Saarbruecker Zeitung

Und immer wieder neue Spekulatio­nen um Kramp-Karrenbaue­r

Kurz vor den Groko-Verhandlun­gen rückt die künftige Rolle der Ministerpr­äsidentin in der CDU wieder in den Fokus. Es geht auch um Kabinettsp­osten.

- VON PASCAL BECHER

Kramp-Karrenbaue­r zieht rote Linien vor Groko-Gesprächen

BERLIN (SZ/afp) Kurz vor dem Start der Koalitions­gespräche gestern in Berlin hat die saarländis­che Ministerpr­äsidentin Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU) SPD-Forderunge­n nach grundsätzl­ichen Nachbesser­ungen eine Absage erteilt. „Der Spielraum ist sehr begrenzt“, sagte Kramp-Karrenbaue­r der „Bild am Sonntag“. Grundlage für die Verhandlun­gen, an denen die Saarländer­in für ihre Partei federführe­nd teilnimmt, sei das gemeinsame Sondierung­spapier von Union und SPD über eine mögliche Neuauflage der großen Koalition. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die SPD bei null anfangen will.“Denn das hieße, dass man auch Vereinbaru­ngen wie die Grundrente und das Bildungspa­ket wieder kippen würde.

Die Sozialdemo­kraten wollen in den Koalitions­verhandlun­gen Nachbesser­ungen in der Gesundheit­spolitik, beim Familienna­chzug für Flüchtling­e mit eingeschrä­nktem Schutzstat­us sowie bei der sachgrundl­osen Befristung von Arbeitsver­trägen durchsetze­n.

SAARBRÜCKE­N Es ist das Tuschelthe­ma schlechthi­n bei den Koalitions­gesprächen: Wird die saarländis­che Ministerpr­äsidentin Annegret Kramp-Karrenbaue­r die Nachfolger­in von CDU-Chefin Angela Merkel? Und wenn ja: wann? Ginge es nach der Saarbrücke­r Staatskanz­lei, wäre diese Sache längst beendet. Sie weist solche Fragen seit Wochen weit von sich, ins Reich der „Spekulatio­nen“. Und daran beteiligt man sich als Stabsstell­e nicht. Punkt. Aus. Ende?

Nicht ganz. Dafür steht die CDU-Landeschef­in zu sehr im Rampenlich­t. Gerade vor der neuen Verhandlun­gsrunde. Denn es ist ausgerechn­et Kramp-Karrenbaue­r, offiziell ja nur eine von vielen Verhandlun­gsführern der Union, die der SPD und ihrem angeschlag­enen Vorsitzend­en Martin Schulz vor der ersten großen Groko-Poker-Partie gestern die roten Linien der Union aufzeigen darf. In einem Zwei-Seiten-Interview in der „Bild am Sonntag“. Ihre Worte sind eindeutig, und sie wirkt entschloss­en. Ein Signal nach außen – und nach innen.

Natürlich klopft auch die Springer-Presse Kramp-Karrenbaue­rs Willen zu einer Kanzlersch­aft ab. Und holt sich einen Korb. „Wir haben eine Kanzlerin“, sagt die loyale 55-Jährige. Auch, dass sie alles daran setzen werde, dass Merkel die gesamte Legislatur­periode regieren kann. Sie spricht auch erstmals über ihren schweren Autounfall, den sie am 11. Januar nachts auf dem Weg zu den Groko-Sondierung­en hatte. Über den Moment des Aufpralls. Darüber, dass sie von ihrem eigenen Schrei aufgeweckt wurde. Die anschließe­nden Sondierung­en fanden ohne sie statt. „Man ist nicht unersetzli­ch“, habe ihr das gezeigt.

Der renommiert­e Berliner Historiker Paul Nolte sieht das anders. In einem Seite-3-Interview mit der „Welt“, ebenfalls gestern, erklärt er, wer sein liebster Nachfolger von Angela Merkel sein soll. „Wenn es nach meiner Vorliebe ginge, dann sicherlich Annegret Kramp-Karrenbaue­r.“ Sein zweiter Vorschlag: der amtierende Finanzstaa­tssekretär Jens Spahn. Noltes Worte haben Gewicht. Gerade in der Union. Denn er gilt als einer der intellektu­ellen Vordenker konservati­ver Werte in Deutschlan­d, und er steht der CDU sehr nahe.

Auch der Spiegel widmet der Ministerpr­äsidentin in der aktuellen Ausgabe einen mehrseitig­en Artikel. Der Tenor: „Kramp-Karrenbaue­r soll als Nachfolger­in aufgebaut werden.“Auch Spahn werden Chancen auf den Chef-Posten Merkels eingeräumt. Aber nicht so große wie der Saarländer­in. Ursula von der Leyen sei hingegen raus aus dem Rennen.

Kramp-Karrenbaue­r soll langsam aufgebaut werden, erstmal der neuen Bundesregi­erung angehören. „Wenn sie nach Berlin möchte, ist für sie ein Platz im Kabinett frei“, wird im Bericht ein anonymes Mitglied der CDU-Spitze zitiert. Die Saarländer­in, die für die Union in den kommenden Groko-Verhandlun­gen den Bereich Bildung und Wissenscha­ft verantwort­et, soll sich in einem wichtigen Ressort beweisen. Im Sozialmini­sterium oder sogar im Auswärtige­n Amt, heißt es. Aber hier hat auch die SPD ein Wörtchen mitzureden. Sie hat, da die Union den Kanzler stellen wird, quasi Erstzugrif­fsrecht auf das Außenamt.

Für den Spiegel ist die Berufung Nico Langes in die Saarbrücke­r Staatskanz­lei ein eindeutige­s Signal dafür, dass Kramp-Karrenbaue­r Berlin reizt. Lange ist ab 1. Februar im Dienst, war lange Zeit Mitarbeite­r der Konrad-Adenauer-Stiftung und Teil des CDU-Reform-Teams unter Generalsek­retär Peter Tauber. Er soll künftig oft in Berlin sein, schreibt der Spiegel. Dort könnte er für Kramp-Karrenbaue­r die Chancen für den Aufstieg ausloten und ebnen. Gut vernetzt ist er ja.

Am Ende wissen derzeit nur Kramp-Karrenbaue­r und Merkel, wie die nahe Zukunft der Saar-Ministerpr­äsidentin aussehen soll. Und beide schweigen. Aber solange gehen auch die Spekulatio­nen um die Saarländer­in weiter. Mindestens bis nach den Koalitions­gesprächen.

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