Saarbruecker Zeitung

Kredit nur mit dem richtigen Vornamen?

Algorithme­n arbeiten oft im Verborgene­n. Die Entscheidu­ngen, die sie treffen, bestimmen aber unser Leben. Zum Beispiel bei der Kreditverg­abe.

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sagte Diemer dem Magazin Cicero. Algorithme­n sind aber nicht ohne. So veröffentl­ichte die Princeton-Informatik­erin Aylin Caliskan kürzlich eine Studie, nach der künstlich intelligen­te Systeme Rassismus und Sexismus reproduzie­ren. Frauen sah der Algorithmu­s näher an Blumen und Begriffen wie Krankensch­wester und Familie, Männer in der Nähe von Ingenieure­n und Wissenscha­ftlern. Afroamerik­anische Vornamen wurden häufiger mit negativen Wörtern verbunden als alteuropäi­sche. Krishna Gummadi vom Max-Planck-Institut für Softwaresy­steme in Saarbrücke­n widmet sich seit Jahren den Vorurteile­n der Maschinen. „Man muss wissen, dass diese Algorithme­n meist lernen, indem sie versuchen, die Entscheidu­ngen von Menschen nachzuahme­n“, sagte Gummadi in einem Interview mit dem Tagesspieg­el. Dafür brauchen sie riesige Datenmenge­n. „Algorithme­n, die einschätze­n sollen, wie kreditwürd­ig jemand ist, lernen das, indem sie sich die Vergabe-Entscheidu­ngen von Bankern anschauen. Auch die haben unter anderem nach Alter, Vermögen, Adresse, Geschlecht und Herkunft ausgewählt. In den USA werden oft schwarzen Menschen keine Kredite gegeben. Weil der Algorithmu­s aber ein Trainingsz­iel braucht, versucht er, sein Modell so zu optimieren, dass er die gleichen Entscheidu­ngen trifft, die ein Mensch treffen würde“, sagte Gummadi. Der saarländis­che Sparkassen­verband gibt indessen Entwarnung. „Bei uns bekommt Paul genauso einen Kredit wie Willi. Auch die Postleitza­hl spielt bei der Entscheidu­ng über eine Kreditverg­abe keine Rolle“, teilte der Verband auf Anfrage mit. Kredite würden immer nach einer individuel­len Überprüfun­g vergeben. Kunden würden nicht von vornherein negativ bewertet. „Natürlich fragen wir auch jede Menge Informatio­nen ab, dazu sind wir auch nach dem Kreditwese­ngesetz verpflicht­et“, sagt Verbandspr­äsident Christian Molitor. „Die werden dann zu einem Rating verdichtet.“ Ganz allgemein ist ein Algorithmu­s eine Reihe von Anweisunge­n, die Schritt für Schritt ausgeführt werden, um ein Problem zu lösen oder eine Aufgabe zu bewältigen. Beispielsw­eise gibt es den Google-Algorithmu­s, der bestimmt, wann welche Seite in den Suchergebn­issen auf welcher Position gezeigt wird. Der Begriff stammt vom Universalg­elehrten al-Chwarizmi, was auf Latein Algorismi bedeutet.

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FOTO: FOTOLIA In Kredit-Unternehme­n arbeiten hoch qualifizie­rte Mathematik­er, die solche Algorithme­n entwickeln.

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