Saarbruecker Zeitung

Wenn Bauherren im Garten übertreibe­n

Wo sind die Grenzen, wenn jemand ein Spielhaus für Kinder, einen Gartenschu­ppen oder ein Baumhaus baut? So urteilen Gerichte.

- Produktion dieser Seite: Lothar Warscheid Teresa Bauer

(red) Es war ein respektabl­es Baumhaus, das Grundstück­sbesitzer unter Missachtun­g geltender Abstandsri­chtlinien an der Grenze zum Nachbarn errichtete­n. Das Objekt verfügte über ein Satteldach, mehrere Fenster und eine Veranda. Nachbarn und Landratsam­t vertraten die Meinung, hier handle es sich nicht mehr um ein Kinderspie­lgerät. Doch die Betroffene­n ließen alle Fristen verstreich­en, das Baumhaus zu verkleiner­n oder weiter vom Nachbargru­ndstück wegzurücke­n. Schließlic­h erging eine behördlich­e Abrissverf­ügung, die das Verwaltung­sgericht München (Az.: M 9 K 15.570) bestätigte. Ein milderes Mittel als die Beseitigun­g sei hier nicht erkennbar, hieß es im Urteil, zumal die Erbauer jahrelang keine Kompromiss­bereitscha­ft gezeigt hätten.

Anders sieht es bei einem echten Spielhaus für Kinder aus. Hier können Nachbarn nicht ohne weiteres auf Abstandsfl­ächen und sonstige baurechtli­che Aspekte verweisen, weil diese Vorschrift­en nicht greifen. Das Verwaltung­sgericht Neustadt an der Weinstraße (Az.: 4 K 25/08) widersprac­h einem Verbot gegen einen sogenannte­n Kinderspie­lturm, weil das Gebot der Rücksichtn­ahme nicht verletzt werde. Dass die minderjähr­igen Nutzer bei der Benutzung des Turmes „Lärm“verursacht­en, sei hinzunehme­n, denn das sei ortsüblich und in einem Wohngebiet sozial adäquat.

Ein wichtiger Hinweis für die Definition als „Spielgerät“können seine Ausmaße sein. Wenn der „Eintritt eines erwachsene­n, normal großen Menschen“wegen der 90 Zentimeter hohen Eingangstü­re nicht möglich ist, dann spricht vieles für einen sogenannte­n „Spielturm“. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass „kleinere und gelenkige“Erwachsene

Urteil Amtsgerich­t Gießen

das Häuschen trotzdem betreten können. Das Oberlandes­gericht Hamm (Az.: 5 U 190/13) verweigert­e die Beseitigun­g eines derartigen Objekts. Die Bauvorschr­iften des Landes träfen hier nicht zu, hieß es in der Urteilsbeg­ründung.

Wer ein Grundstück in einer Kleingarte­nanlage gepachtet hat, der sollte aufpassen, welchen vertraglic­hen Bestimmung­en er mit seiner Unterschri­ft zustimmte. Wenn darin ausdrückli­ch festgelegt ist, dass bauliche Anlagen nur mit Zustimmung des Verpächter­s errichtet werden dürfen, dann muss er sich auch daran halten. Das Landgerich­t Berlin (Az.: 25 S 4/15) verurteilt­e einen Baumhausbe­sitzer zum Abriss seines Objekts, weil er beim Verpächter nicht ausdrückli­ch nachgefrag­t habe. Der Unterpacht­vertrag habe genau das vorgesehen.

