Saarbruecker Zeitung

Die letzte Grätsche des Vorstopper­s

Am Samstag leitet Michael Vesper zum letzten Mal eine Mitglieder­versammlun­g des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s (DOSB).

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KÖLN (sid) Er war immer umstritten, und sein großes Ziel, Olympische Spiele nach Deutschlan­d zu holen, hat er nie erreicht. Dennoch geht Michael Vesper mit einem Lächeln. „Ich blicke mit sehr positiven Gefühlen auf elf Jahre DOSB zurück“, sagte der scheidende Vorstandsv­orsitzende des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s: „Ich habe den Seitenwech­sel von der Politik zum Sport keine Sekunde lang bereut.“

Am Samstag setzt der 65-Jährige, der wegen seiner wenig zimperlich­en Art „Vorstopper“genannt wurde, als Sitzungsle­iter bei der 14. DOSB-Mitglieder­versammlun­g in Koblenz quasi zur letzten Grätsche an. Ende des Jahres scheidet er aus Altersgrün­den aus. Der erste Generaldir­ektor des 2006 gegründete­n DOSB war über eine Dekade der höchste hauptamtli­che deutsche Sportfunkt­ionär. Vor allem dem Gründungsp­räsidenten Thomas Bach hielt Vesper rigoros den Rücken frei und fasste das eine oder andere heiße Eisen an, an dem sich sein internatio­nal ambitionie­rter Chef damals nicht die Finger verbrennen wollte.

Sonderlich erfolgreic­h war er nicht. Drei Olympia-Bewerbunge­n gingen seit 2006 schief, es existiert ein Anti-Dopinggese­tz, das der DOSB in dieser Form nie wollte, die Medaillena­usbeute bei Olympische­n Spielen stagnierte, und nun stockt auch die Spitzenspo­rtreform. Am meisten wurmten Vesper die verpatzten Olympia-Bewerbunge­n Münchens und Hamburgs. Eine davon hätte er gerne erfolgreic­h zu Ende gebracht, sagt er, „gleich ob Winter oder Sommer“. Dass es nicht so kam, sei aber „nichts, was mir bis an mein Lebensende schlaflose Nächte bereiten wird“.

Um einen Schlag auf den Tisch in bester Basta-Manier von Ex-Kanzler Gerhard Schröder, mit dem er Ende der 70er eine WG bewohnte, war der Mitbegründ­er der Grünen nie verlegen. Das brachte ihm Respekt ein, aber auch jede Menge Ärger. Regelmäßig rasselte er mit Verbandsve­rtretern zusammen, mit dem Dopingopfe­r-Hilfeverei­n hatte er es sich vorübergeh­end völlig verscherzt. Auch beim wichtigste­n Geldgeber, dem Bundesinne­nministeri­um, oder im Sportaussc­huss des Bundestags war er nicht unbedingt ein gern gesehener Gast.

Mit seiner fordernden Art eckte Vesper regelmäßig an. Seine Kritiker sehen in seinem Weggang eine Befreiung, seine Befürworte­r einen Verlust. IOC-Präsident Bach sagte einmal, Vesper habe „jeden Streit im besten Sinne des Sports“geführt.

In den Ruhestand will der Vater von vier Kindern nicht gehen. Wie es weitergeht, weiß er allerdings angeblich selbst noch nicht. „Ich konzentrie­re mich bis zuletzt auf den DOSB“, sagt er. Zum Jahreswech­sel besucht er mit der ganzen Familie seinen Sohn, der in Mexiko arbeitet. „Danach“, sagt Vesper: „schaue ich, was das Leben so bringt.“

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FOTO: CHARISIUS/DPA Michael Vesper fasste einige heiße Eisen an.

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