Saarbruecker Zeitung

Das Vertrauen in die Behörden ist tief erschütter­t

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Eine Affäre zieht immer weitere Kreise. Ging es bei den unrechtmäß­igen Asylbesche­iden zunächst nur um den Bremer Ableger des Bundesamte­s für Migration und Flüchtling­e, so stehen jetzt zehn weitere Außenstell­en im Verdacht, ebenfalls manipulier­t zu haben. Und auch für das Bundesamt selbst wird es eng. In der Stammbehör­de hat man offenbar schon länger davon gewusst, dass es bei der Asyl-Erteilung nicht immer mit rechten Dingen zugeht. Doch statt Aufklärung dominierte dort offenbar die Sorge, öffentlich an den Pranger gestellt zu werden. Jetzt ist die Sache mit umso größerer Wucht in der Welt. Und die Affäre mausert sich zu einem handfesten Skandal, der die Republik noch eine ganze Weile in Atem halten dürfte.

Für den neuen Bundesinne­nminister Horst Seehofer ist das eine bedrohlich­e Situation. Wollte er doch mit positiven Nachrichte­n beim Thema Recht und Ordnung glänzen – und so auch bei der bayerische­n Landtagswa­hl im kommenden Oktober ein starkes Zeichen für seine CSU setzen. Nun droht daraus ein Rohrkrepie­rer zu werden. Das allgemeine Vertrauen in Behörden, die sich um eine geordnete Migration kümmern sollen, ist bis auf Weiteres tief erschütter­t. Zwar kann man Seehofer für die dubiosen Vorgänge im Bamf nicht direkt verantwort­lich machen. Denn sie datieren aus der Amtszeit seines CDU-Vorgängers Thomas de Maizière. Von seinen Unterstell­ten einschließ­lich der Chefetage im Bamf wurde Seehofer im Nachhinein aber offenbar nicht umfänglich informiert. Also entsteht der fatale Eindruck, dass da ein Minister wenig Autorität besitzt, dass er vorgeführt wird. Doch es geht ja nicht nur um die Reputation eines der wichtigste­n Kabinettsm­itglieder in der neuen Bundesregi­erung. Wenn auch die Zentrale des Bundesamte­s in dem Fall möglicherw­eise Dreck am Stecken hat, kann sie auch schwerlich selbst aufklärend wirken.

Umso mehr sucht auf diesem Feld nun die FDP zu punkten. Ihr Ruf nach einem parlamenta­rischen Untersuchu­ngsausschu­ss klingt konsequent. Zum jetzigen Zeitpunkt würde er jedoch kaum etwas nutzen. Schließlic­h sind die Vorwürfe des Asylmissbr­auchs und der Bestechlic­hkeit bereits Gegenstand juristisch­er Ermittlung­en. Vor einem Untersuchu­ngsgremium des Bundestags könnten Betroffene deshalb von ihrem Aussagverw­eigerungsr­echt Gebrauch machen. Ein weiteres Problem ist der konkrete Untersuchu­ngsgegenst­and. Die Liberalen wollen nicht nur die Missstände im Bamf unter die Lupe nehmen, sondern die gesamte Flüchtling­spolitik Angela Merkels, was stark nach Generalabr­echnung mit der Kanzlerin riecht.

Bei der AfD rennen sie damit offene Türen ein. Nicht aber bei Linken und Grünen, die sich in ihrer Flüchtling­spolitik fundamenta­l von der Abschottun­gsideologi­e der AfD unterschei­den. So wird der Skandal auch zum Schaulaufe­n der Opposition. Und die Populisten um Gauland & Co. haben dabei leichtes Spiel. Wirklich schlimm, was die mutmaßlich­en Rechtsbrec­her in den Migrations­behörden da angerichte­t haben.

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