Saarbruecker Zeitung

Diesmal geht’s um Opfer überforder­ter Hundehalte­r.

Lexa, Cooper und Laika sitzen nicht etwa im Heim, weil sie jemand ausgesetzt hat. Ihre Vorbesitze­r waren mit ihnen überforder­t.

- Produktion dieser Seite: Frank Kohler Markus Saeftel

ALT-SAARBRÜCKE­N (red/ole) Für etwa 50 Hunde ist das Bertha-Bruch-Tierheim in diesen Januartage­n das Zuhause. In hellen, neuen Bauten kümmern sich Haupt-. und Ehrenamtli­che um die vierbeinig­en Bewohner. Aber so sehr die Leute vom Heim sich auch anstrengen: Die Hunde führen ein Leben im Zwinger, unterbroch­en nur von ein paar Gassi-Runden und Streichele­inheiten. Nichts, was ein richtiges Zuhause ersetzen könnte.

Dabei hatten die meisten von ihnen schon ein Zuhause. Offensicht­lich war das Glück nicht von Dauer. Sei es, weil der Besitzer starb oder weil die Tiere krank wurden und damit dem bisherigen Halter zu teuer erschienen. Von der Zeit, die ein Hund seiner Familie abverlangt, ganz zu schweigen.

Tina Waschetzko und Frederic Guldner vom Saarbrücke­r Heim-Team stellen in dieser „Wer will mich?“-Folge zwei weitere Gründe für das Scheitern einer Mensch-Tier-Beziehung vor: Es sind die Überforder­ung der Halter und als Folge die schlechte Erziehung der Schützling­e.

Die Opfer? „Das sind Hunde, die meist noch kein Jahr alt sind. Sogar Welpen landen im Tierheim, weil Besitzer überforder­t oder gar überrascht sind, dass der Welpe nicht nur zum Kuscheln da ist, sondern auch erzogen werden muss“, sagt Waschetzko. Frederic Guldner ergänzt, dass binnen gerade mal zwei Wochen zwei Tiere ins Heim mussten, weil die Besitzer sie wegen Überforder­ung abgaben.

Waschetzko und Guldner wissen nur zu gut, wie schnell – und unüberlegt – Erwachsene sich mitunter für einen Hundekauf entscheide­n. Mal passiert es, weil der Welpe ja „so süß“aussieht, mal weil das Kind quengelt, bis ihm die Großen seinen Wunsch erfüllen.

Dann wiederum kaufen Menschen sich einen Hund, weil Mitleid den Blick trübt. Mitleid etwa mit dem kleinen Welpen, den ein illegaler Händler hastig vom Lastwagen aus verhökert. Die Kleinen landen bei Besitzern ohne jede Erfahrung. So schnell wie der Hund groß wird, wächst den Haltern die Erziehung über den Kopf. Aus dem drolligen Welpen wird plötzlich ein großer, starker Junghund, der ohne konsequent­e Erziehung immer schwierige­r zu bändigen ist.

Der nächste Schritt ist dann oft genauso übereilt, der Verkauf des Tieres, heute oft im Internet. Das heißt für den Hund: wieder fremde Leute, neue, prägende und womöglich folgenschw­ere Eindrücke. Wenn so ein Welpe schon mit zehn Monaten durch drei Hände gegangen ist und letztlich im Tierheim ankommt, konnte er weder eine Bindung aufbauen noch sich normal entwickeln.

Guldner und Waschetzko fassen die wichtigste­n Anforderun­gen und Fragen an alle zusammen, die einen Hund haben wollen: „Denken Sie genau nach, ob das Tier in fünf, aber auch noch in zehn Jahren in Ihrem Leben Platz hat, ob Sie es sich leisten können, wenn das Tier einen Unfall hat oder chronisch krank wird und vor allem: Erkundigen Sie sich über Eigenschaf­ten und Bedürfniss­e der gewünschte­n Rasse, kaufen Sie das Tier nicht nur nach seinem Aussehen. Haben Sie genug Zeit für den Hund? Und was passiert mit ihm, wenn Sie in Urlaub fahren?“

Wer dann tatsächlic­h sein Tier abgibt, sollte wenigstens ehrlich sein. Die Tierschütz­er bezweifeln stark, dass sie immer die Wahrheit erfahren. Wird der Hund tatsächlic­h aus Zeitmangel ins Tierheim gebracht? Oder liegt es doch an seiner chronische­n Krankheit? Hat der Hund wirklich gebissen? Oder möchten sich die Halter nur nicht eingestehe­n, dass sie mit der Erziehung überforder­t sind?

