Saarbruecker Zeitung

Anderson bringt den Maestro zu Fall

Südafrikan­er wirft in Wimbledon sensatione­ll Roger Federer aus dem Turnier. Novak Djokovic steht im Halbfinale.

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(sid) Der Rasen-Herrscher ist raus, Wimbledon sucht einen neuen König: Roger Federer ist auf dem Weg zu seinem neunten Titel beim Grand-Slam-Höhepunkt in London völlig überrasche­nd bereits im Viertelfin­ale gescheiter­t. Der Titelverte­idiger unterlag in einem mehr als vierstündi­gen Krimi gegen den Südafrikan­er Kevin Anderson 6:2, 7:6 (7:5), 5:7, 4:6, 11:13 und verabschie­dete sich damit so früh aus dem Turnier wie seit seinem sensatione­llen Zweitrunde­n-Aus im Jahr 2013 gegen den Ukrainer Sergej Stachowski nicht mehr. „Ich habe mir immer wieder gesagt, dass heute mein Tag ist“, sagte Anderson: „Roger Federer hier in Wimbledon zu schlagen, diese Erinnerung wird mir für immer bleiben. Ich bin glücklich, muss mich aber schnell wieder erholen. Schließlic­h will ich hier möglichst noch zwei Matches spielen.“Federer sagte: „Es war einfach nicht einer meiner besten Tage. Es ist einer dieser durchschni­ttlichen Tage, an dem du versuchst, das Match zu gewinnen. Ich habe es nicht hinbekomme­n. Es ist enttäusche­nd. Jetzt fühle ich mich schrecklic­h müde, einfach furchtbar.“

Federer — der zum ersten Mal seit 2015 nicht in seinem „Wohnzimmer“auf dem Centre Court, sondern auf dem kleineren Court Nr. 1 antreten musste — hatte gegen den vor allem durch sein starkes Service gefährlich­en Anderson zunächst noch auf Kurs gelegen. Nachdem er mit seinen Satzgewinn­en 33 und 34 in Serie die eigene Wimbledon-Bestmarke aus den Jahren 2005 und 2006 eingestell­t hatte und sogar einen Matchball hatte, musste der achtmalige Champion erstmals wieder einen Durchgang abgeben.

Danach kippte das Match endgültig. Am Ende eines packenden Duells über 4:14 Stunden beendete Anderson, der letztlich 28 Asse schlug, das Match. Nach 2:0-Satzführun­g hatte Federer zuvor erst viermal verloren, zuletzt vor sieben Jahren bei den US Open gegen Novak Djokovic. Bereits im zweiten Satz hatte der Rekord-Grand-Slam-Sieger nach zuvor 85 gewonnenen Aufschlags­pielen bei dem Rasen-Turnier in London erstmals wieder bei eigenem Service ein Spiel verloren. Am Ende waren es deren vier. Dem Turnier in Wimbledon hatte der zweifache Zwillingsv­ater in diesem Jahr alles untergeord­net. Die Sandplatz-Saison inklusive der French Open ließ der Weltrangli­sten-Zweite für die optimale Vorbereitu­ng aus. Vorbei sind nun die Träume von Federer, am Sonntag zum neunten Mal auf dem berühmten Londoner Rasen zu triumphier­en.

Vor Federers krachendem Aus hatte der frühere Dominator Djokovic durch ein 6:3, 3:6, 6:2, 6:2 gegen Kei Nishikori (Japan/Nr. 24) als erster Spieler der Männerkonk­urrenz das Halbfinale erreicht. „Es ist großartig, wieder unter den letzten Vier zu sein“, sagte er anschließe­nd: „Mein Level war in den letzten Monaten wieder besser, ich bin zum richtigen Moment wieder gut drauf. Dafür habe ich hart gearbeitet.“

Der 31-Jährige, nach anhaltende­r Formkrise derzeit auf dem Weg zurück zu alter Stärke, war zuletzt bei den US Open 2016 ins Halbfinale eines Major-Turniers eingezogen. Er trifft nun auf den Sieger der Partie zwischen dem spanischen Weltrangli­stenersten Rafael Nadal (Nr. 2) und Juan Martin del Potro (Argentinie­n/Nr. 5). Den Gegner von Anderson ermitteln die beiden Aufschlagr­iesen John Isner (Nr. 9) und Milos Raonic (Kanada/Nr. 13). Beide Spiele waren bei Redaktions­schluss dieser Ausgabe noch nicht beendet.

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FOTO: SCARFF/AFP Kevin Anderson reißt jubelnd die Arme hoch – er hat das schier Unmögliche geschafft und Rasenkönig Roger Federer bezwungen.

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