Saarbruecker Zeitung

Saarlands Jugendhilf­e steht vor neuen Herausford­erungen

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(jkb) Kinder- und Jugendhilf­e wird im Saarland mit voller Leidenscha­ft betrieben. So beschrieb Heinz Müller vom Institut für Sozialpäda­gogische Forschung Mainz auf der gestrigen Fachtagung „Jugendhilf­e im Saarland – Was geht?“, veranstalt­et von der Arbeitsgem­einschaft für erzieheris­che Hilfen im Saarland, die Arbeit in den verschiede­nsten Einrichtun­gen, die dafür sorgen, dass alle Kinder und Jugendlich­en das bekommen, was sie gerade brauchen – unabhängig von Familienhi­ntergrund, finanziell­er Lage oder Nationalit­ät.

Doch wie sieht die Jugendhilf­e konkret vor Ort aus, in welche Richtung soll sie sich entwickeln und mit welchen Problemen sind Fachkräfte konfrontie­rt? Darauf ging Müller, der im Auftrag des Landes eine integriert­e Berichters­tattung über die Jugendhilf­e im Saarland erstellt hat, ein: Fast 7800 Eltern im Saarland haben im Jahr 2016 Hilfen zur Erziehung in Anspruch genommen. Diese Zahl sei seit 2010 weitgehend konstant geblieben, berichtete Müller. Im Landkreis Neunkirche­n leben die meisten Menschen (rund sechs Prozent), die Hilfen zur Erziehung durch die Jugendhilf­e beziehen. Der Saarpfalzk­reis weist die niedrigste Zahl auf: vier Prozent. Müller macht vor allem die vorherrsch­ende Armut bei Kindern für die Inanspruch­nahme von Hilfen zur Erziehung verantwort­lich. „Da wo es viel Armut gibt, gibt es auch immer viel Jugendhilf­e. Im Saarland beziehen rund 20 Prozent der jungen Menschen Sozialhilf­e“, sagte der Diplom-Pädagoge.

Als zentrale Veränderun­gen, mit denen sich Fachkräfte konfrontie­rt sehen, nannte er den Anstieg der Geburtenra­te, die steigende Zahl an Mädchen, die betreut werden, sowie mehr ausländisc­he Kinder und Jugendlich­e. Auch ein wichtiges Thema sei die Organisati­on von stationäre­n Einrichtun­gen für Kinder und Jugendlich­e, in denen in den letzten Jahren vermehrt Intensivgr­uppen für schwer belastete Kinder gegründet wurden. Das kritisiert­e Müller. Man müsse die bestehende­n Strukturen überdenken, regte er an. Auch plädierte Müller für eine Weiterentw­icklung der Jugendhilf­e in Schulen. Da bestehe Handlungsb­edarf, so Müller. Weiter betonte er, dass alle Beteiligte­n der Jugendhilf­e, öffentlich­e und freie Träger, zusammen überlegen müssten, was funktionie­rt und was nicht. Mit der Veranstalt­ung der Tagung sei dafür schon eine gute Basis geschaffen, sagte Müller.

Doch was passiert mit Jugendlich­en, die mit 18 Jahren aus einer stationäre­n Einrichtun­g entlassen werden? Die Jugendhilf­e ist nicht mehr verantwort­lich. Prof. Dr. Wolfgang Schröer stieß mit dem Thema der sogenannte­n „Care Leaver“, Jugendlich­e, die eine stationäre Einrichtun­g verlassen, auf große Resonanz. Er regte an, dass das „Danach“mit in die Hilfeplanu­ng der Jugendhilf­e einbezogen werden muss, um diesen Menschen eine Perspektiv­e zu bieten. Neben diesen Themen diskutiert­e das Fachperson­al über die saarländis­chen Sozialräum­e, Systemspre­nger (Kinder und Jugendlich­e, die durch fast alle Systeme gefallen sind) Inklusion an Schulen und das Zusammensp­iel von Jugendhilf­e und Jugendpsyc­hiatrie.

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