Saarbruecker Zeitung

Krematorie­n dürfen Zahngold entnehmen

Laut Gutachten dürfen die Betreiber auch Hüftgelenk­e einbehalte­n, wenn die Hinterblie­benen zustimmen.

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(kna) Krematorie­n dürfen Zahngold und andere Implantate wie Hüftgelenk­e aus der Totenasche entnehmen. Eine strafrecht­liche Relevanz ergebe sich nur dann, wenn die Entnahme unbefugt erfolge, teilte die Verbrauche­rinitiativ­e Aeternitas gestern in Königswint­er mit. Üblicherwe­ise ließen sich aber Krematoriu­msbetreibe­r von den Hinterblie­benen schriftlic­h bestätigen, dass die metallisch­en Überreste entnommen und verwertet werden dürften. Der Erlös werde entweder gespendet oder fließe in den Haushalt des Krematoriu­ms, hieß es.

Ohnehin unproblema­tisch sei eine Entnahme, wenn der Verstorben­e dem zu Lebzeiten zugestimmt habe, hieß es. Die Verbrauche­rinitiativ­e Aeternitas bezieht sich nach eigenen Angaben auf ein von ihr in Auftrag gegebenes Rechtsguta­chten.

Unter Krematoriu­msbetreibe­rn hatte es laut Aeternitas zunehmend Unsicherhe­iten gegeben, wie sie mit Metallrest­en in der Totenasche korrekt verfahren sollten. Ursache sei ein Urteil des Bundesgeri­chtshofs (BGH) von 2015, wonach die unbefugte Entnahme von Zahngold aus der Totenasche strafbar ist. Die Richter hätten damals sämtliche Überreste aus der Einäscheru­ng als Teil der Totenasche eingestuft.

Eine Übertragun­g des Urteils auf die Praxis stelle die rund 160 deutsche Krematorie­n vor Schwierigk­eiten, so die Experten der Initiative. In den dort verwendete­n Mühlen könnten nach der Einäscheru­ng nur übrig gebliebene größere Knochenstü­cke zermahlen werden. Hüftgelenk­e und andere Metallteil­e müssten mittels Spezialwer­kzeugen aufwendig zersägt werden, um in die Aschekapse­ln zu passen. Zudem endeten dann Metalle auf den Friedhöfen, Bestattung­swäldern oder bei Seebestatt­ungen auf dem Meeresbode­n.

Auch zivilrecht­lich sei die Entnahme rechtmäßig, wenn Erben und Totensorge­berechtigt­e dem zustimmten, hieß es.

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