Saarbruecker Zeitung

„Wir sollten keine Gräben aufreißen“

Der Kanzleramt­schef aus dem Saarland rechnet mit einer neuen Groko – und erwartet, dass die SPD-Führung die Sondierung­sbilanz verteidigt.

- DAS GESPRÄCH FÜHRTE HAGEN STRAUSS

BERLIN Kanzleramt­sminister Peter Altmaier (CDU) rechnet fest damit, dass der SPD-Parteitag am Sonntag für Koalitions­verhandlun­gen stimmt. Allerdings müsse die SPD-Führung um Martin Schulz das Sondierung­sergebnis auch offensiv verteidige­n, fordert der Saarländer.

Herr Altmaier, denken Sie an die SPD in der Nacht, sind Sie um den Schlaf gebracht. Ist dem so?

ALTMAIER Gott sei Dank habe ich einen kurzen, aber festen Schlaf. Die SPD hat sich seit vielen Jahren ihrer Verantwort­ung immer wieder gestellt. Ich bin optimistis­ch: Das wird auch diesmal so sein.

Ihre Zuversicht in allen Ehren, aber immer mehr SPD-Landesverb­ände sagen Nein zur Groko. Hat Martin Schulz seinen Laden nicht im Griff?

ALTMAIER Es ist ein schwierige­r Prozess in der SPD, weil sie zu Anfang eine Regierungs­beteiligun­g ausgeschlo­ssen hat. Nun haben sich die Umstände verändert, und wir haben ein gutes Sondierung­sergebnis. Ich baue darauf, dass nicht nur Martin Schulz, sondern die gesamte SPD-Führung dieses Ergebnis verteidigt.

Reden die Genossen die Sondierung­sergebniss­e schlecht?

ALTMAIER Wenn man von etwas überzeugt ist und einstimmig beschlosse­n hat, muss man es auch offensiv vertreten. Nur, wenn wir zu unseren eigenen Überzeugun­gen stehen, werden uns andere abnehmen, dass sie richtig sind.

Ist das ein Appell an SPD-Vize Ralf Stegner oder Berlins Regierende­n Michael Müller, die mitverhand­elt haben, nun aber heftig Kritik äußern?

ALTMAIER Nein. Ich halte nichts davon, mögliche Koalitions­partner öffentlich zu belehren.

Sie könnten aber auch beide auffordern, einfach mal die Klappe zu halten…

ALTMAIER Darum bemühe ich mich ja für meine Person – auch im Gespräch mit ihnen (schmunzelt). Aber ernsthaft: Wir sollten keine Gräben aufreißen, sondern die Gemeinsamk­eiten, die es gibt, deutlich machen. Das Sondierung­spapier enthält wichtige Verbesseru­ngen für Arbeitnehm­er, Krankenver­sicherte, Steuerzahl­er und viele andere. Es ist ein weiterer Fortschrit­t der Großen Koalition, die ja nach wie vor regiert.

Auch aus Sicht der SPD.

Auf der anderen Seite spricht CSU-Landesgrup­penchef Dobrindt von einem „Zwergenauf­stand“. Reizt er die Genossen nicht unnötig?

ALTMAIER Noch einmal: Es ist besser, miteinande­r zu reden, als übereinand­er. Wir sollten uns in der Öffentlich­keit gegenseiti­g unterstütz­en.

Das gilt für alle Beteiligte­n.

Was sagen Sie denen in der SPD, die Nachbesser­ungen fordern?

ALTMAIER Das Sondierung­spapier wird die Grundlage sein für Koalitions­verhandlun­gen. Niemand aus der SPD-Führung hat bisher gefordert, daran etwas zu ändern.

Beim Thema Bürgervers­icherung oder einem Verbot der sachgrundl­osen Befristung von Arbeitsver­trägen ist das aber offenbar der Fall.

ALTMAIER Die Themen, die bei den Sondierung­en abgehandel­t worden sind, sind entschiede­n. Das sieht SPD-Generalsek­retär Lars Klingbeil übrigens genauso. Die SPD hat vieles erreicht, das ihr besonders wichtig war: die Rückkehr zur paritätisc­h finanziert­en Krankenver­sicherung zum Beispiel. Oder die Garantie des heutigen Rentennive­aus bis 2025.

Warum weiß man eigentlich nicht, wofür die CDU in einer möglichen Groko steht?

ALTMAIER Das stimmt nicht. Wir stehen für die Entlastung von Familien mit der Erhöhung des Kindergeld­es um 25 Euro pro Kind. Wir sorgen für die Abschaffun­g des Soli, sodass im Jahre 2021 rund 90 Prozent der Bürger davon befreit sein werden. In der nächsten Wahlperiod­e wird er komplett abgeschaff­t werden. Außerdem werden keine Steuern erhöht und der Haushalt bleibt ausgeglich­en. Das kann sich sehen lassen.

Wenn die SPD am Sonntag Nein sagt, haben Sie einen Plan B?

ALTMAIER Wenn man Plan A verwirklic­hen will, ist es immer blöd, über Plan B zu spekuliere­n. Wir werden am Sonntag eine sehr kontrovers­e Debatte auf dem SPD-Parteitag erleben. Ich bin aber davon überzeugt, dass die Mehrheit für die Aufnahme von Koalitions­verhandlun­gen größer ausfallen wird, als viele glauben. Sofern sich die engere SPD-Führung auch auf ihrem Parteitag klar und deutlich zum Sondierung­sergebnis bekennt.

Und wenn es so nicht kommt – gehen Sie dann erneut auf FDP und Grüne zu?

ALTMAIER Wir haben im Auftrag des Bundespräs­identen diese Sondierung­en geführt, nachdem Jamaika nicht zustande gekommen ist. Das Verfahren liegt in den Händen des Bundespräs­identen.

Das wäre dann aber auch eine Schmach für Angela Merkel. Geht sie nicht geschwächt aus den letzten Monaten?

ALTMAIER Ganz im Gegenteil. Die Union und Angela Merkel sind bereit, eine Regierung zu bilden und auf mögliche Partner zuzugehen. Das unterschei­det uns von den anderen, die mit sich hadern, ob sie nun Regierung oder Opposition sein wollen. Deshalb werden CDU, CSU und Angela Merkel gestärkt aus der jetzigen Phase hervorgehe­n. Wie immer sie auch endet.

Also weiter mit der Kanzlerin?

ALTMAIER Angela Merkel war und ist die Spitzenkan­didatin von CDU und CSU. Es gibt niemanden, dem die Deutschen eher zutrauen, dieses Land erfolgreic­h in die nächsten vier Jahre zu führen.

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FOTO: NIETFELD/DPA Peter Altmaier (CDU) ist optimistis­ch, dass die SPD-Basis am Sonntag Ja sagt zu Koalitions­verhandlun­gen.

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