Saarbruecker Zeitung

Was bedeutet der LSVS-Skandal für das Ehrenamt?

Pro-Ehrenamt-Präsident Hans Joachim Müller hält das Engagement hunderttau­sender Saarländer auch zukünftig für unersetzli­ch.

- VON JANA BOHLMANN

SAARBRÜCKE­N Im Fußballver­ein die Trikots waschen, in der Gemeinde ein Straßenfes­t organisier­en, die Jugendgard­e für eine Aufführung auf einer Kappensitz­ung trainieren oder in der Nachbarsch­aft aushelfen: Das alles – und noch vieles mehr – gehört zum Ehrenamt. Im Saarland sind insgesamt 461 000 Menschen ehrenamtli­ch in den verschiede­nsten Vereinen und Verbänden tätig – und das aus Leidenscha­ft, sagt Hans Joachim Müller, Präsident der Landesarbe­itsgemeins­chaft Pro Ehrenamt.

Der Verein ist die Dachorgani­sation für Ehrenamt und Bürgerenga­gement im Saarland und versucht, Ehrenamtli­che in jeglicher Hinsicht zu unterstütz­en. „Unser Auftrag ist es, Rahmenbedi­ngungen für Ehrenamtli­che so günstig zu gestalten, dass sie weiterhin motiviert bleiben“, erklärt Müller. Das kann in Form von Anerkennun­gs- und Informatio­nsveransta­ltungen, Rechtsbeis­tand oder ähnlichem sein. Menschen, die ehrenamtli­ch tätig sind, sind für Müller schlichtwe­g unersetzba­r. „Wir können uns ein Leben ohne Ehrenamtli­che gar nicht vorstellen. Unsere Gesellscha­ft würde dann ganz große Schwierigk­eiten bekommen“, sagt er und weist auch auf Ehrenämter hin, die oft nicht als solche anerkannt werden, wie zum Beispiel Menschen, die in der Nachbarsch­aftshilfe aktiv sind, oder die Elternspre­cher in der Schule.

Ehrenamt bedeutet für den Präsidente­n freies und unentgeltl­iches Engagement. Sobald man allerdings einen Pauschalbe­trag für eine Tätigkeit erhält, sei dies kein Ehrenamt mehr, so Müller. Eine Aufwandsen­tschädigun­g sei in vielen Fällen aber angemessen. Ein Ehrenamtli­cher kann zum Beispiel Fahrtkoste­n in Rechnung stellen und darf dann eine angemessen­e Entschädig­ung entgegenne­hmen.

Doch wann ist ein bestimmter Betrag gerechtfer­tigt und wann ist es zu viel? Um diese und weitere Fragen zu beantworte­n, veranstalt­et der Verein Pro Ehrenamt den Vortrag „Ethik und Moral im Ehrenamt“mit der Rechtsanwä­ltin und Korruption­sexpertin Sylvia Schenk von Transparen­cy Internatio­nal. „Es ist wichtig, dass man im Ehrenamt gewisse gesellscha­ftliche Verhaltens­regeln einhält. Um Teil unserer Gesellscha­ft zu sein, muss man gewisse Werte leben und darf diese auch nicht enttäusche­n“, sagt Müller. Damit spielt er auf den im Dezember 2017 aufgedeckt­en LSVS-Skandal an, der für viel Furore im Ehrenamt sorgte. „Vorteilbed­achtes Verhalten hat im Ehrenamt einfach nichts zu suchen. Der Imageschad­en ist gewaltig. Es tut mir weh, dass jetzt so viele Ehrenamtli­che unter Generalver­dacht stehen“, bedauert Müller.

In diesem Zusammenha­ng betont der Präsident, dass Menschen ehrenamtli­ch tätig sind, weil es wichtig für sie ist und sie etwas Gutes tun wollen. Im Ehrenamt stünden Zusammenha­lt und anständige­s Miteinande­r im Vordergrun­d, so Müller. Besorgt ist er allerdings nicht. Das Ehrenamt an sich wird seiner Meinung nach nicht in Mitleidens­chaft gezogen werden und sich – gerade im Saarland – weiter höchster Beliebthei­t erfreuen. „Die Ehrenamtli­chen in den Vereinen regen sich über den LSVS-Skandal vielleicht auf, aber sie werden trotzdem dabei bleiben. Der normale Ehrenamtli­che macht sein Ehrenamt ja nicht des Geldes wegen.“

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FOTO: ?? Hans Joachim Müller, Präsident der Landesarbe­itsgemeins­chaft „Pro Ehrenamt“.
OLIVER DIETZE FOTO: Hans Joachim Müller, Präsident der Landesarbe­itsgemeins­chaft „Pro Ehrenamt“.

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