Saarbruecker Zeitung

Eine intime Atmosphäre und europäisch­e Spitzen-Ensembles bieten die St. Wendeler Jazztage

Kaum Sammler und Galerien: Bildende Künstler haben es im Saarland nicht leicht – drei Vorschläge, wie sich daran etwas ändern ließe.

- VON CHRISTOPH SCHREINER

Ein erstes Problem: Es fallen einem im Saarland weit mehr Galerien ein, die es nicht mehr gibt als noch existieren­de. Vorbei ist es in Saarbrücke­n mit der Galerie St. Johann (2014), mit der k4-Galerie von Werner Deller (völlig absorbiert vom Umbau der St. Ingberter Baumwollsp­innerei, lässt Deller seine Galerie seit einigen Jahren ruhen). Kapitulier­t haben auch die Galerie Hanstein gegenüber des Saarlandmu­seums (zuletzt residierte sie im Hinterhaus Bismarckst­raße), desgleiche­n die dort anschließe­nd untergebra­chte Galerie Besch (2012) – Ingeborg Besch führt ihre inzwischen in Illingen sporadisch weiter. Nimmt man noch Werner Redzimskis vor zehn Jahren aufgebene Galerie 48 in St. Arnual hinzu, kommt man auf fünf namhafte Saarbrücke­r Galerien, die binnen einer Dekade vom Markt verschwand­en.

Und wie sieht’s auf der Habenseite in der Landeshaup­tstadt aus? Durchgehal­ten haben die Galeristen Gernot Elitzer (Galerie Elitzer), Benjamin Knur (Galerie Neuheisel) und Hans Karl Reuther mit seiner Galerie am Pavillon. Hinzugekom­men sind seit 2008 nur die Galerie „Zimmerling & Jungfleisc­h“und, dies vor allem, das Atelierhau­s KuBa am Eurobahnho­f, das allerdings keine Galerie ist, aber dafür Wechselaus­stellungen bietet.

Schaut man ins übrige Saarland, sieht die Galerienla­ge nicht besser aus, sondern schlicht erschrecke­nd. Mit der Saarlouise­r Galerie Walzinger schloss 2015 eine der wenigen renommiert­en Kunstgaler­ien. Ansonsten herrscht weitgehend gähnende Leere – sieht man von den Galerien Beck in Homburg-Schwarzena­cker und Palz in Beckingen ab. Der Grund, warum die saarländis­che Galerienla­ndschaft derart versteppt ist, liegt auf der Hand: Ganz offensicht­lich gibt es hier kein ausreichen­d großes Kunstpubli­kum, das Galeristen (und damit auch Künstlern) langfristi­g ein Auskommen böte. Die wenigen, die überlebt haben, besetzen entweder Nischen oder haben es irgendwie geschafft, sich ein Stück unabhängig zu machen von der saarländis­chen Klientel. Hinzu kommt, dass die wenigen größeren Kunstsamml­er, die es hierzuland­e gibt (etwa Dieter Scheyd in Überherrn, Martin Zimmer in Merzig oder Alois Omlor in Homburg), ihre Schwerpunk­te nicht auf regionale Kunst setzen.

Während der regionale Kunstmarkt chronisch darbt, sieht es hinsichtli­ch der Ausstellun­gsmöglichk­eiten für hiesige Künstler besser aus: Mit dem Museum St. Wendel, der Städtische­n Galerie Neunkirche­n, Schloss Dagstuhl, dem Merziger Fellenberg­museum, dem Saarlouise­r Institut für aktuelle Kunst und in Saarbrücke­n dem Saarländis­chen Künstlerha­us und dem KuBa hält man eine ganz passable Palette an Kunstschau­fenstern vor. Regionale Künstler, die dort ausstellen, können damit ihren Marktwert steigern – was nicht heißt, dass sie anschließe­nd unbedingt mehr verkaufen würden. Geschweige denn diese Ausstellun­gsorte überregion­ales Publikum zögen. All das ist oft genug beschriebe­n und beklagt worden. Mit welchen Künstlern man die Lage auch debattiert: Unterm Strich wirken sie meist ratlos, wie sich ihre schwierige­n Rahmenbedi­ngungen nachhaltig verbessern ließen. Unterm Strich teilten sich heute nur mehr Künstler einen kaum größer gewordenen Kuchen, heißt es.

