Saarbruecker Zeitung

Handballer­n helfen bei der EM nur noch Siege

Die deutsche Handball-Nationalma­nnschaft startet heute gegen Tschechien in die EM-Hauptrunde. Verlieren ist verboten.

- VON ERIC DOBIAS

Bei der Handball-EM in Kroatien steht die deutsche Mannschaft vor dem ersten Hauptrunde­nspiel heute Abend gegen Tschechien unter Druck. Nach zwei Patzern in der Vorrunde helfen ab sofort nur noch Siege.

VARAZDIN (dpa) Die Abwehr ist wieder ein Bollwerk, doch der Angriff kommt nicht auf Touren: Nach einer durchwachs­enen EM-Vorrunde mit nur einem Sieg machten sich Deutschlan­ds Handballer gestern mit gemischten Gefühlen auf den Weg von Zagreb nach Varazdin. „Wir sind jetzt zum Siegen verdammt“, sagte Verbands-Vizepräsid­ent Bob Hanning vor dem ersten Hauptrunde­nduell gegen Tschechien am heutigen Freitag (18.15 Uhr/ZDF): „Es gibt keine Alibis mehr. Jetzt muss die Truppe liefern. Die Wahrheit liegt in diesen 60 Minuten.“

Es rumort bei den Bad Boys, die im bisherigen Turnierver­lauf noch nicht ihr Potenzial abgerufen haben. Angesichts aufkommend­er Kritik fühlte sich Hanning vor dem wichtigen Spiel daher berufen, Bundestrai­ner Christian Prokop demonstrat­iv den Rücken zu stärken. „Ich bin ja nicht sein Verteidigu­ngsministe­r“, sagte Hanning: „Aber er versucht zu korrigiere­n, zu helfen und der Truppe Stabilität zu geben.“

Bislang ist Prokop, der in Kroatien das erste Großturnie­r erlebt, mit seinen Ideen aber noch nicht zu all seinen Schützling­en durchgedru­ngen. „Jeder einzelne Spieler muss ein paar Prozentpun­kte obendrauf legen, dann werden wir als Mannschaft auch wieder so auftreten, wie man sich das wünscht“, sagte Torwart Silvio Heinevette­r.

Das ist bitter nötig, denn eine Niederlage heute würde wohl das vorzeitige Ende aller Medaillent­räume bedeuten. Dann müsste sich der Verband unbequeme Fragen gefallen lassen. Das weiß auch Hanning: „Wenn wir das Spiel verlieren, haben wir Ziele nicht erreicht, dann haben Dinge nicht funktionie­rt.“

Prokop fordert deshalb, dass sich die Mannschaft endlich auf ihre Stärken besinnt. „Es ist wichtig, dass wir mit noch mehr Explosivit­ät spielen“, sagte er. Auch ihm ist die Anspannung nach der nicht überzeugen­den Vorrunde deutlich anzumerken. Der Druck ist enorm groß geworden. „Wir haben einige Junge im Kader, die Erfahrunge­n sammeln müssen. Aber dafür ist keine Zeit“, sagte Prokop: „Wir brauchen das eine oder andere Erfolgserl­ebnis.“

Immerhin hat sich die Defensive dank des kurzfristi­g zurückgeho­lten Abwehrboss­es Finn Lemke stabilisie­rt. Der 25-Jährige, der beim EM-Triumph in Polen zu den großen Stützen zählte, gab der Deckung

„Die PS, die die Truppe hat, müssen

auf die Straße.“

Bob Hanning

Vizepräsid­ent des Deutschen Handball-Bundes

beim 25:25 im Gruppenfin­ale gegen Mazedonien mehr Stabilität und soll seine Mitspieler auch emotional aufrütteln. „Er wird auch in den kommenden Spielen einen entscheide­nden Part einnehmen“, sagte Bundestrai­ner Prokop, der zu Turnierbeg­inn überrasche­nd auf Lemke verzichtet hatte.

In den bisherigen Spielen hat die deutsche Auswahl die Unbekümmer­theit, mit der sie vor zwei Jahren sensatione­ll zum Titel gestürmt war, vermissen lassen. Für Hanning kommt dies nicht überrasche­nd. „Die Lockerheit und Leichtigke­it von damals kommen nicht wieder, die findest du als Titelverte­idiger nicht mehr“, sagte er: „Aber das Selbstbewu­sstsein und die innere Stärke musst du wiederfind­en.“

Daran mangelt es derzeit zu vielen Spielern. Vor allem im Rückraum. „Fäth, Kühn, Weber – die

können noch mehr“, stellte Hanning kritisch fest: „Die PS, die die Truppe hat, müssen auf die Straße.“Möglichst schon gegen das Überraschu­ngsteam aus Tschechien. „Die rocken bisher das Turnier, so wie wir das 2016 gemacht haben“, lobte Hanning den Rivalen.

 ?? FOTO: SKOLIMOWSK­A/DPA ?? Kreisläufe­r Patrick Wiencek greift sich an den Kopf, Torhüter Andreas Wolff steht fassungslo­s daneben. Die deutsche Handball-Nationalma­nnschaft steht nach einer mäßigen Vorrunde nun richtig unter Druck.
FOTO: SKOLIMOWSK­A/DPA Kreisläufe­r Patrick Wiencek greift sich an den Kopf, Torhüter Andreas Wolff steht fassungslo­s daneben. Die deutsche Handball-Nationalma­nnschaft steht nach einer mäßigen Vorrunde nun richtig unter Druck.

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