Hans: Saarland soll Hotspot für Gründer werden
Ministerpräsident Tobias Hans hat sich in seiner ersten Regierungserklärung zum politischen Erbe seiner Vorgängerin bekannt. Aber er will mehr Gründungen.
SAARBRÜCKEN Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) will das Saarland zu einem Anziehungspunkt für junge Unternehmer machen. „Meine Vision ist: Das Saarland muss in den nächsten fünf bis sieben Jahren zu einem bundesweit bekannten Hotspot für junge Gründer und für Ansiedlungen werden“, sagte der 40-Jährige am Mittwoch in seiner ersten Regierungserklärung im Landtag. Zwar sei die Zahl der Unternehmensgründungen auf dem Campus der Universität vergleichsweise hoch, allerdings wiesen diese oft ein eher schwaches Wachstum auf. „Es gibt bei uns im Saarland immer noch eine zu große Diskrepanz zwischen Wissensentstehung und Wissensverwertung“, sagte Hans. Aus der „exzellenten universitären und außeruniversitären Forschung“resultierten nicht genügend Gründungen und Beschäftigungszuwachs. Mit dem Bau eines „Innovation Center“am Campus will die Landesregierung dem abhelfen. Weitere Schritte müssten folgen, meinte Hans. „Das wird die Zukunftsaufgabe unseres Landes“, betonte er. Er sprach sich zudem dafür aus, die Frankreichstrategie weiter voranzutreiben. Dabei gehe es auch um eine „ganz gezielte Unternehmenspolitik“. Die Neu-Ansiedlung des Küchenherstellers „Nobilia“in Saarlouis sei unter anderem wegen der günstigen Voraussetzungen für einen Markteintritt nach Frankreich gelungen. Dieser Standortvorteil des Saarlands müsse noch offensiver vermarktet werden. „Es darf in ganz Deutschland keinen besseren Servicepartner für Frankreich geben als das Saarland. Das muss unser festes Ziel sein“, sagte der Regierungschef.
Insgesamt stehe das Land „bei allen Herausforderungen unter dem Strich gut da“, zeigt sich Hans überzeugt. Er werde die Politik seiner Amtsvorgängerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) „nahtlos und ohne Bruch“fortsetzen. Sie habe ihm ein „wohlbestelltes Haus“hinterlassen, erklärte Hans.
Das sah Linken-Fraktionschef Oskar Lafontaine anders. Das Land habe nach wie vor einen Schuldenberg von 14,4 Milliarden Euro. „Wir haben noch große Probleme vor uns.“Das Saarland könne deutlich weniger investieren als andere Länder, was dazu führe, dass es „beim Wirtschaftswachstum immer weiter zurückfällt“. AfD-Fraktionschef Josef Dörr kritisierte, dass das von der Landesregierung mehrfach angekündigte Jahrzehnt der Investitionen erst 2020 starte: „Wir brauchen sofort erhebliche Investitionen.“
Vize-Regierungschefin Anke Rehlinger (SPD) machte deutlich: „Das Jahrzehnt der Investitionen beginnt hier und heute.“So würden schon jetzt unter anderem 100 Millionen Euro in den Straßenbau und 37 Millionen Euro in die Berufsbildungszentren investiert.
Der frisch gebackene Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) hat gestern bei seiner ersten Regierungserklärung vor dem Saar-Landtag viel gelächelt. Mit jungenhaftem Charme versuchte der 40-Jährige Zuversicht für die anstehenden Aufgaben zu versprühen. Und nahm sich mehr als eineinhalb Stunden Zeit, um das Arbeitsfeld zu beschreiben, das er und sein Kabinett beackern wolllen. Dabei betonte er, dass er ein „gut bestelltes Haus“vorgefunden habe. Doch nach drei Wochen in der Staatskanzlei muss dem ob seines politischen Aufstiegs sichtlich stolzen Münchwieser dämmern, dass das Erbe Annegret Kramp-Karrenbauers alles andere als heimelig ist.
Denn in dieses Haus regnet es durch den Skandal beim Landessportverband kräftig herein. An vorderster Front ist dieser Skandal mitverantwortet von Klaus Meiser, der sich selbst als „Ziehvater“von Hans sieht. Bestätigt sich die Saartoto-Gelder-Vergabe-Praxis per Schecks via Landessportverband zu Spitzen-Politikern der CDU und SPD, die damit „Sportfreunde“im ganzen Land kurz vor der Landtagswahl 2017 bedienten, taucht das den glänzenden Wahlsieg der CDU mit über 40 Prozent in ein schummriges Licht. Ebenso das ordentliche Ergebnis der SPD im Vergleich zum Bundesresultat. Hans sprach gestern gut vier Minuten über den Skandal beim Landessportverband, sicherte dem Untersuchungsausschuss Unterstützung zu, sprach von schmerzhaften Einschnitten beim LSVS und von der Beteiligung von Sportminister Klaus Bouillon (CDU) bei der Kontrolle des Landessportverbands. Ob dies reichen wird, um das Vertrauen der Bürger in die große Koalition wiederherzustellen, ist nicht gesichert. Zu lange Jahre haben sich CDU und SPD das Saarland nach dem Motto „Der Staat sind wir“zu eigen gemacht. Hans wird nicht umhin kommen, dieses System, das CDUund SPD-Politiker mit Spitzenpositionen bei Gesellschaften wie Saartoto und Landessportverband versorgt, zu knacken. Es geht um nichts anderes als die politische Glaubwürdigkeit im Saarland.
Dabei braucht das Saarland eine untadelig arbeitende Regierung mehr denn je. Hans benannte die Sorgen der Bürger um die Industriearbeitsplätze, die sowohl im Stahlbereich durch die US-Handelspolitik und in der Auto-Branche durch den Abschied vom Verbrennungsmotor und den Trend zum autonomen Fahren unter Druck geraten. Ebenso sieht er die Chancen, die in der Digitalisierung stecken. Mit dem versprochenen Breitbandausbau ins letzte Dorf bis Jahresende hofft Hans, dass die Dörfer aufblühen. Er setzt auf die Top-Forscher des Helmholtz-Zentrums für IT-Sicherheit und die Frankreich-Strategie, die das Saarland zum deutschen Wirtschaftskompetenzzentrum für Frankreich-Geschäfte machen soll.
Wenn diese Ziele des Ministerpräsidenten auch entsprechende Jobs zeitigen, braucht sich niemand im Saarland zu sorgen. Ob dann die 20 Prozent der saarländischen Kinder, die unter der Armutsgrenze leben, auch eine gute Zukunft haben werden, ließ Tobias Hans offen.