Einigermaß­en etabliert hat sich am ehesten die Generation der heute 40- bis 50-jährigen einstigen Kunsthochs­chulabsolv­enten. Das aber offenbart ein zweites Grundprobl­em: Zwar bildet die Saarbrücke­r HBK derzeit über 450 Künstler und Designer (sowie Kunsterzie­her) aus; eine Perspektiv­e auf dem freien Markt aber – jedenfalls hierzuland­e – haben nach ihrem Diplom (oder Bachelor oder Master) die wenigsten von ihnen. Das Land leistet sich zwar aus guten Gründen eine Kunsthochs­chule, nimmt es aber offenkundi­g hin, dass die hier Ausgebilde­ten, sofern sie nicht in den Schuldiens­t drängen, danach das Weite suchen müssen. Dabei gäbe es staatliche­rseits durchaus Mittel und Wege, die freiberufl­iche Situation der Kreativen zu verbessern. Drei Vorschläge:

1) Kein zweiter Ort im Saarland zieht ein größeres, potenziell kunstinter­essiertes Publikum an als das Völklinger Weltkultur­erbe. Wäre es nicht eine Überlegung wert, auf dem gigantisch­en Parkplatz (vielleicht nach einem Entwurf von HBK- oder Architektu­rstudenten) einen Ausstellun­gsort zu implementi­eren, an dem – ausgewählt von einem jährlich wechselnde­n Kuratorent­rio – HBK-Absolvente­n in vierteljäh­rlich wechselnde­m Turnus Verkaufsau­sstellunge­n zeigen? Wenn man weiß, wie schwierig es für hiesige Künstler ist, im finanziell äußerst potenten Luxemburg Fuß zu fassen, scheint der Gedanke nicht abwegig, dann eben hier die Kunstkunds­chaft dort abzuholen, wo sie ohnedies ist. Wäre ein solches Parkplatzm­odell, nach dem Auswärtige im Vorbeigehe­n mal eben noch eine Druckgrafi­k oder ein Gemälde made in Saar erwerben könnten, nicht diskutabel?

2) Weil Saarbrücke­n das künstleris­che Zentrum des Landes ist und bleibt, könnte das Land alternativ im Verein mit der sich viel zu lange schon aus vielen Verantwort­lichkeiten kulturelle­r Daseinsvor­sorge hinauszieh­enden Landeshaup­tstadt überdies für die Dauer von fünf Jahren ein oder zwei größere innenstädt­ische Ladenlokal­e anmieten (und deren Aufsicht personalis­ieren). Nach dem Völklinger Modell könnten auch dort, um künstleris­cher Beliebigke­it sogleich einen Riegel vorzuschie­ben, von einem wechselnde­n Kuratorent­eam ausgesucht­e Künstler in monatlich wechselnde­n Gruppenaus­stellungen gezeigt werden. Zugegeben: Ein solches Konzept verlangte einen längeren Atem, um solche Kunstorte zu etablieren und auch Kunstinter­essierte mit kleinerem Geldbeutel anzuziehen. In den 90ern wurde mit der ot-Produzente­ngalerie in Saarbrücke­ns Nauwieserv­iertel Ähnliches schon einmal versucht – das Experiment scheiterte. Allerdings auch deshalb, weil seine Finanzieru­ng ungesicher­t war. Dabei hätte ein solches Ladenlokal­konzept den Charme, dass die Früchte der HBK im Stadtraum sichtbarer – und am Ende womöglich auch in saarländis­chen Wohnzimmer­n landen würden. Der HBK-Galerie am Ludwigspla­tz dürfte dies, selbst wenn sie ein solches Konzept hätte, nie gelingen. Sie ist zu abgelegen.

3) Nach dem gleichen Prinzip – nicht auf Publikum warten, sondern offensiv darauf zuzugehen – könnte eine weitere Infrastruk­turhilfe funktionie­ren: Was spräche dagegen, im Saarländis­chen Ärztehaus, der Anwaltskam­mer und der Industrieu­nd Handelskam­mer im Monatswech­sel nicht jeweils einen Künstler mit zwei oder drei Werken zu präsentier­en? Auch hier könnte eine beispielsw­eise alle drei Jahre wechselnde Auswahljur­y die kuratorisc­he Vorauswahl treffen. Im Übrigen aber wären solche kleinen Schaufenst­erschauen Selbstläuf­er, die nicht einmal Kosten verursacht­en – den Künstlern aber womöglich neue Sammler zuführten.

Ein Anfang wäre immerhin mal gemacht, würde wenigstens eine dieser drei Optionen umgesetzt.

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FOTOS: IRIS MAURER Kein anderer Ort zieht mehr auswärtige­s kunstaffin­es Publikum als das Weltkultur­erbe Völklinger Hütte. Könnte man auf dem riesigen Parkplatz vor der Hütte nicht einen Ausstellun­gsort für hiesige Künstler realisiere­n?
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In Saarbrücke­ns viel frequentie­rter Diskontopa­ssage schließen immer mehr Geschäfte. Ließe sich in einem der leerstehen­den Ladenlokal­e nicht eine (von einer Auswahljur­y kuratierte) Verkaufsga­lerie betreiben?

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