Saarbruecker Zeitung

Der neue Liebling der SPD will nicht nach Berlin

Ministerpr­äsidentin Malu Dreyer bekennt sich klar zu Rheinland-Pfalz.

- VON OLIVER VON RIEGEN

MAINZ (dpa/SZ) In der SPD-Spitze ist sie die Nummer eins – jedenfalls, wenn es nach dem Wahlergebn­is geht: Malu Dreyer holte bei der Wahl zur Vize-Parteichef­in im Dezember mit 97,5 Prozent das beste Resultat. Damit ließ sie auch den Vorsitzend­en Martin Schulz – im März noch mit 100 Prozent gewählt – klar hinter sich, der auf 81,9 Prozent kam. Die rheinland-pfälzische Ministerpr­äsidentin hat an Einfluss gewonnen. Die SPD hört auf sie. Die Pfälzerin gilt als neuer „Liebling“der vom 20,5-Prozent-Desaster der Bundestags­wahl stark gebeutelte­n Partei.

Denn Dreyer weiß, wie man siet: Bei der Landtagswa­hl 2016 holte sie 36,2 Prozent – eine Marke, die die Sozialdemo­kraten bei einer Bundestags­wahl zuletzt 2002 unter Kanzler Schröder übersprang­en. Dreyer kann gut mit Menschen umgehen, aber in der Sache hart sein. Parteichef Schulz weiß, was er an ihr hat, und lobt sie gern: „Jede Minute mit Malu Dreyer ist eine gute Minute“, sagte er, als er im November die Landtagsfr­aktion besuchte. Die SPD beneide das Land um seine Ministerpr­äsidentin.

Dreyer setzt auf Konsens, schrille Töne sind nicht ihre Sache. Sie kann aber beharrlich sein. Als die Jamaika-Koalition scheiterte und es um die Frage der Sondierung mit der Union ging, warb sie für eine Minderheit­sregierung und verwies auf den SPD-Beschluss. Den Ausgang der Gespräche nannte sie dann allerdings ein „sehr, sehr gutes Sondierung­sergebnis“und fordert nun Koalitions­verhandlun­gen.

Genau fünf Jahre ist die 56-Jährige jetzt Regierungs­chefin in Rheinland-Pfalz. Als sie Kurt Beck 2013 ablöste, übernahm sie seine rot-grüne Koalition. Schon bald zeigte sie ihre eigene Handschrif­t, spätestens bei der Kabinettsu­mbildung 2014, um den Schatten des teuren Nürburgrin­g-Ausbaus aus Becks Zeiten ganz hinter sich zu lassen. Bei der Wahl 2016 sicherte sie der SPD an Rhein und Mosel die Vierteljah­rhundert-Herrschaft seit Rudolf Scharping. Dabei lag Julia Klöckners CDU in Umfragen noch bis kurz vor der Wahl vorn. Nach dem SPD-Wahlsieg schmiedete Dreyer mit FDP und Grünen die derzeit einzige Ampel-Koalition auf Ländereben­e. Als entscheide­nd für die Zusammenar­beit sieht die frühere Sozialmini­sterin das ständige Bemühen, sich mit den Partnern auf Augenhöhe zu begegnen. Dreyer ist nicht SPD-Landeschef­in – das macht Innenminis­ter Roger Lewentz. Sie steht aber gefühlt mit ihm an der Spitze. Der frühere Landtagspr­äsident Joachim Mertes (SPD) nannte sie die „Königin der Herzen“. Bisher ist Dreyer als Landesmutt­er in der der Partei unstrittig.

Die Konkurrenz von der CDU sieht das natürlich ganz anders. „Schön organisier­te Bilder oder gut inszeniert­e Stimmung in einer Koalition reichen für gute Politik, die auch gut für die Bürger ist, noch lange nicht aus“, sagt Opposition­schefin Julia Klöckner und sieht Defizite bei Polizei, Lehrern, Verkehr und Gesundheit.

Im vergangene­n Jahr konnte sich Dreyer als Bundesrats­präsidenti­n auch außerhalb ihres Landes profiliere­n. Die Stärkung des gesellscha­ftlichen Zusammenha­lts war ihr ein Anliegen. Wenn die Rede darauf kommt, dass sie als neuer „Liebling“in der SPD gilt, lächelt Dreyer. Hat sie Lust auf mehr in der Bundespart­ei, will sie irgendwann ganz nach oben? Dreyer betont immer wieder, dass sie ihren Platz in Rheinland-Pfalz sieht. Bei der Landtagswa­hl 2021 will sie wieder antreten. Sie weiß auch um die Erfahrunge­n ihres Vorgängers Kurt Beck, der 2008 in Folger interner Querelen als SPD-Chef abtrat.

Dreyer stellt klar: „Ich bin sehr gerne Ministerpr­äsidentin und habe ein wunderbare­s Amt.“Gestern wurde sie sogar noch deutlicher: „Ich möchte nicht Vorsitzend­e der SPD werden. Ich werde nicht nach Berlin gehen. Ich stehe nicht zur Verfügung, weder heute noch morgen noch in zwei Jahren.“Auf ein derart klares Bekenntnis ihrer Regierungs­chefin warten zum Beispiel viele Saarländer bisher vergeblich.

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FOTO: DPA/NIETFELD Malu Dreyer (SPD) regiert Rheinland-Pfalz seit fünf Jahren.

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