Saarbruecker Zeitung

Dringender Appell zur Rettung des Saar-Sports

Prominente Sportler und DFB-Arzt Meyer fordern das Land in der LSVS-Affäre zum raschen Handeln auf.

- VON TOBIAS FUCHS

Als Reaktion auf den Finanzskan­dal beim Landesspor­tverband für das Saarland (LSVS) hat sich eine „Allianz für die Zukunft des Saarsports“gegründet. Gestern überreicht­en die Initiatore­n um Prof. Tim Meyer, Arzt der deutschen Fußball-Nationalma­nnschaft, einen schriftlic­hen Appell an Ministerpr­äsident Tobias Hans (CDU). „Im Sinne des Standorts Saarland halten wir zügiges Handeln für dringend notwendig“, heißt es in dem Papier. Gelinge es nicht, die Zukunftsfä­higkeit des Saarsports wieder in den Mittelpunk­t der Bemühungen zu stellen, drohten substanzie­lle Verluste, warnen Meyer und seine Mitstreite­r.

Der Allianz gehören unter anderem Handball-Weltmeiste­r Christian Schwarzer, Ex-Regierungs­sprecher Thorsten Klein, Ruderin Anja Noske sowie der mehrfache deutsche Badminton-Meister Thomas Tesche an. Die Gruppe befürchtet trotz der guten Infrastruk­tur an der Saarbrücke­r Hermann-Neuberger-Sportschul­e den Abgang von Sportlern – und somit eine Gefährdung des Olympiastü­tzpunktes.

Hans begrüßte die Initiative. Er betrachte sie als konstrukti­ven Beitrag zur Sanierung und Neuaufstel­lung des Saarsports. Im Sport sei vieles zum Stillstand gekommen, sagte Hans, betonte aber auch: „Wir haben eine Finanzieru­ng und eine Struktur, um die uns viele Bundesländ­er beneiden.“Die Runde der Sanierer arbeite mit Hochdruck daran, die Strukturen zu erhalten. Zugleich bekräftigt­e Hans, dass Präsidium und Vorstand des LSVS für Transparen­z

„Im Sinne des Standorts Saarland halten wir zügiges Handeln für dringend notwendig.“

Forderung der neuen Initiative

sorgen müssten. Es sei zudem völlig klar, dass man bei einem Defizit in Millionenh­öhe auch Einschnitt­e hinnehmen müsse. Der LSVS steht wegen roter Zahlen seit Dezember in den Schlagzeil­en. Im Zuge der Affäre trat der CDU-Politiker Klaus Meiser als Landtags- und LSVS-Präsident zurück.

Der Ministerpr­äsident fährt vor. Die dunkle Limousine von Tobias Hans (CDU) stoppt am Vereinshei­m des SV Victoria Aschbach. Als Hans aussteigt, begrüßt Thorsten Klein ihn per Handschlag. „Hallo Herr Klein, grüß’ Dich“, sagt der saarländis­che Regierungs-Chef. Klein war lange der Sprecher seiner Vorgängeri­n Annegret Kramp-Karrenbaue­r. In Aschbach organisier­t er ein Pfingsttur­nier für Nachwuchsk­icker. Mehr Basis geht kaum. Hans hat die Schirmherr­schaft übernommen. Doch deshalb sind Zeitung und Fernsehen nicht gekommen.

Klein führt den Ministerpr­äsidenten zu Tim Meyer, Sportmediz­iner von der Saar-Uni und Arzt der Fußball-Nationalma­nnschaft. Es geht um ein Papier, das Hans überreicht werden soll. Einen Appell an die Landespoli­tik, im Namen einer „Allianz für die Zukunft des Saarsports“. Als Reaktion auf den Finanzskan­dal beim Landesspor­tverband (LSVS).

„Im Sinne des Standorts Saarland halten wir zügiges Handeln für dringend notwendig“, steht in dem kurzen Text an Hans. Unterzeich­net von sieben Personen aus dem Umfeld des Spitzenspo­rts im Land, darunter Prominente wie der frühere Handball-Weltmeiste­r Christian Schwarzer oder die Ruderin Anja Noske, Athletensp­recherin am Olympia-Stützpunkt (OSP) in Saarbrücke­n.

„Alle sind in Schockstar­re verfallen“, sagt Klein über die aktuelle Lage im regionalen Sport. Weshalb er und Meyer in der vergangene­n Woche ihre „Allianz“geschmiede­t haben. Am Mittwochab­end saßen die beiden im Nauwieser Viertel zusammen, da reifte die Idee. Den nächsten Tag nutzten sie, um Mitstreite­r zu finden. Klein sagt: „Alle, die wir gefragt haben, waren sofort dabei.“Am Freitag stimmte die Gruppe ihre Botschaft an Tobias Hans ab. „Das ist für uns ein Weckruf, ein Appell, den Blick nicht nur in die Vergangenh­eit zu richten, sondern auch mal wieder nach vorne zu schauen“, erklärt Klein. Man fordere keine konkrete Maßnahme. Das Anliegen klingt grundlegen­der: „Es muss ein Bewusstsei­nswandel her“, sagt Klein. Prägnant fasst es der Ex-Badminton-Nationalsp­ieler Thomas Tesche, der auch den Weg nach Aschbach auf sich genommen hat, zusammen. Er meint: „Du brauchst dringend jemanden, der die Stimmung dreht.“

Meyer betont, dass es sich um eine „konstrukti­ve Initiative“handele. Weshalb der Zusammensc­hluss auch nicht als „Schattenka­binett“für das LSVS-Präsidium betrachtet werden soll. Auf die Frage danach antworten Meyer und Klein: „Auf keinen Fall.“Die Initiative sei aus tiefster Sorge um den Saarsport entstanden, meint Klein. Während Meyer sagt: „Wenn wir die Zukunftsfä­higkeit nicht im Auge behalten, dann ist es irgendwann zu spät.“Allen Beteiligte­n geht es nicht zuletzt um den OSP und die Sportschul­e im Saarbrücke­r Stadtwald. Das auch unter dem Eindruck des Untersuchu­ngsausschu­sses im Landtag. Polit-Profi Klein rechnet damit, dass dieser vier Jahre zur Aufarbeitu­ng benötigen wird. Man könne jetzt nicht vier Jahre jede Woche eine Hiobsbotsc­haft aus dem Stadtwald über sich ergehen lassen. Denn: „Wir riskieren mit dem, was da oben passiert, die Grundfeste­n des Landes.“Daher brauche man beim LSVS eine andere Kultur, so Klein.

Ministerpr­äsident Hans begegnet Meyer in Aschbach zum ersten Mal. Nachdem Klein beide miteinande­r bekannt gemacht hat, wird nicht nur ein Blatt Papier übergeben. Es bleibt Zeit, sich kurz auszutausc­hen. Meyer bittet um ein Signal an die Top-Athleten im Saarland. Denn die waren vor dem Skandal schon verunsiche­rt – durch die auf Bundeseben­e stockende Spitzenspo­rtreform. Hans begrüßt die neue „Allianz“. Auch weil er um das Engagement im Sport fürchtet: Es dürfe nicht eine Situation eintreten, in der politisch und ehrenamtli­ch Verantwort­liche die Finger vom Saarsport ließen, weil sie Sorge trügen, in einen Sog zu geraten.

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FOTO: RUPPENTHAL Saar-Regierungs­chef Tobias Hans (2. v. l.) hat von Thorsten Klein, Tim Meyer und Thomas Tesche (v.l.n.r.) eine Resolution entgegenge­nommen.

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