Der Winter hält Hausbesitzer in Atem
Bei Schneefall muss vor dem Haus geräumt werden. Auch wenn der Besitzer oder Mieter im Urlaub ist, sonst droht Schadenersatz.
KAMEN Schnee und Eis bringen erhöhte Gefahren im Straßenverkehr, aber auch für Fußgänger, insbesondere auf „fremden“Bürgersteigen. Der Volksmund sagt, dass „jeder vor seiner eigenen Haustür fegen soll“. Wird dem gefolgt, dann wäre quasi überall gefegt und gestreut. Was ist jedoch, wenn das nicht geschehen ist und Fußgänger glattem Untergrund Tribut zollen mussten?
Grundsätzlich sind die Vermieter verpflichtet, vor ihren Gebäuden für einen rutschfreien Untergrund zu sorgen. In der Regel haben sie jedoch diese Pflicht – gesetzlich erlaubt – auf ihre Mieter übertragen, die schließlich „näher am Objekt“sind. Manchmal werden auch professionelle Räum- und Streudienste beauftragt. Passiert wegen Nachlässigkeit der Verpflichteten ein Unfall, so haben verletzte Passanten Anspruch auf Schadenersatz. Es sei denn, ihnen könne nachgewiesen werden, dass sie selbst entscheidend dazu beigetragen haben, den Gehweg nicht unbeschadet passiert zu haben, etwa wegen unzureichenden Schuhwerks.
Um Rechtsstreitigkeiten von vornherein zu vermeiden, der Hinweis: Ob nur für einen oder zwei Tage in der 50 Kilometer entfernten Stadt die Großmutter besucht werden soll oder ein dreiwöchiger Winterurlaub geplant ist: Auch in dieser Zeit ist der Vermieter – an seiner Stelle gegebenenfalls der Mieter – verpflichtet, den Winterdienst zu leisten. Das kann durch Freunde oder Bekannte oder durch einen professionellen Dienst geschehen: auf Kosten des „Verkehrssicherungspflichtigen“.
Die Gerichte haben sich in zahlreichen Fällen mit Schadenersatzund Schmerzensgeldfällen aus diesem Bereich zu befassen gehabt:
Steht ein Fußweg, der bei Schnee und Eis gestreut ist, „ohne weiteres zur Verfügung“, benutzt ein Fußgänger aber einen nicht gestreuten, so kann er den Verkehrssicherungspflichtigen nicht für einen Sturz heranziehen, da ihn ein „weit überwiegendes Mitverschulden“trifft. (Landgericht Karlsruhe, Az.: 6 O 205/12)
Die Sturzstelle muss genau festzumachen sein – Stürzt ein Geschäftsmann auf dem Weg zu einem Hotel auf dem, trotz Glätte nicht gestreuten, Bürgersteig einer Straße, so kann er den Hotelier (der das Grundstück nutzt) weder zu Schadenersatz noch zu Schmerzensgeldzahlung heranziehen. Das gelte für den Fall, wenn sich die vom Gestürzten „behauptete Verletzung
Wer die Straße vor seinem Haus nicht mehr räumen kann, muss „Dritte damit beauftragen“.
Verwaltungsgericht Berlin
Az.: 1L299/14 der Räum- und Streupflicht durch den Hotelier“nicht feststellen lässt (Landgericht Berlin, Az.: 10 O 211/ 14).
Nimmt ein Mieter eines Hauses Hobelspäne, um einen vereisten Gehweg vor dem Haus abzustumpfen, so hat er seine – vom Vermieter – auferlegte Streupflicht verletzt und muss einer gestürzten Passantin gegebenenfalls Schadenersatz leisten. Denn die Holzspäne sind ungeeignet, um Schnee und Eis zu bekämpfen. (Oberlandesgericht Hamm, Az.: 6 U 92/12)
Zwei Erwachsene müssen aneinander „vorbeikommen“können – Auch Privatwege, die nicht nur von Anliegern benutzt werden, müssen von Schnee und Eis so sorgfältig befreit sein, dass „fremde“Passanten nicht zu Schaden kommen können. „An die Verkehrssicherungspflicht der Streu- und Räumpflichtigen sind aber nicht so hohe Anforderungen zu stellen, dass praktisch niemand mehr zu Schaden kommen kann“, urteilte das Landgericht Coburg. An einzelnen Stellen können im geräumten Bereich „auch vereinzelt glatte Stellen vorkommen“. Entscheidend ist, ob auf der geräumten Strecke zwei Fußgänger „vorsichtig aneinander vorbei kommen können“(Az.: 41 O 675/13).
Hat eine Kommune (hier in Berlin-Charlottenburg) die Anwohner bestimmter Straßen dazu verpflichtet, „bis zur Straßenmitte“die Reinigung vorzunehmen, so gilt das unabhängig vom Alter der jeweiligen Anlieger. Hier zu Lasten einer 95-jährigen Hauseigentümerin entschieden, die sich nicht mehr in der Lage sah, diese Aufgaben zu erledigen. Vor Gericht wurde ihr das durchaus abgenommen – nicht jedoch die Verpflichtung zur Säuberung. Sie müsse die Reinigung ja nicht selbst vornehmen, sondern könne „Dritte damit beauftragen“(Verwaltungsgericht Berlin, Az.: 1 L 299/14).