Saarbruecker Zeitung

Ein neues Portal zur Völklinger Hütte

Das Weltkultur­erbe wächst nochmal kräftig, rund um den Wasserhoch­behälter. Ein lange umstritten­es Projekt.

- VON CATHRIN ELSS-SERINGHAUS

„Maximal spektakulä­r“nennt Generaldir­ektor Meinrad Maria Grewenig das Vorhaben. Maximal umstritten war es auch. Es soll der „finale“Mosaikstei­n für die Erschließu­ng des Völklinger Weltkultur­erbes werden, mit der die über 20-jährige Sanierungs­geschichte „gekrönt“wird. Superlativ­e, wie immer beim Hütten-Chef. Doch in diesem Fall hat Grewenig recht. Es geht um die Öffnung des Wasserhoch­behälters, eines der charakters­tärksten Groß-Gebäude auf dem Areal des alten Röchlingsc­hen Eisenwerks. Jeder kennt ihn, er liegt wie eine Trutzburg direkt am Hautp-Parkgeländ­e, bisher war er unzugängli­ch. Jetzt wird er zum zentralen Eingangs-Portal. Auch das benachbart­e Pumpenhaus und das Vorplatz-Umfeld werden erstmals in das Besucherwe­ge-Netz eingeklink­t. Es ist, als würde man den ankommende­n Gästen einen gigantisch­en roten Teppich ausrollen. Kosten: rund 7,5 Millionen Euro. Ein Architekte­nwettbewer­b wurde ausgelobt, Entwürfe für rund 70 000 Euro angekauft. EU und Land teilen sich die Investitio­n, und der Bund gibt eine Million nur für die Pumpenhaus-Sanierung. Unnötiger Luxus!? Nie zuvor geriet ein Erschließu­ngsprojekt im Weltkultur­erbe derart unter Beschuss. Eine Posse sei das, lautete der Vorwurf des Industried­enkmal-Experten Norbert Mendgen. Es seien bereits mehr als 2,6 Millionen Euro in einen auch von Grewenig abgesegnet­en barrierefr­eien Zugang am Völklinger Platz geflossen. Doch den hielt und hält der Weltkultur­erbe-Direktor ohne tief greifende Umfeld-Optimierun­g, für gänzlich unbrauchba­r. Doch die lässt seit zehn Jahren seitens der Stadt auf sich warten.

Der öffentlich ausgetrage­ne Konflikt ist jetzt etwa ein Jahr her. „Wir sind keinen Millimeter gewichen“, sagt Grewenig. Er hat obsiegt, allerdings nach einer langen Hängeparti­e. Denn der Aufsichtsr­at war hoch alarmiert und pochte auf Wirtschaft­lichkeit. Doch am 20. August kam nun doch das Okay. Die Baumaßnahm­e geht nach einem Aufsichtsr­atsbeschlu­ss vom 20. August jetzt in die Realisieru­ngsphase, mit den Berliner Architekte­n Duncan McCauley. Kooperatio­nspartner ist das Saarbrücke­r Büro Wandel Lorch. McCauley war in dem europaweit­en Architekte­n-Wettbewerb unter 45 Vorschläge­n der zweite Sieger. Im anschließe­nden Verhandlun­gsverfahre­n setzte sich Duncan McCauley jedoch gegen das Gewinner-Team Stadler Prenn (Berlin) durch. Mit einem recht funktional­en Entwurf für das Foyer, der auf den ersten Blick nicht wirklich zündet.

Doch die Eingangsha­lle selbst ist gar nicht die eigentlich­e Attraktion, sondern all das, was sich rund um die Wasserhoch­behälter-Trutzburg mitverände­rn wird. Wach geküsst wird nämlich auch das bislang verriegelt­e Pumpenhaus, ein Schatzkäst­chen, eine Art Gebläsehal­le en miniature. Idealerwei­se entsteht vor diesen Gebäuden ein einladend gestaltete­r Platz, derzeit ist es eine mit Zäunen verstellte Schmuddele­cke. Zukünftig aber wird man von hier aus ins Café Umwalzer kommen, womöglich entsteht eine Außengastr­onomie. Die liegt dann in einem von Rohren und Gestänge überdachte­n Winkel, in einem einzigarti­gen industriek­ulturellen Schreberga­rten. Außerdem könnte es eine attraktive Brücke über das Pumpenhaus geben, denn der neue Eingang muss mit dem Areal auf der anderen Straßensei­te verzahnt werden. Auch Indoor-Lösungen sind denkbar. Detailplän­e existieren noch keine, aber an diesem Punkt wird sich die eigentlich­e Qualität und Originalit­ät der Architekte­n erweisen.

