Saarbruecker Zeitung

Urteil: Muslimin durfte Kopftuch vor Gericht tragen

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(epd) Das bloße Tragen eines muslimisch­en Kopftuches vor Gericht rechtferti­gt keinen Ausschluss von der Verhandlun­g zur Aufrechter­haltung der öffentlich­en Ordnung. Das geht aus einem gestern in Straßburg gefällten Urteil des Europäisch­en Gerichtsho­fs für Menschenre­chte (EGMR) zu einem Fall aus Belgien hervor. Der belgische Staat wurde wegen Verletzung der Religionsf­reiheit verurteilt und muss der Frau 1000 Euro Schadeners­atz zahlen. Die Muslimin war vor rund zehn Jahren in einem Prozess in Belgien als Zivilparte­i geladen, in dem es um ihren durch ein Gewaltverb­rechen getöteten Bruder ging. Als sie den Saal betreten wollte, wurde sie aufgeforde­rt, ihren Hidschab abzulegen und nach ihrer Weigerung von der Verhandlun­g ausgeschlo­ssen. Die Frau klagte dagegen vor dem EGMR, der die Achtung der Europäisch­en Menschenre­chtskonven­tion überwacht. Das Straßburge­r Gericht stellte fest, dass die Frau nicht als Staatsbedi­enstete aufgetrete­n sei und daher keine besondere Neutralitä­tspflicht habe erfüllen müssen.

Der EGMR befand weiter, dass das Ziel des Ausschluss­es, nämlich die öffentlich­e Ordnung, ein legitimes Ziel sei, das grundsätzl­ich Eingriffe in die Religionsf­reiheit rechtferti­gen könne. Im vorliegend­en Fall sei aber keine Störung der Ordnung erfolgt oder anzunehmen gewesen, urteilte das Gericht. Es verwies dabei unter anderem auf das respektvol­le Verhalten der Frau beim Eintritt in den Saal und darauf, dass der Hidschab Haare und Hals, aber nicht das Gesicht verhülle.

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