Die Martinskirche ist Star eines kleinen Films
Das alte Gotteshaus im Püttlinger Stadtteil Köllerbach birgt für Besucher viele Überraschungen und wirft ebenso viele Fragen auf.
PÜTTLINGEN-KÖLLERBACH Immer wieder finden in der Köllerbacher Martinskirche Konzerte statt. Zu Recht, die Atmosphäre ist einzigartig. Das merken Zuhörer besonders, wenn anlässlich des sommerlichen Mittelaltermarktes in der benachbarten Burg Bucherbach Spielleute auf historischen Instrumenten hier spielen. Dann wirkt die Kirche mit ihren dicken Mauern „wie aus der Zeit gefallen“.
Was macht diese kleine, gut erhaltene, in einen historischen Friedhof eingebettete Kirche so liebenswert? „Ihre extrem wertvolle Ausstattung“, antwortet Professor Dr. Joachim Conrad. Er ist als Pfarrer seit beinahe drei Jahrzehnten Hausherr und begeistert sich immer wieder aufs Neue für „seine“Kirche. „So oft ich hier bin, entdecke ich schöne Überraschungen.“ Das sind an erster Stelle die gut erhaltenen Deckenmalereien. 1956 wieder entdeckt, wurden sie in der Folge mehrfach restauriert. Sie zeigen etwa Szenen aus dem Leben des Martin von Tours, Christus als Weltenrichter, drei Posaunenengel, die zum Jüngsten Gericht blasen, sowie einen Höllenrachen mit bocksbeinigem Teufel, in den Sünder wie Geiziger, Würfelspieler, Kornwucherer, Trinker, Soldat zur Hölle fahren. Des Weiteren sind es Wandbilder, die es in ihrer Art nur noch drei weitere Male im Saarland gibt: in der Medelsheimer Sakristei im Bliesgau, in der kleinen Keßlinger Dorfkirche bei Orscholz und im Langhaus der St. Wendeler Wendelinusbasilika.
In der Köllner Martinskirche entdeckte der saarländische Restaurator Nico Leiß im vorigen Jahr im Dachstuhl weitere, bislang unbekannte Wandmalereien, die noch ihrer wissenschaftlichen Aufarbeitung harren, sagt der Pfarrer. Er erwähnt mit Blick auf weitere Sehenswürdigkeiten die steinerne Reformationskanzel aus dem 16. Jahrhundert, gestiftet von Graf Philipp III. von Nassau-Saarbrücken aus Anlass seines silbernen Thronjubiläums. Ging die Gräfin Elisabeth von Lothringen, Verfasserin höfischer Romane, von ihrem Witwensitz Burg Bucherbach in die Martinskirche zum Gottesdienst? Könnte man annehmen, bis heute haben die frischen Farben ihres Wappens im Chorgewölbe dem Zahn der Zeit widerstanden.
Ein in Stein gehauener Bauer in der Tracht des 14. Jahrhunderts ruht sich im Chorraum aus. An anderer Stelle lächelt ein Mönch, je nach Standort, den Besucher an, reiht sich ein offensichtlich sündig gewordener Bischof mit Mitra in die „Höllenfahrt der Unseligen“ein. „Diese Kirche enthält noch viele Überraschungen und offene Fragen. Beispielsweise: Wem gehören die Steinsärge aus dem zehnten oder elften Jahrhundert?“, fragt Pfarrer Conrad.
Viel deute darauf hin, dass die Wurzeln der heutigen spätgotischen Kirche sogar in das achte Jahrhundert zurückreichen, das ist diversen Kirchenführern zu entnehmen. Es gibt Hinweise, dass das Gebäude mit Oratorium in seinen Frühjahren auch als Gerichts- und Versammlungsstätte gedient hat. Gesichert ist, dass zur Kirche bis zur Reformation, in der solche Einrichtungen verboten wurden, auch ein Gebeinhaus gehört hat. Bis heute ist das Anwesen von einer großen Sandsteinmauer und einem mittelalterlichen Friedhof umgeben, dessen Nutzung erst 1934 aufgegeben wurde. „Einige alte Grabsteine, deren kulturgeschichtliche Bedeutung man bereits erkannte, stellte man damals in den Grünanlagen rund um die Kirche auf“, steht im DKV-Kunstführer, der nach den Gottesdiensten in der Martinskirche für 2,50 Euro erworben werden kann. Aktuell hat der Künstler Folker Wulff einen etwa sechsminütigen Filmbeitrag über die Köllerbacher Martinskirche ins Internet gestellt, kostenlos anzuschauen unter https://bit.ly/2GrKlGT. Mehr zur Martinskirche unter www.evangelisch-imkoellertal.de, www.puettlingen.de. ............................................. Auf der Seite Momente stellt die Saarbrücker Zeitung im Wechsel Kirchen und Lebenswege Verstorbener vor. Michaela Heinze Matthias Zimmermann