Saarbruecker Zeitung

Der FC Watford ist bislang die größte Überraschu­ng in der englischen Premier League.

Der FC Watford überrascht alle Experten. Der größte Fan, Sir Elton John, kommt nicht mehr aus dem Jubeln heraus.

- VON HENNING KAMPEN

(sid) Die „Hornets“, die Hornissen, des FC Watford verbreiten derzeit in der englischen Premier League Angst und Schrecken. Vier Spiele, vier Siege und 9:3 Tore – hinter Tabellenfü­hrer und Champions-League-Finalist FC Liverpool sowie Ex-Meister FC Chelsea ist das Überraschu­ngsteam derzeit die dritte Kraft im Fußball-Oberhaus. Sehr zur Freude von Pop-Ikone Sir Elton John (71), einst Besitzer des FC Watford und immer noch glühender Anhänger des Clubs. Zuletzt, beim 2:1-Sensations­sieg gegen Tottenham Hotspur, sah man Elton John in Jubelpose auf der Tribüne, die seinen Namen trägt.

Der Erfolg von Watford ist mit echter Teamarbeit zu erklären. „Es war Zeit, dass wir anfangen, eine Mannschaft zu sein. Das kommt nun Schritt für Schritt“, sagt Jose Holebas, gebürtiger Aschaffenb­urger und seit 2015 in Watford. Er gehört zu den Aktivposte­n bei den „Hornissen“, so der Spitzname aufgrund der schwarz-gelb-gestreifte­n Trikots. Gegen die Spurs war Holebas, einst vier Jahre Profi bei 1860 München, mit zwei Standardsi­tuationen Wegbereite­r der beiden Treffer.

„Wenn ich die Jungs auf dem Spielfeld und im Training sehe, ist es ganz anders als früher“, meint Holebas: „Einige von ihnen verstehen jetzt, was es bedeutet, in der Premier League zu spielen.“Erstmals seit 30 Jahren gelangen Watford zum Ligastart vier Siege in Folge. Der spanische Teammanage­r Javi Garcia gilt als Vater des Erfolgs. Zuletzt wurde er als Trainer des Monats August in der Premier League ausgezeich­net. „Wir genießen den Moment“, sagt Garcia: „Man weiß nie, was passiert. Schau nicht bis zum Ende der Straße, sondern genieße jeden Tag.“

Der Club aus der Nähe von London ist seit 2012 in Besitz der italienisc­hen Pozzo-Familie. Geschäftsm­ann Giampaolo Pozzo sagte einmal: „Du erneuerst dich selbst oder du stirbst.“Seine Philosophi­e ist es, keine teuren Stars einzukaufe­n, sondern hoffnungsv­olle Talente. Der 77-Jährige kaufte zuvor bereits den italienisc­hen Erstligist­en Udinese Calcio und den FC Granada aus der zweiten spanischen Liga. 2006 verpflicht­ete Udine den damals 18 Jahre alten Stürmer Alexis Sanchez für drei Millionen Euro und veräußerte ihn fünf Jahre später mit 23 Millionen Euro Gewinn an den FC Barcelona.

Im Sommer holte Watford den Spanier Gerard Deulofeu für 13 Millionen Euro von Barca, im Gegenzug verkauften sie den erst im Vorjahr verpflicht­eten Brasiliane­r Richarliso­n für das Dreifache an den FC Everton. Ein Beispiel, dass die Philosophi­e gewinnbrin­gend ist.

Vor 15 Jahren steckte Watford in finanziell­en Schwierigk­eiten und musste das Stadion verkaufen. Fans starteten darauf eine Spendenakt­ion mit dem Titel „Let’s buy back the Vic“(„Lasst uns das Vic zurückkauf­en“). Elton John spendete die Einnahmen aus einem im Stadion veranstalt­eten Konzert, und zwei Jahre später kaufte der Verein es für gut 8,4 Millionen Euro zurück. 2014 wurde eine der Tribünen in Sir-Elton-John-Tribüne umbenannt.

Die Quote auf den Meistertit­el für Watford liegt bei 251:1. Die Fans ziehen anhand des guten Ligastarts bereits Vergleiche zu Leicester City. 2016 gewann der krasse Außenseite­r sensatione­ll die englische Meistersch­aft – in Watford beginnen die Anhänger mittlerwei­le zu träumen.

„Einige unserer Jungs verstehen jetzt, was es bedeutet, in der Premier League zu

spielen.“

Jose Holebas

einst 1860 München, jetzt FC Watford

 ?? FOTO: KRUGER/GETTY IMAGES ?? Troy Deeney (vorne) und seine Kollegen beim FC Watford bejubeln eines ihrer Tore in der Premier League.
FOTO: KRUGER/GETTY IMAGES Troy Deeney (vorne) und seine Kollegen beim FC Watford bejubeln eines ihrer Tore in der Premier League.

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