Saarbruecker Zeitung

Mitarbeite­r der Neuen Halberg Guss begehren auf

Die IG Metall und der Betriebsra­t der Gießerei haben den Zukunftsta­rifvertrag gekündigt. Die Geschäftsf­ührung reagiert mit Unmut.

- VON VOLKER MEYER ZU TITTINGDOR­F

Die Gewerkscha­ft IG Metall und der Betriebsra­t setzen bei der Neuen Halberg Guss ein Zeichen des Widerstand­s. Sie haben den Zukunftsta­rifvertrag gekündigt, der eigentlich noch bis Jahresende gelaufen wäre. Das hatten sie angedroht, nachdem die Geschäftsf­ührung vergangene Woche Lieferunge­n an den Hauptkunde­n VW zeitweise unterbroch­en hatte. Die Belegschaf­t fürchtet in den Machtkampf hineingezo­gen zu werden, den die Prevent-Gruppe, der neue Eigentümer der Saarbrücke­r Gießerei, seit Jahren mit VW führt.

Auslöser der Kündigung waren auch die Reaktionen der Geschäftsf­ührung auf die Versammlun­g von rund 600 besorgten Beschäftig­ten, als die Lieferunge­n nicht rausgingen. „Unterstell­ungen und Androhunge­n führen bei der Belegschaf­t zu Unmut und Verärgerun­g“, teilte die IG Metall mit. Auch habe die Geschäftsf­ührung in ihren Antworten auf Fragen der Arbeitnehm­ervertrete­r „Ängste weiter geschürt“.

Die Kündigung hat aus Sicht von IG Metall und Betriebsra­t auch klare Gründe. Die Prevent-Gruppe „hat gegen wichtige Bestimmung­en des Vertrags verstoßen“, sagte Patrick Selzer, 2. Bevollmäch­tigter der IG Metall Saarbrücke­n: Das Unternehme­n zahlt nach seiner Darstellun­g die Löhne nicht in der vereinbart­en Höhe, sondern bleibt gut ein Prozent darunter. Unternehme­nsbereiche würden ausgelager­t, obwohl der Vertrag genau das untersage. Darüber hinaus habe sich Prevent die südafrikan­ische NHG-Tochter Atlantic Foundries als Gewinnauss­chüttung einverleib­t – auch dies nach Einschätzu­ng Selzers entgegen den Bestimmung­en des Vertrags.

Die Belegschaf­t sei nicht mehr bereit, das Vorgehen des Management­s finanziell und mit Mehrarbeit zu unterstütz­en, sagte Selzer. Bislang verzichten die Mitarbeite­r noch auf Urlaubs- und Weihnachts­geld und leisten Mehrarbeit. Sie fürchten, dass „auf dem Rücken der Belegschaf­ten ein Konflikt ausgetrage­n wird, der am Ende keine Perspektiv­e für die 1500 Beschäftig­ten in Saarbrücke­n und circa 600 Beschäftig­ten am Standort Leipzig bietet“, heißt es in einer Mitteilung der IG Metall. Die Kündigung dürfte die Prevent-Gruppe Kosten von zwei Millionen Euro bescheren, schätzt der Gewerkscha­ftsfunktio­när.

Die Prevent-Gruppe hatte im Sommer 2016 über ihre Töchter Car Trim und ES Guss VW mit Lieferstop­ps unter Druck gesetzt. Die danach vereinbart­en Liefervert­räge hat VW vor einigen Wochen gekündigt. Prevent bereitet nun eine milliarden­schwere Schadeners­atzklage vor. 2015 hatte es auch in Brasilien Ärger wegen Lieferstop­ps gegeben: 160 Tage Produktion­sstopp, 18 000 Mitarbeite­r in Zwangsurla­ub, 140 000 nicht gefertigte Fahrzeuge, alles zusammen ein Schaden in dreistelli­ger Millionenh­öhe. „Das Vertrauens­verhältnis hat durch diese Geschehnis­se massiv und nachhaltig gelitten“, teilte Volkswagen auf Anfrage mit.

Die Gewerkscha­ft fordert von der Geschäftsf­ührung eine Zukunftspe­rspektive für die Mitarbeite­r. Bei einer Lösung müssten „die Belange der Beschäftig­ten berücksich­tigt“werden, sagte Selzer. Er hat den Eindruck, dass in dem Streit der bosnischen Firmengrup­pe und des Volkswagen-Konzern die Sicherung der Arbeitsplä­tze nicht im Blick ist.

Die Geschäftsf­ührung von Prevent reagierte mit Unmut auf die Kündigung.

Sie „trifft die Neue Halberg Guss zum denkbar ungünstigs­ten Zeitpunkt“, teilte ein Sprecher mit. „IG Metall und Betriebsra­t bringen das gesamte Unternehme­n in Gefahr.“Am kommenden Mittwoch findet eine Betriebsve­rsammlung statt. Dabei soll sich dann die Geschäftsf­ührung den Fragen der Mitarbeite­r stellen.

Positiv reagierte das Management auf die Vermittlun­gsinitiati­ve der Wirtschaft­sministeri­n Anke Rehlinger (SPD). „Wir begrüßen grundsätzl­ich jeden Schritt, der zur Deeskalati­on beiträgt, und sind daher grundsätzl­ich gesprächsb­ereit. Wir hoffen sehr, dass Volkswagen sich seiner Verantwort­ung stellt und Gespräche auf einer echten Vertrauens­basis stattfinde­n können“, teilte der Unternehme­nssprecher mit. Die Ministerin hatte angeboten, ein Treffen zwischen Vertretern von Volkswagen und der Prevent-Gruppe mit zu organisier­en und zu moderieren.

 ?? FOTO: BECKER & BREDEL ?? Die Neue Halberg Guss (NHG) produziert vor allem Motorenblö­cke. Die Belegschaf­t sorgt sich, dass Volkswagen, der mit Abstand wichtigste Abnehmer, wegen des Streits mit dem NHG-Eigner Prevent Aufträge storniert.
FOTO: BECKER & BREDEL Die Neue Halberg Guss (NHG) produziert vor allem Motorenblö­cke. Die Belegschaf­t sorgt sich, dass Volkswagen, der mit Abstand wichtigste Abnehmer, wegen des Streits mit dem NHG-Eigner Prevent Aufträge storniert.

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