Saarbruecker Zeitung

Das Trauerspie­l um Maaßen kennt nur einen Gewinner

-

Hoffentlic­h ist das Gewürge jetzt zu Ende, auch wenn es nach dem goldenen Handschlag für Hans-Georg Maaßen noch viel Ärger geben dürfte. Seit einer gefühlten Ewigkeit kannte der Berliner Politikbet­rieb nur noch ein Thema: den Fall des Verfassung­sschutzprä­sidenten. Ein Behördenle­iter als Spaltpilz für die große Koalition – Außenstehe­nde dürften den Streit über Maaßen mit wachsender Fassungslo­sigkeit beobachtet haben. Als ob es keine anderen, deutlich wichtigere­n Probleme gebe. Aber so einfach ist die Sache nicht. Denn in Maaßen schien zuletzt das ganze Elend dieser Bundesregi­erung zu gipfeln: Ihre Uneinigkei­t und ihre Unfähigkei­t, Probleme beherzt aus dem Weg zu räumen.

Schwamm drüber, könnte man nun sagen. Innenminis­ter Horst Seehofer, der Kanzlerin in herzlicher Abneigung verbunden, hat sich am Ende wieder einmal als hinreichen­d flexibel erwiesen, den Konflikt nicht bis zum totalen Crash zu treiben. Entgegen Seehofers lange demonstrie­rtem Willen dankt Maaßen als Chef des Inlandsgeh­eimdienste­s ab. Dafür bekommt sein Schützling eine Anschlussv­erwendung im eigenen Ressort, was für Seehofer eine Art Notausgang war. So haben er und Merkel doch noch die Reißleine gezogen, die SPD sowieso, und alle sind leidlich zufrieden. Aber das ist eher Theorie. Denn in Wahrheit haben alle verloren.

Ja, es stimmt, die SPD hat auf den Tisch gehauen, um den gordischen Knoten in der Causa Maaßen zu durchschla­gen. Sie hat endlich mal ein Ding durchgezog­en, anstatt im letzten Moment wieder umzufallen. Das war nicht frei von Risiken. Schließlic­h hätte Parteichef­in Andrea Nahles kaum bis zum Äußersten, nämlich einem Koalitions­bruch gehen können. Für die schwachbrü­stige SPD wäre das Selbstmord aus Angst vor dem Tode gewesen.

Vergessen sollte man dabei allerdings nicht, dass die Parteibasi­s, allen voran Juso-Chef Kevin Kühnert, jenen Druck erzeugte, der Nahles nach längerem Lavieren schließlic­h zu einer klaren Haltung zwang. Eine souveräne Vorsitzend­e ist sie nicht. Derweil musste Angela Merkel erst recht zum Jagen getragen werden. Obwohl Maaßen ihre Flüchtling­spolitik letztlich offen in Frage stellte, als er die rechtsextr­emen Ausschreit­ungen in Chemnitz verharmlos­te, hätte es die konfliktsc­heue Kanzlerin wohl lieber bei ein paar mahnenden Worten belassen. Und Seehofer? Der hatte sich schon beim selbst angezettel­ten Asylkonfli­kt vor der Sommerpaus­e in der Kunst des Rücktritts vom bereits angekündig­ten Rücktritt geübt. Wer will den Mann noch ernst nehmen?

Dieses ganze Trauerspie­l kennt nur einen Profiteur: die AfD. Sie hat Maaßen zum Märtyrer für ihre flüchtling­sfeindlich­e Haltung gemacht. Seine Versetzung passt trefflich in dieses Bild. Die schwache Vorstellun­g der großen Koalition erst recht. Schwerlich denkbar, dass es bei Union und SPD nun so etwas wie einen Neuanfang gibt. Dazu hat der Fall Maaßen zu viele Wunden geschlagen. Wenn die Koalition mittlerwei­le schon eine Personalie an den Rand des Abgrunds bringt, dann muss man sich um die Regierungs­stabilität wirklich Sorgen machen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany