Die „Libyen-Affäre“bringt Sarkozy in Not
Hat das Regime des früheren Machthabers Gaddafi den Wahlkampf von Nicolas Sarkozy vor elf Jahren mitfinanziert? Die französische Justiz ermittelt seit langem. Nun gibt es eine Wende – und Sarkozy sitzt in Gewahrsam.
Fünften Republik kaum ihresgleichen. Ein Gewahrsam kann in Frankreich bis zu 48 Stunden dauern. Man ist damit „in den Händen der Polizei“und kann sich deshalb nicht mehr frei bewegen, wie Experten trocken erläutern. Danach könnte ein Ermittlungsverfahren gegen Sarkozy eröffnet werden, sicher sei dies aber nicht.
Der „politische Rentner“, wie Sarkozy in Frankreich gelegentlich genannt wird, ist seit Jahren affärenbelastet. Er war bereits wegen einer anderen Untersuchung vor knapp vier Jahren 15 Stunden in Polizeigewahrsam genommen und den ganzen Tag befragt worden.
Die Ermittler der Finanzstaatsanwaltschaft haben in der „Libyen-Affäre“Medien zufolge hunderte Dokumente gesammelt. Experten nennen das extrem komplizierte Dossier mit Thriller-Qualitäten polypenartig. Gegen Verdächtige seien bereits Verfahren eröffnet worden. Nun rücke offenbar Sarkozy ins Zentrum.
Schon vor sechs Jahren lancierte „Mediapart“den Vorwurf, wonach das Regime des früheren libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi Sarkozys Wahlkampf 2007 mit etwa 50 Millionen Euro mitfinanziert haben soll. 2016, also Jahre später, meldete sich dann der Geschäftsmann Ziad Takieddine öffentlich zu Wort. Er sagte damals „Mediapart“, er habe Ende 2006 oder Anfang 2007 mehrere – vom libyschen Regime vorbereitete – Koffer mit insgesamt fünf Millionen Euro ins französische Innenministerium gebracht – Sarkozy war dort damals Ressortchef.
Sarkozy wies die Vorwürfe zurück. In einer TV-Debatte im Vorwahlkampf reagierte er 2016 ausgesprochen entrüstet. „Welche Unwürdigkeit!“, rief der damalige Kandidat und entgegnete dem Moderator: „Schämen Sie sich nicht, einem Mann Widerhall zu geben, der im Gefängnis war, der unzählige Male wegen Verleumdung verurteilt wurde und der ein Lügner ist?“
Die „Libyen-Affäre“ist nicht das einzige juristische Problem Sarkozys. So ordnete ein Richter vor gut einem Jahr einen Prozess gegen den früheren Staatschef an – wegen Vorwürfen der illegalen Wahlkampffinanzierung 2012. Sarkozy kündigte Beschwerde an, ein Prozess-Termin ist bisher nicht bekannt.