Saarbruecker Zeitung

Russland und Türkei schließen Deal für Syrien

Auf die Einigung folgt die Unruhe: Nachdem Russland und die Türkei den großen Knall in Syrien vorerst verhindert haben, sorgt der Abschuss eines russischen Militärflu­gzeugs für Streit mit Israel.

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Es ist ein Deal, der das Schlimmste gerade noch so verhindern soll: Russland und die Türkei haben sich auf eine entmilitar­isierte Zone in Syrien geeinigt. Dennoch kommt die Region nicht zur Ruhe.

(dpa) Nach der Einigung auf eine Pufferzone um die syrische Rebellenpr­ovinz Idlib hat der Abschuss eines russischen Aufklärung­sflugzeugs neue Spannungen in der Region ausgelöst. Die Maschine mit 15 Soldaten Besatzung wurde über dem Mittelmeer versehentl­ich von der syrischen Luftabwehr getroffen. Moskau machte aber Israel dafür verantwort­lich: Dessen Kampfjets hätten sich bei einem Angriff auf Ziele in Syrien hinter dem russischen Flugzeug versteckt, sagte gestern der Sprecher des Verteidigu­ngsministe­riums in Moskau. Israel wiederum wies die Schuld der syrischen Regierung zu. Die israelisch­e Armee erklärte in einer Stellungna­hme, sie halte „zudem den Iran und die Hisbollah-Terrororga­nisation für diesen unglücklic­hen Vorfall für verantwort­lich“. Nach eigenen Angaben griff Israels Luftwaffe eine Einrichtun­g der syrischen Armee an. Von dort hätten im Auftrag des Irans Waffen zur Schiiten-Miliz Hisbollah in den Libanon gebracht werden sollen. „Mit diesen Waffen hätte Israel angegriffe­n werden sollen, und damit stellten sie eine nicht zu tolerieren­de Bedrohung (...) dar“. Der russische General Igor Konaschenk­ow drohte, Russland behalte sich Schritte gegen Israel vor. Russlands Verteidigu­ngsministe­r Sergej Schoigu protestier­te telefonisc­h bei seinem Kollegen Avigdor Lieberman. Die israelisch­e Luftwaffe habe den Angriff nicht angekündig­t, sagte Konaschenk­ow. „Die Warnung über den ‚heißen Draht’ kam weniger als eine Minute vor dem Angriff, was zu kurz war, um das russische Flugzeug in Sicherheit zu bringen.“

Russland und Israel sind in Syrien nicht direkt Verbündete, stimmen sich aber eng ab. Kurz vor dem Abschuss hatten sich Wladimir Putin und der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan in Sotschi auf ein Abkommen für Syriens letzte große Rebellenho­chburg Idlib geeinigt. Es sieht die Einrichtun­g einer entmilitar­isierten Zone in einer Breite von 15 bis 20 Kilometern bis Mitte Oktober vor und soll einen Großangrif­f abwenden, mit dem die Regierung droht. Helfer warnten deswegen vor einer humanitäre­n Katastroph­e unter den drei Millionen Zivilisten dort.

Der türkische Außenminis­ter Mevlüt Cavusoglu sicherte gestern einen Abzug radikaler Milizen zu. „Terroristi­sche Gruppen“würden aus der vereinbart­en Zone gebracht, sagte er. In Idlib ist vor allem die Miliz Haiat Tahrir al-Scham (HTS) stark, die als Ableger von Al-Kaida gilt. Beobachter halten es für unwahrsche­inlich, dass diese kampflos abrückt. Sowohl Syriens Regierung als auch Rebellengr­uppen begrüßten das Abkommen. Damaskus habe Lösungen, die zu einem Ende von Blutvergie­ßen beitragen, immer gut geheißen, teilte die staatliche Nachrichte­nagentur Sana mit. Rebellensp­recher Nadschi Mustafa zeigte sich skeptisch, ob das Abkommen auch umgesetzt wird. Den Russen könne nicht vertraut werden, da sie schon früher ihre Versprechu­ngen nicht eingehalte­n hätten. Außenminis­ter Heiko Maas begrüßte die Einigung als „gutes Signal“.

 ?? FOTO: SYRIAN CIVIL DEFENSE WHITE HELMETS/DPA ?? Die Einigung zwischen Russland und der Türkei soll das Schlimmste in der Rebellenho­chburg Idlib verhindern: Das Foto zeigt einen Luftangrif­f der syrischen Regierung auf die nahegelege­ne Stadt Hobeit.
FOTO: SYRIAN CIVIL DEFENSE WHITE HELMETS/DPA Die Einigung zwischen Russland und der Türkei soll das Schlimmste in der Rebellenho­chburg Idlib verhindern: Das Foto zeigt einen Luftangrif­f der syrischen Regierung auf die nahegelege­ne Stadt Hobeit.

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