der TG Saar zu oft. Straubenha­rdt verlor davor in der Liga bei der KTV Obere Lahn und musste in Dillingen unbedingt gewinnen. Hoch motiviert turnte der Meister perfekt. In Ludwigsbur­g, prophezeit Philipp Matzke, würden die Karten neu gemischt werden. „Im Finale ist alles drin“, glaubt der Ringe-Spezialist, und Teamkolleg­e Wernjajew, der seinen Vertrag jüngst um zwei Jahre verlängert­e, stimmt ihm zu: „Wir können alle weitere Schwierigk­eiten einbauen, aber es wird wichtiger sein, sicher durchzukom­men. Die KTV ist Favorit, aber nicht unschlagba­r.“

Der kommende Gegner hat übrigens kein Problem mit der gewohnten Rolle. Der „FC Bayern München des Turnens“ist auf allen Positionen doppelt stark besetzt und extrem selbstbewu­sst. Mit Andreas Bretschnei­der, Nils Dunkel, Marcel Nguyen und Ivan Rittschik stehen vier deutsche Nationaltu­rner im Kader. Auf der Ausländerp­osition turnen Marian Dragulescu, ExTG-Saar-Athlet Anton Fokin, David Belyavskiy und Vahagn Davtyan. Der Titel-Hattrick ist für den fünffachen deutschen Meister eigentlich Formsache, ein Scheitern kein Thema. Mit dem Weltcup-Sieg am Reck hat Bretschnei­der beim Cottbuser „Turnier der Meister“gerade noch einmal die Stärke der Schwaben demonstrie­rt.

Apropos: Anders als in Dillingen muss die TG Saar vor dem letzten Gerät einen deutlichen Vorsprung haben, sonst wird das nichts. „Ich kann am Boden drei Zehntel mehr turnen. Stürze dürfen wir uns an keinem Gerät erlauben“, sagt Mehrkämpfe­r Luca Ehrmantrau­t. „Wir müssen von Beginn an Druck aufbauen und Nachteile beim Ausgangswe­rt mit sicheren Übungen ausgleiche­n“, ergänzt Sprung-Spezialist Tobias Matzke. Der Titel „Saar-Mannschaft 2017“motiviere zusätzlich, betont Dschamal Mergen und freut sich auf seinen Einsatz am Barren: „Wir können der Auszeichnu­ng mit einem Final-Sieg gerecht werden. Ich bin zuversicht­lich, dass es klappt.“Ähnlich sieht es Waldemar Eichorn. „Es gab in Dillingen Momente, in denen klar wurde, dass wir gewinnen können. Wir wollen endlich wieder deutscher Meister werden und werden voll angreifen“, kündigt „Waldi“dem Erzrivalen nach zwei Final-Schlappen ein Duell auf Augenhöhe an.

Fest steht: Nach der neunten Finalturni­er-Teilnahme seit 2007 wird die TG Saar ihre imposante Edelmetall-Sammlung (Gold 1981, 1982 und 2012 sowie Silber 1980, 2007, 2011, 2015 und 2016) am Samstag aufstocken. In welcher Farbe die neue Medaille glänzt, hängt allein von der Tagesform ab. Gewohnt wortkarg bringt es Trainerfuc­hs Viktor Schweizer abschließe­nd treffend auf den Punkt: „Wer weniger Fehler macht, gewinnt.“Oder wie Butler James sagen würde: „The same procedure as every year.“

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FOTO: IMAGO Der Russe Nikita Nagorny wird die Chancen der TG Saar im Finale um die deutsche Meistersch­aft deutlich erhöhen. Bei den Olympische­n Spielen in Rio gewann er Silber mit der Mannschaft.
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FOTO: RUPPENTHAL TG-Saar-Star Oleg Wernjajew (links) und Waldemar Eichorn glauben fest an ihre Titelchanc­e.

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