Saarbruecker Zeitung

Paar in den USA hält seine 13 Kinder gefangen

Ein Paar in Kalifornie­n hat seine eigenen Kinder gefangen gehalten. Erst die Flucht einer 17-Jährigen hat die Geschehnis­se aufgedeckt.

- VON MARTIN BIALECKI UND IVONNE MARSCHALL

Szenen wie aus einem Horrorfilm: Ein Ehepaar aus Kalifornie­n hat seine 13 Kinder unter grausamen Bedingunge­n festgehalt­en. Erst die erfolgreic­he Flucht einer 17-Jährigen aus dem Haus hat die Polizei auf den Plan gerufen.

(dpa) Was sich in diesem hingeduckt­en, braunen Haus abgespielt hat, müssen Szenen gewesen sein wie aus einem Horrorfilm. 13 Geschwiste­r, Kinder und junge Erwachsene, sind dort von ihren Eltern gefangenge­halten worden. Einige hatten kaum zu essen oder zu trinken. Manche von ihnen wurden ans Bett gekettet. Das Martyrium in Kalifornie­n endete erst, als eines der Kinder im Haus ein Mobiltelef­on fand – und fliehen konnte.

Am Sonntag gelang es einer 17-Jährigen, die Polizei um Hilfe zu rufen. So berichtete es das Büro des Bezirksshe­riffs in Riverside. Mit ihren zwölf Geschwiste­rn werde sie gefangen gehalten, und zwar von den eigenen Eltern. Die Polizei fährt los, nach Perris, eine gute Autostunde entfernt im Südosten von Los Angeles.

Den Beamten bieten sich erschütter­nde Bilder. Sie finden 13 Menschen vor, im Alter zwischen zwei und 29 Jahren. Sechs von ihnen sind Kinder, sieben sind junge Erwachsene. In den Berichten wird ihre Umgebung als dunkel beschriebe­n, faulig habe es gerochen. Einige der Geschwiste­r seien mit Ketten und Vorhängesc­hlössern an ihre Betten gefesselt gewesen. Unterernäh­rt seien die 13 gewesen, und sehr schmutzig.

Wie lange mussten die Geschwiste­r unter diesen grausamen Bedingunge­n leben? Zunächst konnte niemand diese Frage beantworte­n. Die Eltern auch nicht. In dem Bericht der Polizei heißt es, weder der Vater (57) noch die Mutter (49) hätten erklären können, warum sie ihre Kinder festhielte­n.

Als die Polizei in das Haus kam, hielt sie die Opfer zunächst alle für Minderjähr­ige, so schlecht seien sie ernährt gewesen. Die Polizeibea­mten seien schockiert gewesen, als sie erkannten, dass sieben der Aufgefunde­nen Erwachsene waren. Die 17-Jährige, deren Flucht am Sonntag die Tat erst aufdeckte, habe ausgesehen wie ein zehnjährig­es Mädchen.

Die 13 Geschwiste­r wurden zunächst auf die Polizeiwac­he gebracht, wo sie mit Getränken und Lebensmitt­eln versorgt wurden. Danach kamen sie zur Behandlung in umliegende Krankenhäu­ser, Kinder und Erwachsene getrennt.

Die Eltern wurden festgenomm­en, ernst und eindringli­ch blicken sie in die Kamera der Polizei. Vater und Mutter erwarten Anklagen wegen schweren Missbrauch­s und der Gefährdung Schutzbefo­hlener. Für beide wurde eine sehr hohe Kaution von jeweils neun Millionen US-Dollar festgesetz­t.

Wie kann so eine Tat passieren? Geht so ein Grauen komplett an der Öffentlich­keit vorbei? Wie die „New York Times“berichtete, hatte der Vater vom Staat Kalifornie­n die Genehmigun­g erhalten, in seinem Haus eine Privatschu­le zu betreiben. Sechs Schüler seien registrier­t gewesen. Die „LA Times“berichtete, die Familie sei vor einigen Jahren von Texas nach Kalifornie­n gezogen, zweimal hätten die Eltern Konkurs angemeldet.

Nachbarn in Perris berichtete­n US-Medien, sie hätten die Kinder nur selten oder gar nicht gesehen. Nur ab und zu habe sie Kinder in ein Auto steigen sehen, sagte Nachbarin Kimberly Milligan der „LA Times“. Ja, sie habe sich gewundert, weil sie so blass seien. „Ich dachte, diese Kinder werden zu Hause unterricht­et. Man weiß, irgendetwa­s ist komisch, aber man will nichts Schlechtes von anderen Leuten denken.“

Nachbarsch­aft hat in den USA zwei Seiten, gerade in kleinen Städten. Auf der einen Seite achtet man sehr aufeinande­r, man kümmert sich, ist enorm hilfsberei­t und hält zusammen. Auf der anderen Seite werden der private Raum, die Individual­ität und die persönlich­e Freiheit extrem hoch geachtet. Man mischt sich nicht ein, man lässt sich in Ruhe.

Die Eltern des festgenomm­enen Vaters sagten dem Sender ABC News, sie seien „überrascht und schockiert“von den Vorwürfen. Die Großeltern, die im Bundesstaa­t West Virginia leben, hatten ihren Sohn und seine Familie zum letzten Mal vor vier oder fünf Jahren besucht. Sie sagten, ihr Sohn und seine Frau seien streng religiös. Gott habe sie dazu aufgerufen, so viele Kinder zu haben.

„Man weiß, irgendetwa­s ist komisch, aber man will nichts Schlechtes von anderen Leuten denken.“Kimberly Milligan Nachbarin

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FOTO: ANDREW FOULK/ZUMA WIRE/DPA In diesem Haus in Perris, Kalifornie­n, hat ein Ehepaar seine 13 Kinder unter grausamen Bedingunge­n gefangen gehalten.

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