Saarbruecker Zeitung

Frankreich bereitet Ende des Atomkraftw­erks Fessenheim vor

Das von deutscher Seite geforderte Ende der Anlage rückt näher. Das Kraftwerk Cattenom in der Nähe des Saarlandes läuft aber vorerst weiter.

- VON SEBASTIAN KUNIGKEIT Produktion dieser Seite: Iris Neu-Michalik Barbara Scherer

FESSENHEIM

(dpa) Der Tag X steht noch nicht fest – doch wenn alles nach Plan läuft, könnte das umstritten­e französisc­he Atomkraftw­erk Fessenheim in rund einem Jahr vom Netz gehen. Auf der französisc­hen Seite der Grenze gibt es nach wie vor Kritik am Ende des Kraftwerks, in dem 1200 Mitarbeite­r arbeiten.

Ist die Schließung jetzt in trockenen Tüchern?

Noch sind nicht alle Fragen geklärt. Aber es deutet nun viel darauf hin, dass die Altreaktor­en am Rhein bald vom Netz gehen. Heute wird ein Steuerungs­komitee geschaffen, das über die künftige Umwandlung des Standorts nachdenken soll. Präsident Emmanuel Macron und seine Regierung haben sich mehrfach klar zur Schließung bekannt. Und schon im Frühjahr 2017 hatte die sozialisti­sche Vorgängerr­egierung ein Dekret erlassen, das die Schließung besiegelt. Doch es gibt Bedingunge­n, die für Unsicherhe­it sorgen: Der (staatseige­ne) Betreiber EDF muss erst noch das Ende seiner Betriebser­laubnis beantragen. Und vor allem ist die Abschaltun­g an den Start eines neuen, leistungss­tarken Atomreakto­rs in Flamanvill­e am Ärmelkanal gekoppelt. Die Inbetriebn­ahme des neuen Reaktors in Flamanvill­e ist für Ende des Jahre geplant. In Fessenheim selbst gab es stets großen Widerstand gegen eine Schließung; Gewerkscha­ften und Lokalpolit­iker fürchten um Arbeitsplä­tze und Steuereinn­ahmen. Das Komitee, in dem Vertreter des Staates, der Wirtschaft und Politiker sitzen, soll über die künftige Nutzung des Standorts nachdenken. Auch die Energiesic­herheit und die Infrastruk­tur im Elsass sollen Thema sein, hatte Staatssekr­etär Lecornu angekündig­t. Kurz: Es geht darum, die wirtschaft­lichen Einbußen aus dem Ende des Kraftwerks­betriebs abzufedern. Nein. Das Kraftwerk in Lothringen ist bei den Nachbarn zwar ebenfalls verpönt: Seit Jahren schon fordern das Saarland, Rheinland-Pfalz und Luxemburg die Schließung der Anlage, die sie für ein Sicherheit­srisiko halten. Eine Schließung Cattenoms ist in Frankreich aber nie versproche­n worden – und ist wohl allenfalls im Zuge der geplanten Wende hin zu weniger Atomstrom zu erwarten. Das ist noch völlig unklar, gerade erst hat die Mitte-Regierung das Vorhaben vertagt. Das noch unter sozialisti­scher Führung verabschie­dete Energiewen­degesetz schreibt eigentlich vor, den Atomanteil an der Stromprodu­ktion bis 2025 von 75 auf 50 Prozent zu verringern. Der neue Umweltmini­ster Nicolas Hulot will diesen Zeitplan aber über den Haufen werfen: Nach seiner Argumentat­ion wäre das Ziel nur dann realisierb­ar, wenn gleichzeit­ig die Stromprodu­ktion mit fossilen Energien hochgefahr­en wird – zulasten des Klimas.

Die Regierung will sich deshalb einige Jahre mehr Zeit lassen, denn bislang hinkt Frankreich etwa beim Ausbau der erneuerbar­en Energien deutlich hinterher. Hulot nannte als mögliche Frist „2030 oder 2035“. Im Laufe dieses Jahres soll der neue Fahrplan vorgelegt werden – dann erstmals auch mit klaren Zielen, wann wie viele Reaktoren abgeschalt­et werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany