Doppelleben mit reichlich Sex
Neu im Kino: „Der andere Liebhaber“von François Ozon – Verwirrspiel mit erzählerischen Schwächen, aber ausgezeichneten Darstellern
Chloé ist ein ehemaliges Model und auf der Suche nach einem Job. Seit geraumer Zeit leidet die junge Frau allerdings an Magenschmerzen und Depressionen. Als Auslöser vermutet sie ihre schwierige berufliche Situation. Bei dem Psychotherapeuten Paul sucht sie daher Hilfe. Der verliebt sich bald in sie. Doch als sie schließlich bei Paul einzieht, entdeckt sie, dass er ihr seinen Zwillingsbruder verheimlicht hat. Louis ist im Gegensatz zu seinem Bruder hemmungslos Vorsicht, gleich hyperventiliert der Schweighöfer in ein Kondom. und brutal. Ein gefährliches Verwirrspiel nimmt seinen Anfang.
Mit „Der andere Liebhaber“hat François Ozon einen Erotikthriller gedreht, der auf dem Roman „Lives of Twins“der Autorin Joyce Carol Oates aus dem Jahr 1987 basiert. Im Fokus steht das Doppelgängermotiv, das Ozon bereits häufiger behandelt hat wie in „Jung & schön“. Nur hat er dieses Mal reichlich Sex hinzugefügt. Der Grund: In seinem vorigen Film „Frantz“habe es keine einzige Bettszene gegeben, sagte der 50-Jährige in einem Interview in Paris. „Nach dem romantischen und etwas schwereren Film hatte ich Lust, mich zu amüsieren.“Seine Freunde hätten ihn damals gefragt, ob er brav geworden sei, erzählte Ozon. Dabei folge er aber auch immer dem Satz des gestorbenen Regisseurs François Truffaut, der einst gesagt hat, man solle immer einen Film drehen, der nichts mit dem Vorgänger zu tun habe. Das erklärt dann auch die großen Unterschiede in Ozons Werk, erkennbar etwa an Filmen wie „8 Frauen“und „Swimming Pool“.
Dabei treibt Ozon die Geschichte in „Der andere Liebhaber“bis auf die Spitze und baut immer neue Wendungen ein. Dazu brauchte er auch die entsprechenden Schauspieler. Denn zu dem gefährlichen und verwirrenden Doppelspiel um „Wer ist wer?“, das Chloé fast in den Wahnsinn treibt, gehört bei Ozon dieses Mal Sex in vielen Variationen – in der Filmrealität, aber auch in Traumsequenzen.
Für die Hauptrollen konnte der französische Regisseur die junge Schauspielerin Marine Vacth und den belgischen Schwierige Rollen meisterhaft verkörpert: Der belgische Star Jérémie Renier und die französische Actrice Marine Vacth retten mit differenziertem und mutigem Spiel die nur mittelmäßige Geschichte. Star Jérémie Renier („Das Kind“, „Der Junge mit dem Fahrrad“) gewinnen, der hier in einer Doppelrolle nun die ungleichen Zwillingsbrüder spielt. Vacth und Renier standen beide schon für Ozon vor der Kamera, beide identifizieren sich mit ihren Rollen meisterhaft.
Es sind dann auch diese beiden Ausnahmeschauspieler, die „Der andere Liebhaber“über erzählerische Schwächen, szenische Wiederholungen und ein überraschend flaues Ende tragen. (F/B 2017, 108 Min., Filmhaus Sb)
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