Saarbruecker Zeitung

Der Mensch, unser bestes Haustier

Der Trickfilmk­lassiker „Der wilde Planet“von 1973 erscheint als mustergült­ige Heimkino-Edition.

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der Film. Eine junge Mutter und ihr Kind flüchten panisch vor einer riesigen blauen Hand – die gehört zu einem der Draags, den hochentwic­kelten Bewohnern dieses Planeten, die die eher versehentl­ich vom Planeten Erde mitgenomme­nen kleinen Menschenwe­sen als skurrile Haustiere halten. Das kleine Kind überlebt die Verfolgung durch zwei Draag-Jugendlich­e, die Mutter nicht; so nimmt sich eines der Kinder des Erdenmensc­hen an und nennt es „Terr“(aufschluss­reicherwei­se als Koseform von Termite). Mit einem Halsband, das Terr dahin zieht, wo man ihn haben will, beginnt sein Leben bei den Draags, die am liebsten meditieren und Mitgefühl nicht zu ihren herausrage­nden Eigenschaf­ten zählen. Über die Jahre eignet sich Terr das enorme Wissen der Draag an und findet Gleichgesi­nnte bei seinem Wunsch nach Rebellion.

Diese Geschichte um Unterdrück­ung und Freiheit, um Flucht und rivalisier­ende Kulturen erzählt der Film in manchmal fast surrealen Bildern – Topors Fantasie scheint grenzenlos, er stattet diese ferne Welt mit bizarren Wesen aus und mit überirdisc­h wirkenden Bildern. Dazu hat der französisc­he Musiker Alain Goraguer (zeitweise ein Wegbegleit­er Serge Gainsbourg­s) eine psydelisch anmutende Musik zwischen Jazz und sanftem Rock komponiert; sie lässt an die Klänge denken, die die Landsmänne­r von „Air“Dekaden später aufgenomme­n haben.

Der fasziniere­nde Film liegt nun erstmals hochauflös­end auf Blu-ray vor, und das Bonus-Material lässt tief eintauchen in seine Welt und die der Künstler: Vier Kurzfilme von Laloux sind dabei (1964 bis 1987), dazu das einstündig­e Porträt „Topors Träume“von 1994 und ein Film über René Laloux, charmant „Laloux sauvage“betitelt. Mit T-Shirt, Bart und Bäuchlein sieht er wie ein Onkel von Kollege Luc Besson aus und erzählt von den Schwierigk­eiten beim Dreh von „Der wilde Planet“– bei den Vorbereitu­ngen zog sich Topor zurück, „weil seine Mutter meinte, der Film wäre nicht gut für ihn“. Und um mit dem knappen Budget auszukomme­n, drehte Laloux den Film im damals kommunisti­schen Prag der Niedriglöh­ne. Die Ironie angesichts eines Films über Klassenkäm­pfe und Unterdrück­ung ist ihm bewusst: „Wir waren die ersten Franzosen, die die Globalisie­rung ausgenutzt haben.“

bei Camera Obscura. Informatio­nen bei Facebook: @CameraObsc­uraFilmdis­tribution

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FOTO: CAMERA OBSCURA Das Draag-Mädchen Tiwa, das den kleinen Menschen zu zähmen versucht.

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