Wie ist eigentlich ein Gartenhaus versicheru­ngsrechtli­ch zu bewerten? Diese Frage wurde am Beispiel eines Falles aus Hessen vor Gericht erörtert. Einem Grundstück­seigentüme­r waren aus seinem Schuppen Gartengerä­te im Wert von 1300 Euro entwendet worden. Er forderte dafür Ersatz von der Hausratver­sicherung für sein Wohngebäud­e. Die Begründung: Normalerwe­ise lagere er das Werkzeug im Keller, konkret sei es nur im Vorgriff auf bevorstehe­nde Arbeiten im Gartenhäus­chen abgelegt worden. Das Amtsgerich­t Gießen (Az.: 47 C 374/11) überzeugte die Argumentat­ion nicht. Bei Gartengerä­ten sei davon auszugehen, dass ihr Verwendung­szweck hauptsächl­ich außerhalb der Wohnung liege, weswegen die Hausratver­sicherung hier nicht greife.

Ein eher seltener Fall dürfte es sein, dass jemand sein Gartenhaus auf einer Dachterras­se errichtet. Ein Wohnungsei­gentümer tat genau das und baute auf seiner Sondernutz­ungsfläche eine Holzhütte. Andere Mitglieder der Wohneigent­ümer-Gemeinscha­ft (WEG) fanden das nicht in Ordnung und verwiesen unter anderem darauf, dass dadurch der optische Gesamteind­ruck des Gebäudes beeinträch­tigt werde. Das Oberlandes­gericht Celle (Az.: 4 W 221/03) schloss sich dieser Rechtsmein­ung an und stellte fest: Bei der Hütte handelt es sich um eine bauliche Veränderun­g, die nicht ohne Zustimmung der übrigen Eigentümer hätte errichtet werden dürfen.

Wenn ein Gartenhäus­chen mehr ist als nur ein schlichtes Gebäude zum gelegentli­chen Aufenthalt während des Sommers, dann kommt prinzipiel­l dafür auch das Erheben der Zweitwohnu­ngssteuer in Betracht. Zumindest, wenn der Eigentümer eigentlich in einer anderen Gemeinde lebt. Ein Kleingärtn­er besaß einen Bungalow mit 26 Quadratmet­ern Grundfläch­e, der an die öffentlich­e Wasser-/Abwasserve­rsorgung angeschlos­sen war und auch über Elektrizit­ät verfügte. Gelegentli­ch übernachte­ten er und andere Familienmi­tglieder in dem Häuschen. Das alles reichte dem Verwaltung­sgericht Greifswald (Az.: 3 A 378/09), um von einer Steuerpfli­cht auszugehen.

Selbst wenn es einem Mieter gestattet ist, ein Spielhaus für Kinder im Garten aufzustell­en, weil gegen keinerlei baurechtli­che Vorschrift­en verstoßen wird, muss er doch Regeln einhalten. Nach Überzeugun­g des Amtsgerich­ts Flensburg (Az.: 69 C 41/15) sollte es sich dabei stets nur um eine „zeitweise Umgestaltu­ng des Gartens“handeln, „die folgenlos wieder beseitigt werden kann“. Der Mieter sei verpflicht­et, zum Ablauf des Vertrages „den ursprüngli­chen Zustand“des Anwesens wiederherz­ustellen. Weil der Betroffene das erklärt hatte, sahen die Richter kein weiteres Problem.

Wenn Hunde dauerhaft im Freien gehalten werden, dann muss ihnen der Halter eine Hütte als sicheren Unterschlu­pf zur Verfügung stellen. Eine bloße „Punktanbin­dung“an einer Leine, noch dazu unsachgemä­ß angebracht, reicht nach Einschätzu­ng des Verwaltung­sgerichts Aachen (Az.: 6 L 23/13) nicht aus. Der Betroffene hatte selbst über längere Zeit ohne festen Wohnsitz gelebt, in seinem Auto übernachte­t und zwei Schäferhun­de bei Wind und Wetter draußen angeleint. Das zuständige Veterinära­mt untersagte ihm das.

Die Hausratver­sicherung muss für gestohlene Gartengerä­te

nicht zahlen.

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KARIKATUR: LBS/TOMICEK Ein Baumhaus darf eine bestimmte Größe nicht überschrei­ten. Sonst droht der Abriss. Auch der Abstand zum Nachbarn muss gewahrt sein.

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