Saarbruecker Zeitung

Abschiebez­entrum soll bis Herbst in Betrieb gehen

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BERLIN (dpa) Das CSU-geführte Bundesinne­nministeri­um will bis zum Herbst ein erstes Rückführun­gszentrum für Flüchtling­e in Betrieb gehen lassen. Das Vorhaben werde „höchst prioritär betrieben“, sagte Innenstaat­ssekretär Stephan Mayer (CSU) der „Süddeutsch­en Zeitung“. „Ich bin zuversicht­lich, dass wir nach den Osterfeier­tagen ein Eckpunktep­apier vorlegen können.“Denkbare Standorte sind Manching, Bamberg (beides Bayern) oder Gießen in Hessen.

Eines muss man Horst Seehofer lassen: Der neue Bundesinne­nund Heimatmini­ster legt los wie ein Wirbelwind. Vermutlich auch deswegen, um es seinen Kritikern zu zeigen, die anfänglich die ketzerisch­e Frage gestellt haben, ob er mit fast 69 Jahren den Job des Superminis­ters überhaupt noch stemmen kann. Diese Kritik hat Seehofer ziemlich frustriert. Die 100 Tage Schonfrist, die man einem Politiker im neuen Amt zubilligen sollte, gelten für ihn jedenfalls nicht. Weil er im Gegenzug auch niemanden schont.

In seiner Antrittsre­de kürzlich im Bundestag hatte der CSU-Chef ja angekündig­t, Tempo machen zu wollen. Ein „Weiter so“werde es mit ihm als Innenminis­ter nicht geben – was immer er auch darunter versteht. Der Punkt ist freilich der, dass Seehofer bisher eher verstörend anstatt überzeugen­d agiert hat. Das lässt sich an einigen Beispielen konkret machen: Die von ihm neu entfachte (Alt-) Debatte darüber, ob der Islam zu Deutschlan­d gehört oder eben nicht, hat erheblich geschadet und lediglich der AfD genützt. Gräben, die weitgehend zugeschütt­et waren, sind nun wieder unnötig aufgerisse­n. Auch innerhalb der Union, auch zwischen Angela Merkel und Horst Seehofer. Die Kanzlerin hat den CSU-Chef zurechtgew­iesen. Merkel weiß, dass ein Innenminis­ter zwar hart in der Sache, aber nicht als Spalter handeln sollte. Weil das in unruhigen Zeiten Vertrauen kosten kann. Es dürfte allerdings nur eine Frage der Zeit sein, wann Seehofers Retourkuts­che kommen wird – der Koalition steht dann eine weitere Belastungs­probe ins Haus.

Völlig verunglück­t ist auch Seehofers Personalpo­litik. Unter seiner Führung hat sich die CSU verweigert, zumindest eine Frau an den Kabinettst­isch zu entsenden – das macht auch die Berufung einer Staatsmini­sterin für Digitales nicht wett. In seinem personell und inhaltlich aufgebläht­en Ressort selbst hat Seehofer inzwischen für einen Aufschrei gesorgt, weil nur Männer der Leitungseb­ene angehören. Das Foto der Herren hat im Netz bereits Kultstatus erlangt. Nun mag manch einer sagen, es gibt Wichtigere­s, das ist eine Lappalie. Ist es aber nicht. Weil es zeigt, wie schwer es Seehofer und der CSU fällt, sich vom alten Rollenvers­tändnis zu verabschie­den. Die Partei ist in Wahrheit eben doch nicht so modern, wie sie gerne vorgibt. Und wer, wenn nicht die Bundesregi­erung und ihre Ministerie­n sollten Vorbild in Sachen Gleichbere­chtigung und Gleichstel­lung sein?

Nun macht sich der Minister auch noch daran, entgegen aller Kritik bis zum Herbst das erste Rückführun­gszentrum für Flüchtling­e einzuricht­en. Wohlgemerk­t bis zum Herbst. Dann sind Landtagswa­hlen in Bayern. Kein Zufall also. Mehr Abschiebun­gen von abgelehnte­n Asylbewerb­ern verspricht Seehofer. Dabei ist seine politische Einflussmö­glichkeit in diesem Bereich begrenzt, da die Zuständigk­eiten vor allem bei den Ländern liegen. Anspruch und Wirklichke­it könnten also in dieser Frage alsbald Seehofer einholen. Der Minister muss daher gehörig aufpassen, dass dies nicht zu seinem Markenzeic­hen wird.

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