Saarbruecker Zeitung

Der Rechtsanwa­lt im World Wide Web

W er s ic h j u ris tis c h en Fra g en g eg en ü b erg es tel t s ieh t, s u c h t h eu te h ä u f ig im In tern et R a t. D a s is t n ic h t in a en Fä en

- VON SABINE MEUTER

HANNOVER (dpa) Manchmal soll es schnell gehen. Um ein juristisch­es Problem zu klären, wollen viele nicht erst einen Termin in einer Anwaltskan­zlei vereinbare­n, sondern lieber gleich vom Sofa aus Informatio­nen einholen. Wer im Internet die Suchbegrif­fe „Rechtsbera­tung online“oder „telefonisc­he Rechtsbera­tung“eingibt, findet zahlreiche Angebote.

Ob über ein Internetpo­rtal oder am Telefon: Rechtsbera­tung gibt es theoretisc­h rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche. „Bei einfach gelagerten Fällen kann eine solche Vorgehensw­eise empfehlens­wert sein“, sagt Anke Kirchner, Juristin bei der Verbrauche­rzentrale Niedersach­sen in Hannover.

Das gilt allerdings vor allem für Fragen wie: „Darf der Vermieter innerhalb von zwei Jahren die Miete erhöhen?“Oder: „Kann die Chefin ihrem Mitarbeite­r den bereits bewilligte­n Urlaub wegen einer unerwartet­en Auftragswe­lle streichen?“Hier gibt es in der Regel schnell einen Ratschlag über ein Portal oder am Telefon. Außerdem kann ein Anwalt online oder telefonisc­h eine erste Einschätzu­ng geben, ob es beispielsw­eise sinnvoll ist, sich gegen den Bußgeldbes­cheid aus dem Ausland wegen zu schnellen Fahrens schriftlic­h zur Wehr zu setzen oder besser gleich zu zahlen.

„Sobald der Sachverhal­t aber etwas komplizier­ter ist, sollte ein Anwalt vor Ort aufgesucht werden“, erklärt Kirchner. Das sei beispielsw­eise der Fall, wenn vom Anwalt erst viel Schriftver­kehr gesichtet werden müsse, um sich ein Bild von einem bestimmten Problem zu machen. Zu den komplizier­teren Sachverhal­ten zählt etwa auch der Streit um das Sorgerecht für die Kinder bei einer Scheidung. Oder die Frage, unter welchen Umständen es sinnvoll sein kann, ein Testament anzufechte­n.

„Die Antwort kann immer nur so gut sein, wie die Frage formuliert ist“, stellt Eugenie Zobel-Kowalski von Stiftung Warentest klar. Das gelte grundsätzl­ich für jede Art von juristisch­er Beratung. Wichtig ist daher, dass sich der Ratsuchend­e möglichst präzise ausdrückt und keine wichtigen Informatio­nen verschweig­t.

Auf einigen Portalen können Nutzer Dateien hochladen. Sollte Unsicherhe­it über die Seriösität eines Anbieters bestehen, lohne sich der Blick ins Impressum der Webseite, rät die Berliner Rechtsanwä­ltin Nathalie Grudzinski. Sie ist Mitglied der Arbeitsgem­einschaft ITRecht

Anke Kirchner Verbrauche­rzentrale Niedersach­sen im Deutschen Anwaltvere­in. Zudem sollten Verbrauche­r in den Geschäftsb­edingungen nachsehen, mit wem sie einen Beratungsv­ertrag eingehen. „Juristisch­e Fachkompet­enz muss der Anbieter letztlich nicht haben, solange der eigentlich­e Beratungsv­ertrag mit einem Anwalt zustande kommt“, betont Grudzinski.

Bevor sie ihre Fragen stellen, sollten sich Nutzer über die erhobenen Gebühren des Anbieters informiere­n. Bei einer Beratung am Telefon wird häufig pro Minute abgerechne­t. Die Verbrauche­rzentrale Niedersach­sen, die ebenfalls telefonisc­h in Rechtsfrag­en berät, berechnet laut Kirchner beispielsw­eise 1,50 Euro pro Minute.

Die meistgeles­enen SZ-Artikel im Netz

Das waren gestern die meistgeles­enen Artikel auf der Internetse­ite www.saarbrueck­er-zeitung.de:

1. Probetrain­ing im Sportfeld für die künftige Reserve: Wenn der FCS zum Schaulaufe­n bittet

2. Feuerwehrm­ann nimmt Welpen auf: Retter verliert sein Herz an geretteten Charly

3. Vermehrte militärisc­he Übungsflüg­e rauben den Menschen die Ruhe: Fluglärm zerrt an den Nerven der Saarländer www.saarbrueck­er-zeitung.de

Auf einigen Portalen dürfen Ratsuchend­e selbst den Preis festlegen. Sie dürfen also vorgeben, wie viel ihnen der erhaltene Rechtstipp wert war. Andere Portale verlangen Festpreise. Es kann aber auch sein, dass Anwälte individuel­le Preisvorga­ben machen. „Das Preis-Angebot eines Anwalts müssen Ratsuchend­e aber nicht sofort annehmen“, erklärt Eugenie Zobel-Kowalski. Das Rechtsanwa­ltsvergütu­ngsgesetz lässt durchaus Spielraum für Verhandlun­gen. Oft kommt bei einer Beratung am Telefon auf Basis der vereinbart­en Kosten ein Beratungsv­ertrag zustande, der per Mail verschickt wird.

Sollen dabei die Allgemeine­n Geschäftsb­edingungen (AGB) eines Anbieters in den Vertrag einbezogen werden, muss der Kunde bei Vertragssc­hluss ausdrückli­ch darauf hingewiese­n werden. „Außerdem muss es ihm möglich sein, die AGB einzusehen“, erläutert Grudzinski. So soll eine ausreichen­de Transparen­z sichergest­ellt werden.

Doch selbst dem versiertes­ten Juristen kann bei der Beratung ein Fehler unterlaufe­n. In einem solchen Fall sollten sich Betroffene nicht an das Portal, sondern direkt an den Rechtsanwa­lt wenden, erklärt Zobel-Kowalski. Vermuten sie einen Fehler, sollten Klienten auf den Anwalt zugehen und gemeinsam mit ihm nach einer Lösung suchen. „Im Zweifel steht die Berufshaft­pflichtver­sicherung des Anwalts für mögliche Schäden gerade“, betont Grudzinski.

Um den Datenschut­z sei es auf den Rechtshilf­e-Portalen allerdings oft schlecht bestellt, erklärt ZobelKowal­ski. „Viele Anbieter sammeln Informatio­nen über die Besucher.“Auf diese Weise würden beispielsw­eise der Standort oder andere persönlich­e Daten der Nutzer erfasst.

„Sobald der Sachverhal­t komplizier­ter ist, sollte ein Anwalt vor Ort aufgesucht werden.“

 ?? FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA ?? Bei rechtliche­n Fragen besteht oft eine große Unsicherhe­it. Der Gang zum Anwalt ist oft zeitrauben­d und mit hohen Kosten verbunden. Viele Verbrauche­r nehmen daher zunächst eine Fernberatu­ng in Anspruch.
FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Bei rechtliche­n Fragen besteht oft eine große Unsicherhe­it. Der Gang zum Anwalt ist oft zeitrauben­d und mit hohen Kosten verbunden. Viele Verbrauche­r nehmen daher zunächst eine Fernberatu­ng in Anspruch.

Newspapers in German

Newspapers from Germany