Die Welt erschaffen bei den Perspectives
Das Stück war der Publikumsliebling beim Festival in Avignon. Heute und morgen ist „Germinal“von Halory Goerger und Antoine Defoort bei den Saarbrücker Perspectives zu sehen.
die heute, Dienstag, und morgen Abend beim Festival Perspectives im E-Werk zu sehen ist.
Mit Emile Zolas gleichnamigem Bergarbeiter-Roman hat sie rein gar nichts zu tun. 2012 war „Germinal“Publikumsliebling beim Festival Avignon, seitdem tourt es rund um den Globus. Und das so erfolgreich, dass Goerger und Defoort nicht immer mitkommen und für ihre Rollen auf der Bühne eine Doppelbesetzung einrichten mussten.
Wenn die zwei eine neue Produktion beginnen, fragen sie sich nicht: „Was könnten wir denn mal für ein Stück machen?“Vielmehr: „Wie kann man heutzutage Theater machen? Warum könnte das überhaupt in einem Theater stattfinden?“Auch die Grundsituation, warum Leute auf der Bühne stehen und sprechen und warum vor Zuschauern, wird hinterfragt.
Ihre Stücke entstehen denn auch direkt auf der Bühne, beim Proben, durch Improvisationen. Alle theatralen Mittel, die man nutze, sollten ein Grund haben, so das Credo der beiden. Goerger hat Informationswissenschaft und Literatur studiert, bevor er sich dem Theater und der Installation zuwandte, Defoort bildende Kunst. Beide realisierten ihre eigenen Projekte, bevor sie 2010 ihre Projektkooperative „Amicale de production“gründeten, und machen es auch weiterhin.
„Wir haben beide nie eine Theaterschule besucht, wir sind wie die Wilden los aufs Theater“, sagt Goerger. Das erkläre vielleicht ihre unorthodoxe, experimentelle Herangehensweise, glaubt er.
„Wir sind beide mit Jean-Luc Godards Kino groß geworden“, erzählt Goerger. Dessen experimentelle Autorenfilme, aber auch Comics und Tanzerneuerer wie Jérôme Bel hätten sie sehr geprägt.
Alles, was man fürs Theater an Kenntnissen und Fertigkeiten brauche, hätten sie sich selbst angeeignet, bis hin zu Licht, Ton, Bühnentechnik.
Halory Goerger Um frei darüber verfügen zu können. „Ich mag Theater, das nicht textzentriert ist, alles hat für mich den gleichen Stellenwert,“fügt Goerger hinzu.
Zurück zu Germinal: Da sei die Ausgangsidee gewesen, ein Stück zu schaffen, bei dem alle Ereignisse auf der Bühne ihren Grund haben und so miteinander verkettet sind, dass man die Entwicklung einer bestimmten theatralischen Form nachvollziehen kann. Dafür stellte man sich vier Personen vor, die in eine fremde leere Welt, gerade so groß wie die Bühne, geworfen werden und spann dann weiter: Was würden sie tun?
„Das erste, was sie erfinden, sind die Übertitel, damit sie ihre Gedanken sichtbar machen können“, gibt Goerger einen Hinweis. Alles folgt hier einer (Theater-)Logik, doch für den Zuschauer wird das Geschehen voller Überraschungen sein und voller Komik. „Wir haben es noch nie geschafft, ernste Stücke zu machen,“sagt Goerger und ist deswegen nicht traurig. Denn mit Humor könne man auch schwierige Dinge viel leichter erzählen.
„Wie kann man heutzutage Theater machen?“
Regisseur
„Germinal“von Halory Goerger & Antoine Defoort ist am heutigen Dienstag und am Mittwoch, 23. Mai, jeweils um 20 Uhr im E-Werk auf den Saarterrassen zu sehen. Die Theater-Performance in französischer Sprache mit deutschen Übertiteln dauert 75 Minuten. Es gibt noch einige Karten. Vorverkaufsbüro in der Fürstenstraße 5-7 (neben Karstadt), Tel. (0681) 93 85 56 00.