Saarbruecker Zeitung

Minister Jost rügt Atompoliti­k von Präsident Macron

- VON WERNER KOLHOFF

SAARBRÜCKE­N (kes) Der saarländis­che Umweltmini­ster Reinhold Jost (SPD) hat den energiepol­itischen Kurs des französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron als zu zurückhalt­end kritisiert. Er hoffe, dass es Macron mit der angekündig­ten Energiewen­de ernst meine, sagte Jost der SZ. Beim Thema Atomaussti­eg liege Macron „noch weit hinter seinen Möglichkei­ten“. Nach der Ankündigun­g Macrons, das Atomkraftw­erk Fessenheim im Elsass stillzuleg­en, müsse „konsequent­erweise das Aus für Cattenom folgen“, erklärte der Minister. Seit Jahren bemüht sich Saarland um die Abschaltun­g des störanfäll­igen AKW in Lothringen. Jost kündigte „weiteren Widerstand“an. Ein neues Gutachten zu Cattenom im Auftrag des Saarlandes und von Rheinland-Pfalz soll „in Kürze“vorliegen.

Gestern reiste Frankreich­s Umweltstaa­tssekretär Sébastien Lecornu ins Elsass, um die Schließung von Fessenheim auf den Weg zu bringen.

BERLIN Mit Ratschläge­n halten sich ehemalige Politgröße­n lieber zurück. Angesichts der schwierige­n Lage waren dennoch mehrere ehemalige SPD-Promis zu einer Aussage bereit. Die meisten sind dafür, den Weg für Koalitions­verhandlun­gen mit der Union frei zu machen.

Wolfgang Thierse, Ex-Bundestags­präsident: Weder Angst noch Trotz helfen jetzt der SPD. Ein Nein zu Koalitions­verhandlun­gen hieße, nach dem Motto zu verfahren: Da wir nicht alles erreicht haben, wollen wir gar nichts erreichen – sondern den Weg zu Neuwahlen und dann in eine ziemlich machtlose Opposition gehen. Besser wäre, das bisher Erreichte in weiteren Verhandlun­gen noch zu verbessern und das Ergebnis danach der Partei vorzulegen. Das nicht zu tun, wäre Misstrauen gegenüber den Mitglieder­n.

Hans Eichel, Ex-Bundesfina­nzminister: 2018 ist das Schicksals­jahr der europäisch­en Einigung. Nur mit Frankreich, nur vor der nächsten Wahl zum Europäisch­en Parlament, kann eine deutsch-französisc­he Initiative den Euro stabilisie­ren und die Einigung Europas unumkehrba­r machen. Und nur mit der SPD in der Bundesregi­erung gibt es den notwendige­n positiven Beitrag Deutschlan­ds dazu. Dieser historisch­en Verantwort­ung darf sich die SPD nicht entziehen. Und die SPD muss sich grundlegen­d erneuern. Der Parteivors­itzende muss sich an die Spitze stellen, darf nicht selbst in die Regierung gehen, nur so wird dieser Prozess glaubwürdi­g und stark.

Ludwig Stiegler, Ex-Vorsitzend­er der Bundestags­fraktion: Kleine Schritte sind besser als große Worte! Ja, die SPD sollte auf der Grundlage des Sondierung­sergebniss­es in Koalitions­vertragsve­rhandlunge­n eintreten. Das Sondierung­sergebnis zeigt die Chance, für die breiten Schichten das Leben konkret und bald zu verbessern. Die Sondierung gibt uns auch die Chance, an einem starken, sozialen Europa zu bauen. Für eine Ausschlagu­ng dieser Chance wird uns mit Recht kaum jemand bei Neuwahlen belohnen.

Walter Momper, ehemaliger Regierende­r Bürgermeis­ter von Berlin: Ja, die SPD sollte über eine Große Koalition verhandeln. In der Regierung zu sein und mitzubesti­mmen ist besser als alles andere. Neuwahl und Minderheit­sregierung sind Quatsch. Ein Positionsp­apier kann durch Koalitions­verhandlun­gen noch verbessert werden. Profil gewinnt die SPD durch selbstbewu­sstes Auftreten und gute Arbeit. Selbstzwei­fel und die eigene Leistung mies zu machen, lässt die Bürger an der SPD zweifeln.

Christian Ude, ehemaliger Oberbürger­meister von München: So ernst wie jetzt war die Lage der SPD in meinen 52 Mitgliedsj­ahren noch nie. Ich kann weder mit einer Groko-Beteiligun­g noch mit einem freiwillig­en Rückzug in die Opposition irgendeine Heilserwar­tung verbinden. Deshalb sollten alle aufhören, der jeweils anderen Seite Verrat und Prinzipien­losigkeit vorzuwerfe­n. Besonders warne ich davor, ausgerechn­et in Bayern nach 60 Jahren in der Opposition zu verkünden, dass man sich in der Opposition wunderbar erholen könne.

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FOTO: NIETFELD/DPA Wolfgang Thierse, ehemaliger Bundestags­präsident
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FOTO: DEDERT/DPA Hans Eichel, früherer Bundesfina­nzminister

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