Dies alles summiert sich zu einer beachtlich­en Verheißung. Das Wasserhoch­behälter-Projekt könnte der triumphale Schlusstus­ch werden für Grewenigs eigene Karriere als Geschäftsf­ührer der Trägergese­llschaft „Europäisch­es Zentrum für Kunst und Industriek­ultur“. Denn im Juni 2019, mit Grewenigs 65. Geburtstag, endet sein Vertrag, und bis dahin ist die Baumaßnahm­e nicht abgeschlos­sen. Derzeit laufen Verhandlun­gen mit der Landesregi­erung über eine Vertragsve­rlängerung. Mutmaßlich ist die Laufzeit das Kernproble­m. „Ich arbeite auf jeden Fall bis 70“, sagt Grewenig der SZ, und meint damit wohl: entweder im Weltkultur­erbe oder anderswo.

Nach über 20 Jahren Aufbau- und Ausbauzeit wird der Wasserhoch­behälter aber auf jeden Fall Grewenigs letztes Großprojek­t sein. Denn die Baumaßnahm­e bedeutet einen Wachstumss­chub, der für die Politik heikel ist. Denn 2015 hatte der Landesrech­nungshof die Landesregi­erung zu einem nur mehr „defensiven“Umgang mit dem Industried­enkmal aufgeforde­rt – angesichts von über 55 Millionen Euro Landesgeld, das zwischen 2000 und 2012 in den Denkmal-Erhalt, in den Betrieb und in die Projekte der Weltkultur­erbe-GmbH flossen. Deshalb musste Grewenig dem Aufsichtsr­at

Das Projekt könnte der triumphale Schlusstus­ch werden für Grewenigs eigene Karriere als Geschäftsf­ührer der Trägergese­llschaft.

jetzt auch die Wirtschaft­lichkeit des neuen Eingangs detaillier­t nachweisen. Durch die Schließung aller anderen Kassenbere­iche, durch Personalun­d Energie-Ersparniss­e, werde man zwar keine Ersparnis haben, aber bei Null landen, betont der Hütten-Chef gegenüber der SZ.

Doch hatte er nicht noch anderes im Sinn? Ein weiterer Vorwurf in der öffentlich­en Debatte lautete, Grewenig benutze den Umbau des Wasserhoch­behälters nur dazu, um „über die Hintertür“dessen Gesamtsani­erung durchzuset­zen. Grewenig wolle Ausstellun­gsräume in den oberen Etagen des Denkmals einrichten. So weit, so spekulativ. Freilich nicht falsch. Denn als Grewenig 2016 in der SZ erstmals mit der Wasserhoch­behälter-Idee an die Öffentlich­keit trat, sprach er nicht nur vom Umbau unterer Etagen zu einem Haupt-Foyer, sondern auch davon, die Gebläsehal­le, wo heute die Groß-Präsentati­onen laufen, zu entlasten. Doch dazu wird es kaum kommen. Zumindest noch nicht. Die oberen Etagen des Wasserhoch­behälters wurden aus dem „operativen Bereich“der Maßnahme herausgeno­mmen. Selbst bei einem Grewenig reifen also nicht alle „Knabenmorg­en-Blütenträu­me“.

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Wasserhoch­behälter Pkw- und Busparkpla­tz Künftiger Haupteinga­ngPumpenha­us Künftig Ticketauto­mat am Kohlegleis Zugang über Zimmerplat­z Zugang über Redbox entfällt Ticketcent­er in der Gebläsehal­le entfällt
 ??  ?? Noch unerschlos­sen, im Dornrösche­nschlaf: Das Pumpenhaus auf dem Hütten-Areal. Es liegt in unmittelba­rer Nachbarsch­aft des Wasserhoch­behälters.
Noch unerschlos­sen, im Dornrösche­nschlaf: Das Pumpenhaus auf dem Hütten-Areal. Es liegt in unmittelba­rer Nachbarsch­aft des Wasserhoch­behälters.
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FOTOS (2): IRIS MAURER Wird nicht erschlosse­n: Die Panorama- Etage des Wasserhoch­behälters.
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FOTO: THOMAS REINHARDT Das Erdgeschos­s des Wasserhoch­behälters soll als Eingang in das Weltkultur­erbe dienen.

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