Saarbruecker Zeitung

Gemeinscha­ftsschule in Güdingen klagt ebenfalls über Probleme

- VON UTE KIRCH

SAARBRÜCKE­N Nach den alarmieren­den Briefen der Saarbrücke­r Gemeinscha­ftsschulen Bruchwiese, Dudweiler und Rastbachta­l hat nun der Personalra­t der Gemeinscha­ftsschule Saarbrücke­n-Güdingen der SZ sein Schreiben an Bildungsmi­nister Ulrich Commerçon (SPD) vom 30. Juni vergangene­n Jahres vorgelegt, in dem Missstände an der Schule mit rund 450 Schülern benannt werden. „Das letzte Schuljahr hat gezeigt, dass wir immer mehr an unsere Grenzen kommen und die innerschul­ischen Ressourcen längst ausgeschöp­ft sind“, schreiben die Lehrer. Als größtes Problem habe sich die Zunahme der Schüler mit einer emotionale­n-sozialen Entwicklun­gsstörung gezeigt. „Bei ihnen greifen unsere pädagogisc­hen Maßnahmen kaum mehr. In einigen Klassen häufen sich aus diesem Grund die Störungen, so dass Unterricht im eigentlich­en Sinn kaum mehr möglich ist.“Ein weiteres Problem seien zu große Klassen mit rund 29 Schülern, die teilweise auf fünf Niveaustuf­en unterricht­et würden. „Da es keine räumlichen Ausweichmö­glichkeite­n gibt, sind problemati­sche Situatione­n vorprogram­miert.“

Das Kollegium sei die Inklusion motiviert angegangen, um diese zum Erfolg zu bringen. Die tägliche Praxis sei „eigentlich nicht hinnehmbar“. „Einige dieser Förderkind­er sind gegen sich und andere – Lehrer nicht ausgenomme­n – verbal und physisch äußerst aggressiv, sind in bestimmten Situatione­n von niemandem zu ,bändigen’.“Aber auch die übrigen Kinder in der Klasse hätten einen Anspruch auf eine Lernatmosp­häre, „die nicht geprägt ist von permanente­n Störungen und Angst“. Unter diesen Voraussetz­ungen könnten auch die über 70 Flüchtling­skinder nicht adäquat gefördert werden. „Wir betonen, dass die massiven Probleme nicht den Schülern mit Migrations­hintergrun­d geschuldet sind“, sagt Lehrerin Renate Klingen, Vorsitzend­e des Personalra­ts. Das größte Problem sei die Inklusion, die „mit heißer Nadel gestrickt“sei. Die Lehrer forderten daher zusätzlich­e Förderlehr­er, Schulsozia­larbeiter und Therapeute­n, eine schnellere Bereitstel­lung von Integratio­nshelfern, Doppelbese­tzungen in großen Klassen und kleinere Klassen. „Nichtbesch­ulbare Kinder müssen weiterhin in solchen Einrichtun­gen Unterstütz­ung finden, die sowohl über das ausgebilde­te Personal als auch über die infrastruk­turellen Voraussetz­ungen verfügen.“

Auf SZ-Anfrage teilt das Bildungsmi­nisterium mit, im Juli reagiert zu haben und der Gemeinscha­ftsschule 40 Stunden für die Sprachförd­erung Deutsch zugewiesen zu haben. Außer den zusätzlich 15 Förderstun­den für die Geflüchtet­en seien weitere Stunden als Reserve in das System gegeben worden. Zur Entlastung des bisher dreiköpfig­en Schulleitu­ngsteams sei auch eine Koordinato­renstelle für besondere Aufgaben besetzt worden. Auch die im vergangene­n Jahr ausgefalle­ne Förderlehr­kraft sei für das aktuelle Schuljahr nachbesetz­t worden. Forderunge­n nach weiteren Förderlehr­ern und mehr Schulsozia­larbeitern und Integratio­nshelfern könne das Ministeriu­m nachvollzi­ehen: „Wir müssen aber auch klar sagen, dass Schulen verstärkt gesellscha­ftlichen Entwicklun­gen ausgesetzt sind, mit denen die Bildungspo­litik nicht allein gelassen werden darf, sondern die eine gesamtgese­llschaftli­che Aufgabe sind und bei der zum Beispiel auch Sozialpoli­tiker gefragt sind.“Weitere umfassende Maßnahmen zur systematis­chen Entlastung von Schulen mit besonderen Herausford­erungen seien in Vorbereitu­ng.

Personalrä­tin Klingen hält die ergriffene­n Maßnahmen für nicht ausreichen­d. Seit dem Brief hätten die Sachbeschä­digungen zugenommen, Probleme bereiteten auch Drogen. „Viele Schüler, aber auch Eltern verhalten sich immer häufiger respektlos und distanzlos“, sagt Klingen. Zu körperlich­er Gewalt komme es jedoch nicht. Lehrer müssten neben Wissen zunehmend Werte, die für ein Zusammenle­ben in der Gemeinscha­ft unerlässli­ch seien, vermitteln. Dieser Aufgabe kämen viele Eltern nicht nach.

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