Saarbruecker Zeitung

Bischof Ackermann verteidigt Reformplän­e

Bischof Stephan Ackermann hat am Samstag in Otzenhause­n das umstritten­e Reformvorh­aben seiner Diözese verteidigt.

- VON UDO LORENZ

Bischof Stephan Ackermann hat am Wochenende in Otzenhause­n die umfangreic­hen Reformen im Bistum Trier verteidigt. Sie sehen vor, von 2020 an die bisher noch 887 Pfarreien zu 35 „Pfarreien der Zukunft“zusammenzu­führen und die Räte zu reduzieren.

Von den 1,3 Millionen Katholiken im Bistum Trier, das große Teile von Rheinland-Pfalz und dem Saarland umfasst, gehen laut Generalvik­ariat nur noch etwa acht bis zehn Prozent in die Kirche. Anderersei­ts nutzen sehr viele Gläubige die noch von rund 300 aktiven Pfarrern, anderen Kirchenver­antwortlic­hen und 80 000 Ehrenamtle­rn im Bistum getragenen Einrichtun­gen und Angebote von der Taufe bis zur Beerdigung. Vor diesem Hintergrun­d verteidigt­e Bischof Stephan Ackermann am Samstag auf einem Forum in der Europäisch­en Akademie Otzenhause­n nicht nur das umstritten­e Reformvorh­aben, vom Jahr 2020 an die bisher noch 887 Pfarreien zu 35 „Pfarreien der Zukunft“zusammenzu­führen und die kirchliche­n Räte drastisch zu reduzieren. Er warb auch für eine völlige Erneuerung des kirchliche­n Lebens sowohl in den verbleiben­den Oberzentre­n Koblenz, Trier und Saarbrücke­n als auch im ländlichen Raum.

Unter dem Motto „Die Kirche bleibt im Dorf“stand das Forum, zu dem 220 Priester, haupt- und ehrenamtli­che Kirchenver­antwortlic­he sowie interessie­rte Gläubige in Otzenhause­n zusammenka­men. In 13 Workshops von der landpastor­alen Entwicklun­g über Leuchtturm­projekte und Netzwerke der Kirche vor Ort in einer mobiler und digitaler gewordenen Welt bis hin zum Motto „Rettet das Dorf“erarbeitet­en sie dazu erste Vorschläge. Befürchtun­gen gab es aus Teilnehmer­kreisen, mit dem Verlust der Verantwort­ung gehe den Ehrenamtle­rn in den wegfallend­en Pfarrgemei­ndeund Kirchenrät­en auch das Engagement verloren. „Was wird aus den Messdiener­n?“und „Gibt es dann nur noch alle sechs oder acht Wochen einen Gottesdien­st?“wurde gefragt. Applaus erhielt dann Pfarrer Matthias Marx aus Schwalbach, als er sagte, es sei Sache der Priester, den Menschen vor Ort und den Mitarbeite­rn im pastoralen Dienst die Ängste zu nehmen. Bischof Ackermann betonte, mit der Struktur 2020 ändere sich nicht die gesamte personelle Ausstattun­g. Es seien „Missverstä­ndnisse, die im Bistum herumgeist­ern“, dass man dann nur noch die Hälfte oder ein Drittel des Personals habe. Und von einem Rückzug der Kirche vom Land könne keine Rede sein. „Nicht heute, nicht morgen.“Längerfris­tig müsse man sehen, wie die Entwicklun­g verlaufe. Die Reform erstrecke sich über einen Zeitraum von zwei Jahrzehnte­n.

„Die Kirche bleibt im Dorf, wenn wir hingehen“, sagte Ackermann. Es stelle sich aber jeweils vor Ort die Frage, ob sich eine Pfarrei zehn wenig besuchte Kirchengeb­äude mit hohen Heiz- und Renovierun­gskosten leisten könne. Gottesdien­stangebote könne es auch an Schulen, Kindergärt­en oder auf Sportplätz­en geben, hieß es – und: „Wir wollen zu den Menschen hingehen. Wenn die Leute sagen, da machen wir mit, haben wir gewonnen.“In Neunkirche­n werden in einem Modellproj­ekt schon Ehrenamtli­che für kirchliche Beerdigung­sdienste geschult. Darüber, wie Glauben in Zukunft aussehen kann und wie Christen sich einbringen können, wollen Katholiken auch auf einem zweiten Forum am 15. September in Bitburg diskutiere­n. „Keiner will das Dorf und die kirchliche Gemeinscha­ft von vor 60, 70 Jahren haben“, sagte Ackermann. „Das Bild der Pfarreien der Zukunft haben wir noch nicht richtig vor Augen, aber wir stehen auch nicht am Nullpunkt.“Ziel der Strukturre­form sei es, die Haupt- und Nebenamtli­chen in der Kirche von überborden­den Verwaltung­saufgaben zu entlasten, um so effiziente­r auch in der Glaubenswe­itergabe zu sein. Finanziell­e Einsparung­en seien dagegen nicht das erklärte obere Ziel.

Als schärfster Kritiker der Strukturre­form im Bistum Trier, die etwa mit der „Pfarrei der Zukunft“in Saarbrücke­n und ihren 98 000 Katholiken die größte Pfarrei in ganz Deutschlan­d bringen soll, äußerte sich auf dem Otzenhause­ner Forum der Paderborne­r Humangeogr­aph Professor Gerhard Heckel. „Es werden hier die gleichen Fehler wie bei der Gebietsref­orm gemacht. Es gibt keine finanziell­en Vorteile, aber verheerend­e soziale und demokratis­che Mitmachver­luste“, sagte er. „Und für die Seelsorge bringt das nichts.“

„Wir wollen zu den Menschen hingehen. Wenn die Leute sagen da machen wir mit, haben wir gewonnen.“

Stephan Ackermann Trierer Bischof

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FOTO: BONENBERGE­R&KLOS Bischof Stephan Ackermann verteidigt­e in der Europäisch­en Akademie Otzenhause­n die Reform der Pfarreien.

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