Genau das brachte die drei Hunde ins Heim, die in dieser „Wer will mich?“-Folge die Chance auf ein neues Leben bekommen. Ein Leben mit Haltern, die sich der Bedürfniss­e und Eigenheite­n des Tieres bewusst sind. Laika wurde über Kleinanzei­gen im Internet verkauft und war bereits einen Tag später im Tierheim. Sie ging in ihrem kurzen Leben schon durch ein paar Hände, hat aber in keinem ihrer bisherigen Zuhause eine Erziehung genossen. Im Heim zeigte sie sich anfangs verstört und aufgeregt, doch von Tag zu Tag legte sich das.

„Sogar Welpen landen im Tierheim, weil Besitzer überforder­t sind.“

Tina Waschetzko

Bertha-Bruch-Tierheim

Mittlerwei­le zeigt sie die typischen Schäferhun­d-Eigenschaf­ten: treu, verspielt, sehr gelehrig und anhänglich. Laika sucht Menschen, die sie geistig und körperlich beschäftig­en und mit ihr eine ausgeglich­ene Hund-Mensch-Beziehung aufbauen. Sportliche Menschen, bestenfall­s mit Hundeerfah­rung, wären für sie geeignet. Lexa kam ebenfalls wegen Überforder­ung der Besitzer ins Heim und stammt aus Spanien. In Deutschlan­d angekommen, wurde sie in ihrem kurzem Leben schon zwischen mehreren Händen hinund hergereich­t. Lexa hat in keinem ihrer bisherigen Zuhause eine Erziehung genossen und muss noch sehr viel lernen. Der Besuch einer Hundeschul­e ist daher dringend anzuraten.

Lexa ist freundlich und geht neutral auf fremde Menschen zu. Sie verträgt sich mit anderen Hunden und Katzen und wohnte schon mit älteren Kindern zusammen.

Cooper, der Rüde auf dem großen Foto, ist ein kastrierte­r Labradormi­x. Er kam jung ins Heim, da die Halter überforder­t waren. Die erste Vermittlun­g scheiterte, weil er nicht allein bleiben wollte. Guldner sagt über Cooper: „Er ist ein freundlich­er Hund und geht offen auf Menschen zu, er liebt es, ausgiebig gestreiche­lt zu werden, und ist anhänglich. Cooper braucht als großer Hund ordentlich Auslastung. Er benötigt eine konsequent­e Erziehung und hundeerfah­rene Menschen. Er musste früher nicht allein zu Hause bleiben.“Wenn die neuen Besitzer das mit Cooper einüben, finden sie einen Freund fürs Leben.

Weitere Infos über die Tiere täglich von 14 bis 17 Uhr, außer montags, unter Telefon (06 81) 5 35 50.

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FOTOS: FREDERICK GULDNER (2), LUKAS WEBER Cooper, ein 2014 geborener, freundlich­er Labrador-Mix, muss vor allem lernen, ein paar Stunden allein zu bleiben.
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Geschlecht: weiblich kastriert: nein Alter: geboren 2017
Name: Laika Rasse: Schäferhun­d Geschlecht: weiblich kastriert: nein Alter: geboren 2017
 ??  ?? Name: Lexa Rasse: Podenco-Mix
Geschlecht: weiblich kastriert: nein Alter: geboren 2016
Name: Lexa Rasse: Podenco-Mix Geschlecht: weiblich kastriert: nein Alter: geboren 2016

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