„Kommunikation kann Desaster verhindern“
SAARBRÜCKEN Fall-Analysen und eine gute Kommunikation zwischen Ärzten, Pflegepersonal und Angehörigen sind die besten Mechanismen, um Fehler oder gar Mordfälle in Kliniken wie die in Delmenhorst und Oldenburg zu verhindern. Das meint Dr. Josef Mischo, Präsident der saarländischen Ärztekammer.
Herr Dr. Mischo, wie ist es möglich, dass Niels Högel so lange töten konnte, ohne dass es auffällt?
MISCHO Das darf natürlich nicht vorkommen. Vielleicht ist es so zu erklären, dass auf Intensivstationen oft todkranke Menschen gepflegt werden, bei denen jede kleine Veränderung schon Komplikationen hervorrufen kann. Möglicherweise hat man den Tod solcher Patienten nachlässig und ohne zu hinterfragen akzeptiert.
Gibt es da keine Kontrollmechanismen?
MISCHO Doch, in vielen Krankenhäusern wurden inzwischen sogenannte Morbiditäts- und Mortalitätskonferenzen etabliert. Dabei geht es darum, dass sich alle Beteiligten regelmäßig zusammensetzen, um zu besprechen und zu analysieren, warum der Verlauf in einem entsprechenden Fall so komplikationsträchtig oder sogar tödlich war.
Wie sieht es in saarländischen Krankenhäusern aus mit solchen Kontrollmechanismen?
MISCHO Ich weiß, dass mehrere Krankenhäuser im Saarland ein zertifiziertes Qualitätsmanagement-System haben und dass auch Häuser ohne Zertifikat solche Konferenzen durchführen.
Im vorliegenden Fall haben solche Mechanismen offenbar versagt.
MISCHO Das ist in der Tat beunruhigend. Gleichzeitig stellt sich im vorliegenden Fall auch die Frage, ob die Angehörigen nicht nachgehakt haben. Diese haben schließlich das Recht, über Krankheitsverlauf und Prognose aufgeklärt zu werden. Das ist extrem wichtig. Denn je besser die Kommunikation zwischen Arzt und Patient beziehungsweise Angehörigen ist, desto eher werden Katastrophen verhindert oder aufgedeckt.