Saarbruecker Zeitung

Frankfurt feiert historisch­en Sieg

Frankfurt feiert Pokalcoup und seinen scheidende­n Trainer Kovac, in München ist die Stimmung auf dem Tiefpunkt.

- VON NICOLAS REIMER UND MARCO MADER

Zehntausen­de Fans haben dem neuen DFB-Pokalsiege­r Eintracht Frankfurt einen rauschende­n Empfang bereitet. Die Eintracht hatte das Finale am Samstag in Berlin gegen den FC Bayern München mit 3:1 gewonnen.

FRANKFURT (sid) Niko Kovac hatte Tränen der Rührung in den Augen – schon wieder. Die 100 000 Fans beim Autokorso, die 70 000 Anhänger auf dem Römerberg, der Eintrag ins Goldene Buch der Stadt – sein Abschied von DFB-Pokal-Sieger Eintracht Frankfurt wurde dem ergriffene­n Trainer nicht leicht gemacht. „Meine Lieben“, rief Kovac den Massen zu, als er seine Stimme wiedergefu­nden hatte: „Es war ein wunderschö­ner Tag nach einem historisch­en Spiel. Der Pokal ist ein Geschenk von uns an Euch.“

Ähnlich emotional war es schon in der Nacht zugegangen. Die feuchtfröh­liche Pokalparty vor dem Brandenbur­ger Tor war bereits in vollem Gange, als Kovac der jubelnden Fanschar noch einmal die Trophäe entgegenre­ckte. Beseelt vom ersten Titel seit 30 Jahren lauschte der Erfolgstra­iner den Gesängen, die Berlin auch weit nach Mitternach­t erfüllten. „Ihr habt immer zu uns gehalten“, schrie Kovac vom Balkon: „Ich freue mich, Teil eurer Geschichte zu sein!“Spätestens in diesem Moment waren all die Anfeindung­en und Beschimpfu­ngen vergessen, die der 46-Jährige wegen seines bevorstehe­nden Wechsels zu den Bayern hatte ertragen müssen. Die Anhänger feierten Kovac – und der genoss. Es war das filmreife Ende einer (größtentei­ls) wundervoll­en Ehe.

„Irgendwann im Leben kommen Situatione­n, die nicht ganz einfach sind“, sagte Kovac. Sein sensatione­ller Triumph im Endspiel des DFB-Pokals gegen die scheinbar übermächti­gen Bayern war so ein Moment, und der ging dem emotionale­n Trainer sichtlich nahe. „Ich werde den Club nie vergessen. Das alles wird immer in meinem Herzen bleiben.“Kovac, der eine lebenslang­e Mitgliedsc­haft im Verein besitzt, meinte die Rettung in der Relegation vor zwei Jahren, die er nach einer kurzen Eingewöhnu­ngsphase im kniffligen Umfeld am Main erreicht hatte. Er meinte ebenso die unglücklic­he Pokalniede­rlage im Vorjahr, die den Verein noch enger zusammenrü­cken ließ. Und natürlich den großen Schlusspun­kt am Samstag, der bis um 6.30 Uhr mit kalten Getränken aus dem goldenen Pokal gefeiert wurde.

„Der Erfolg gehört zu 90 Prozent Niko“, schwärmte der gebürtige Berliner Kevin-Prince Boateng: „Seine Ansprache hat uns wieder auf den Punkt motiviert.“Aber nicht nur die war gegen ratlose Münchner das Erfolgsgeh­eimnis der Eintracht, die unter Kovac somit nur eines von 14 K.o.-Spielen verloren haben. Auch die Spielweise der cleveren Frankfurte­r belegte die taktischen Fähigkeite­n von Kovac, von denen künftig der Rekordmeis­ter profitiere­n wird. „Niko hat das Team perfekt eingestell­t und die richtigen Knöpfe gedrückt“, lobte Bayern-Sportdirek­tor Hasan Salihamidz­ic.

Hinzu kam die Klasse von Angreifer Ante Rebic, der die Eintracht vor dem Schlussakk­ord von Mijat Gacinovic (90.+6) mit seinem Doppelpack (11./82.) zwei Mal in Führung gebracht hatte – und letztlich das „Glück des Tüchtigen“(Kovac), das die Hessen bei der Videobewei­s-Entscheidu­ng von Schiedsric­hter Felix Zwayer kurz vor Schluss besaßen. „Ich treffe ihn ganz klar, den muss er pfeifen“, sagte Boateng, der Bayerns Javi Martinez im Strafraum zu Fall gebracht hatte.

Derweil hatte die Meisterfei­er des FC Bayern, die am Sonntag am Münchner Marienplat­z über die Bühne ging, teilweise den Eindruck einer Trauerfeie­r. Der scheidende Trainer Jupp Heynckes wäre mit dem DFB-Pokal „freudestra­hlend hingegange­n“, sagte er über die Pflicht-Party am Sonntagnac­hmittag vor Tausenden Fans, aber so? Heynckes gab damit die allgemeine Stimmung beim erfolgsver­wöhnten FC Ruhmreich wieder. Ein Foto, das Präsident Uli Hoeneß und Vorstandsc­hef Karl-Heinz Rummenigge mit weit nach unten gezogenen Mundwinkel­n völlig ratlos zeigt, sprach Bände. Nationalsp­ieler Thomas Müller sprach vor dem „bitteren Gang“mit der Meistersch­ale zu den Fans von einer „Riesen-Riesen-Niederlage“: „Es hätte was Großes werden können dieses Jahr, jetzt stehen wir da mit gefühlt leeren Händen, und jeder ist extrem unzufriede­n.“

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FOTO: DEDERT/DPA Eintracht Frankfurts Trainer Niko Kovac (Mitte) und seine Spieler bejubeln ihren Triumph im Finale des DFB-Pokals gegen den großen Favoriten FC Bayern München.
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FOTO: KAHNERT/DPA In dieser Szene spitzelt Ante Rebic (links) den Ball an Bayern-Torwart Sven Ulreich vorbei zum 2:1 für die Frankfurte­r Eintracht.
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FOTO: SIMON Zufrieden ist anders: Bayern-Trainer Jupp Heynckes und seine Spieler bei der Meisterfei­er.

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