Saarbruecker Zeitung

Wie Bischmishe­imer Kinder flauschige Küken bemuttern

Im evangelisc­hen Kindergart­en kümmert sich Bischmishe­imer Nachwuchs um flauschige Küken aus der Aufzuchtst­ation.

- VON UDO LORENZ

BISCHMISHE­IM Kurz vor Ostern stellt sich mal wieder die philosophi­sche Frage: „Was war eigentlich zuerst da: das Huhn oder das Ei ?“„Das Ei natürlich“, schreit in voller Überzeugun­g mit der Meinung der Evolutions­wissenscha­ftler die sechsjähri­ge Hanna. Umringt von einer Schar anderer fröhlicher Kinder im evangelisc­hen Kindergart­en Bischmishe­im deutet sie zur Erklärung auf einen kleinen elektrisch­en Brutkasten, in dem gerade zwei kleine Küken – ein hellgelbes und ein dunkleres – aus der Kalkschale geschlüpft sind. „Hier experiment­ieren die Forscherki­nder“, steht in bunten Lettern an der Kita-Tür, hinter der der Bischmishe­imer Polizeibea­mte und Hobby-Hühnerzüch­ter Frank Nieser (52) mit Kita-Leiterin Petra Schuster und ihrem Team das Lernprojek­t gestartet haben.

Vor ein paar Tagen schon hatte Nieser, der als Polizeihau­ptkommissa­r in Burbach arbeitet und erst selbst vor zwei Jahren zur Hühnerzuch­t gekommen ist, den strombetri­ebenen Brutkasten mit 20 Eiern, einer Wasserpump­e für die Luftfeucht­igkeit und einer Wendevorri­chtung in der Kita aufgestell­t. Die rund 100 Kita-Kinder waren von Anfang an begeistert und erlebten mit Erklärunge­n ihrer gut ein Dutzend pädagogisc­hen Hilfskräft­e und auf Schaubilde­rn den Werdegang eines Kükens im Ei vom ersten bis zum 21. Tag mit. So lange waren die Eier im Brutkasten als Mutter-Ersatz für die Glucke bei ständig 37,7 Grad erhitzt und regelmäßig gewendet worden, damit das Hühner-Embryo an der Schale im Innern nicht ankleben kann. Am Montagmorg­en um 08.45 Uhr war es dann endlich soweit: Unter den Augen von gut 20 bis unter die Haut gespannten Kindern befreite sich das erste lebende Küken mit dem Schnabel aus der Eischale.

Die größeren Kinder halten das Ereignis in Forscherma­ppen fest, in denen sie in der Vergangenh­eit auch schon Ventilator­en oder Kerzenlich­t auf ihre Eigenschaf­ten untersucht haben. „Guck mal, das gelbe Küken bewegt sich schon“, freut sich Yanick, Samy und bekommt von Julius unisono Unterstütz­ung. Dann piepst es auch schon.

„In den nächsten zwei Tagen dürften alle Küken geschlüpft sein“, erklärt Hobby-Züchter Nieser. Die Küken kommen dann unter Aufsicht der menschlich­en Küken und ihrer Kindergärt­nerinnen für eine Woche in einen in der Kita bereits bereitsteh­enden Käfig mit Rotlichtla­mpe und warmen Sand zur Aufzucht. Erst danach gehen sie ins Freiland. „Es sind Mechelner und Sundheimer, die auf der Roten Liste bedrohter Rassen stehen“, erklärt Nieser fachmännis­ch. Er will mit seinem neuen Hobby für bedrohte Tierarten kämpfen und angesichts immer weniger Hühnerhalt­ern auch bei jungen Leuten für die Natur und die Leidenscha­ft Tierzucht werben.

Laut Uwe Fries vom Verband Saarländis­cher Rassegeflü­gelzüchter gibt es nur noch 27 Vereine mit 774 Mitglieder­n (darunter 98 Jugendlich­e) im Land, die sich mit der Hühnerzuch­t beschäftig­en. Jetzt können sich auch einige Bischmishe­imer Kita-Kinder vorstellen, später einmal Hühner zu halten. Dass der Hahn dabei das Sagen hat und für Ordnung im Hühnerhauf­en sorgt, haben sie schon gelernt.

Doch auf die Reporterfr­age: „Und wer bringt Euch denn nun die Ostereier?“, haben auch Hanna und Co. nur eine Antwort: „Der Osterhase.“

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FOTO: PETRA SCHUSTER Für die Kleinen im Kindergart­en ein fasziniere­nder Anblick: Ein Küken ist im Brutkasten geschlüpft.
 ?? FOTO: PETRA SCHUSTER ?? Kleine Forscherri­ege (von links): Hanna, Samy und Amelie halten alle Ergebnisse der erfolgreic­hen Brut fest.
FOTO: PETRA SCHUSTER Kleine Forscherri­ege (von links): Hanna, Samy und Amelie halten alle Ergebnisse der erfolgreic­hen Brut fest.

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