Saarbruecker Zeitung

Die Analyse hat gerade erst begonnen

Deutscher Handball-Bund arbeitet das EM-Aus auf. Melsungens Manager hält Prokop für „verbrannt“.

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ZAGREB (dpa/sid) Es liegt jetzt wohl vor allem an Christian Prokop selbst. Ist der Bundestrai­ner nach der desolaten EM in Kroatien bereit, auch sich selbst kritisch zu hinterfrag­en? Oder bleibt der 39-Jährige stur und lehnt persönlich­e Veränderun­g ab? „Wir müssen ihm jetzt mal die Chance geben, das für sich zu analysiere­n und auch Dinge vielleicht anders zu machen“, sagte Vizepräsid­ent Bob Hanning vom Deutschen Handballbu­nd (DHB) im ZDF. Bis zu sechs Wochen hat der Bundestrai­ner dafür nun Zeit. Ansonsten könnte es eng werden. Denn eine Jobgaranti­e gibt es vom Verband trotz des Vertrags bis 2022 nicht.

„Die Zielrichtu­ng ist klar: Wir wollen mit Christian Prokop weitermach­en. Ich sage aber auch: Zur Analyse gehört es, dass wir erst einmal mit allen sprechen und dann eine verantwort­ungsvolle Entscheidu­ng treffen“, sagte Hanning. „Ich hoffe, dass wir nicht zu einer anderen Einschätzu­ng der Situation kommen.“Am kommenden Wochenende wird das DHB-Präsidium im Rahmen des All-Star-Games erstmals in Leipzig zusammenko­mmen. Das von Prokop trainierte Nationalte­am trifft dort auf eine Bundesliga-Auswahl.

Die Anspannung in den Führungsgr­emien ist riesig, weil enorm viel auf dem Spiel steht. Bei der kommenden Heim-WM 2019 ist eine Medaille das Mindestzie­l. Ein Jahr später peilt der DHB bei den Olympische­n Spielen in Tokio Gold an. Dass Prokop alle fachlichen Voraussetz­ungen für solch ambitionie­rte Ziele mitbringt, gilt als unbestritt­en. Ob er jedoch auch flexibel und offen für Anpassunge­n ist, wird sich erst in den nächsten Wochen zeigen. Immer wieder war nach dem frühen EM-Aus von Rissen zwischen ihm und Teilen der Mannschaft die Rede. Mit seinem taktischen Konzept soll er einige Spieler teils überforder­t und genervt haben.

„Es gilt natürlich jetzt, einige Fragen zu beantworte­n“, sagte Bundesliga-Chef Uwe Schwenker. Der mächtige Funktionär war im vergangene­n Jahr maßgeblich daran beteiligt gewesen, dass Hanning den jungen Prokop vom SC DHfK Leipzig losgeeist bekam. Die Liga unter dem Vorsitz von Schwenker vertraute auf Hannings Expertise und unterstütz­te ihn mit allen Mitteln. Wenn der DHB am Wochenende nun in Leipzig zusammenko­mmt, wird auch Schwenker dabei sein. Und der 58-Jährige hat jetzt auch kritische Fragen: „Zum Beispiel, wie das Verhältnis zwischen Mannschaft und Trainer denn nun in der Tat ist?“

Mit Axel Geerken, Geschäftsf­ührer von Spitzenklu­b MT Melsungen, wagte sich gestern der erste Bundesliga-Manager nach dem EM-Debakel aus der Deckung und sparte nicht mit Kritik. „Ich will ihm wirklich nichts Böses, aber als Bundestrai­ner scheint er überforder­t“, sagte Geerken dem Fachmagazi­n Handballwo­che. Man müsse „sehr gründlich nachdenken“, ob man mit Prokop als Bundestrai­ner in die Heim-WM geht. „Verbrannt ist er schon heute“, sagte Geerken. Die Konsequenz­en nach dem verpassten Halbfinale seien „noch gar nicht abzusehen – nicht für die Liga, nicht für den DHB und schon gar nicht für den Handballsp­ort im Kleinen und in der Schule“.

bei der Handball-EM bestritten gestern Abend Spanien und Schweden. Das Spiel war bei Redaktions­schluss dieser Ausgabe noch nicht beendet.

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FOTO: SKOLIMOWSK­A/DPA DHB-Vizepräsid­ent Bob Hanning will an Bundestrai­ner Christian Prokop festhalten.

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