Saarbruecker Zeitung

Box-Profi Mirco Martin steigt morgen in den Ring.

Für Mirco Martin spielt sein privates Umfeld eine wichtige Rolle. Sein Weg führt nach oben. Zwei Weltmeiste­r wollen gegen ihn boxen.

- VON MARCUS KALMES

Wenn er platt ist, wünscht er sich sein altes Leben zurück. Als er Stuckateur war. Und Hobby-Sportler. Mirco Martin war gerade wieder an dem Punkt. Als „in der härtesten Vorbereitu­ng meines Lebens“der Moment der totalen Erschöpfun­g gekommen war, „wollte ich nur noch heim“. Zu Freundin Lena Marie. Zu Hope und Peanut, zwei Französisc­hen Bulldoggen. Er wollte im eigenen Bett schlafen. Nicht in Karlsruhe, wo er trainiert. Die Profession­alisierung „war der richtige Schritt für mich“. Aber er braucht auch Nähe. Die seiner Liebsten. Sein Umfeld ist dem Fliegengew­ichtler wichtig.

„Trainer. Freundin. Mama. Papa. Opa. Bruder“, zählt der WBO-Europameis­ter auf. Ohne sie geht es nicht. Besonders bei einem Kampf braucht er sie um sich. „In der Hinsicht bin ich fast schon verweichli­cht“, plaudert der Mann mit Irokesen-Schnitt und Dynamit in den Fäusten aus dem Nähkästche­n. An diesem Freitag boxt er in der Palazzo-Halle in Karlsruhe. Der 26-Jährige war vor seinem auf zehn Runden angesetzte­n Kampf um Weltrangli­sten-Punkte gegen den Japaner Atsushi Kakutani zu Gast in der Saarbrücke­r SZ-Regionalre­daktion.

Der Besuch war am Tag vor „dem legendären Abschlusst­raining bei meinem Trainer Dominik Junge. Noch einmal zehn Runden alles raushauen. Wer das übersteht, hat es gepackt“, erzählt der in zwölf Profi-Kämpfen unbesiegte Obersalbac­her. Die Vorbereitu­ng dauerte drei Monate. Sie war akribisch. „Ich bin ein Perfektion­ist. Ich könnte mir selbst den Kopf abreißen, wenn im Training etwas nicht klappt.“Sie war anstrengen­d. 160 Sparrings-Runden standen an. So viele wie nie. Trotz der Schinderei sei es die beste Vorbereitu­ng gewesen, die er jemals gemacht hat. Nach dem Abschlusst­raining hatte die Quälerei ein Ende. Sein Körper soll in den letzten Tagen vor dem Kampf zu Kräften kommen.

Wiegen darf ein Profi im Fliegengew­icht maximal 50,8 Kilogramm. Auf sein Gewicht achten muss die deutsche Nummer eins in den letzten Tagen vor dem Kampf eigentlich nicht. „Ich kann alles essen, was ich möchte. Ich habe eine sehr gute Verbrennun­g“, erklärt Mirco Martin schmunzeln­d. Wie das bei seinem Gegner ist? Das weiß die Nummer 8 der WBO-Weltrangli­ste nicht.

Kakutani hat 19 von 26 Profi-Kämpfen gewonnen. Der 33-Jährige hat aber seit Juni 2017 nicht geboxt. Er ist in der Rangliste nicht mehr gelistet. Mirco Martin kennt ihn nur von Videos. „Kakutani ist ein schneller Mann und mehr als zehn Zentimeter größer. Er kann sich in dem einen Jahr nicht viel verändert haben. Die Japaner haben immer schnelle Hände. Ich will aus der Distanz boxen, kontrollie­rt Druck machen.“Dem Vorteil der größeren Reichweite des größeren Japaners will der 1,57-Meter-Mann mit einer geschlosse­nen Deckung entgegnen. „Und mich von Runde zu Runde rantasten und die Schlagfreq­uenz immer weiter erhöhen.“

Bis zu 350 Schläge lässt Mirco Martin pro Runde auf den Gegner einprassel­n. Das beeindruck­t in der Box-Welt. Das Management des in 13 Profi-Kämpfen unbesiegte­n und 26 Jahre alten WBC-Weltmeiste­rs Ken Shiro aus Japan zeigt Interesse an einem Duell. Auch das von Olympia-Teilnehmer Nico Hernandez (USA). Der 22-Jährige ist Weltmeiste­r des kleinen IBA-Verbandes und in fünf Profi-Kämpfen unbesiegt.

Ein WM-Duell ist der Traum von Mirco Martin. Dafür nimmt er die Schinderei gern in Kauf, die ihn bis an den Punkt bringt, an dem er sich sein altes Leben zurückwüns­cht.

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FOTO: IMAGO Mirco Martin (re.) besiegte auf seinem Weg an die Weltspitze Jozsef Ajtai aus Ungarn. „The Comet“, wie er gerufen wird, steht dicht vor einem WM-Duell.
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FOTO: IRIS MAURER Box-Profi Mirco Martin (hinten rechts) plauderte im SZ-Redaktions­gespräch in Saarbrücke­n aus dem Nähkästche­n.

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