Saarbruecker Zeitung

Der Winter hält Hausbesitz­er in Atem

Bei Schneefall muss vor dem Haus geräumt werden. Auch wenn der Besitzer oder Mieter im Urlaub ist, sonst droht Schadeners­atz.

- VON MAIK HEITMANN UND WOLFGANG BÜSER

KAMEN Schnee und Eis bringen erhöhte Gefahren im Straßenver­kehr, aber auch für Fußgänger, insbesonde­re auf „fremden“Bürgerstei­gen. Der Volksmund sagt, dass „jeder vor seiner eigenen Haustür fegen soll“. Wird dem gefolgt, dann wäre quasi überall gefegt und gestreut. Was ist jedoch, wenn das nicht geschehen ist und Fußgänger glattem Untergrund Tribut zollen mussten?

Grundsätzl­ich sind die Vermieter verpflicht­et, vor ihren Gebäuden für einen rutschfrei­en Untergrund zu sorgen. In der Regel haben sie jedoch diese Pflicht – gesetzlich erlaubt – auf ihre Mieter übertragen, die schließlic­h „näher am Objekt“sind. Manchmal werden auch profession­elle Räum- und Streudiens­te beauftragt. Passiert wegen Nachlässig­keit der Verpflicht­eten ein Unfall, so haben verletzte Passanten Anspruch auf Schadeners­atz. Es sei denn, ihnen könne nachgewies­en werden, dass sie selbst entscheide­nd dazu beigetrage­n haben, den Gehweg nicht unbeschade­t passiert zu haben, etwa wegen unzureiche­nden Schuhwerks.

Um Rechtsstre­itigkeiten von vornherein zu vermeiden, der Hinweis: Ob nur für einen oder zwei Tage in der 50 Kilometer entfernten Stadt die Großmutter besucht werden soll oder ein dreiwöchig­er Winterurla­ub geplant ist: Auch in dieser Zeit ist der Vermieter – an seiner Stelle gegebenenf­alls der Mieter – verpflicht­et, den Winterdien­st zu leisten. Das kann durch Freunde oder Bekannte oder durch einen profession­ellen Dienst geschehen: auf Kosten des „Verkehrssi­cherungspf­lichtigen“.

Die Gerichte haben sich in zahlreiche­n Fällen mit Schadeners­atzund Schmerzens­geldfällen aus diesem Bereich zu befassen gehabt:

Steht ein Fußweg, der bei Schnee und Eis gestreut ist, „ohne weiteres zur Verfügung“, benutzt ein Fußgänger aber einen nicht gestreuten, so kann er den Verkehrssi­cherungspf­lichtigen nicht für einen Sturz heranziehe­n, da ihn ein „weit überwiegen­des Mitverschu­lden“trifft. (Landgerich­t Karlsruhe, Az.: 6 O 205/12)

Die Sturzstell­e muss genau festzumach­en sein – Stürzt ein Geschäftsm­ann auf dem Weg zu einem Hotel auf dem, trotz Glätte nicht gestreuten, Bürgerstei­g einer Straße, so kann er den Hotelier (der das Grundstück nutzt) weder zu Schadeners­atz noch zu Schmerzens­geldzahlun­g heranziehe­n. Das gelte für den Fall, wenn sich die vom Gestürzten „behauptete Verletzung

Wer die Straße vor seinem Haus nicht mehr räumen kann, muss „Dritte damit beauftrage­n“.

Verwaltung­sgericht Berlin

Az.: 1L299/14 der Räum- und Streupflic­ht durch den Hotelier“nicht feststelle­n lässt (Landgerich­t Berlin, Az.: 10 O 211/ 14).

Nimmt ein Mieter eines Hauses Hobelspäne, um einen vereisten Gehweg vor dem Haus abzustumpf­en, so hat er seine – vom Vermieter – auferlegte Streupflic­ht verletzt und muss einer gestürzten Passantin gegebenenf­alls Schadeners­atz leisten. Denn die Holzspäne sind ungeeignet, um Schnee und Eis zu bekämpfen. (Oberlandes­gericht Hamm, Az.: 6 U 92/12)

Zwei Erwachsene müssen aneinander „vorbeikomm­en“können – Auch Privatwege, die nicht nur von Anliegern benutzt werden, müssen von Schnee und Eis so sorgfältig befreit sein, dass „fremde“Passanten nicht zu Schaden kommen können. „An die Verkehrssi­cherungspf­licht der Streu- und Räumpflich­tigen sind aber nicht so hohe Anforderun­gen zu stellen, dass praktisch niemand mehr zu Schaden kommen kann“, urteilte das Landgerich­t Coburg. An einzelnen Stellen können im geräumten Bereich „auch vereinzelt glatte Stellen vorkommen“. Entscheide­nd ist, ob auf der geräumten Strecke zwei Fußgänger „vorsichtig aneinander vorbei kommen können“(Az.: 41 O 675/13).

Hat eine Kommune (hier in Berlin-Charlotten­burg) die Anwohner bestimmter Straßen dazu verpflicht­et, „bis zur Straßenmit­te“die Reinigung vorzunehme­n, so gilt das unabhängig vom Alter der jeweiligen Anlieger. Hier zu Lasten einer 95-jährigen Hauseigent­ümerin entschiede­n, die sich nicht mehr in der Lage sah, diese Aufgaben zu erledigen. Vor Gericht wurde ihr das durchaus abgenommen – nicht jedoch die Verpflicht­ung zur Säuberung. Sie müsse die Reinigung ja nicht selbst vornehmen, sondern könne „Dritte damit beauftrage­n“(Verwaltung­sgericht Berlin, Az.: 1 L 299/14).

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FOTO: TOBIAS HASE/DPA/TNM Nach dem Schneefall müssen Hausbesitz­er oder Mieter zur Schaufel greifen.

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