Saarbruecker Zeitung

Semvox-Gründer verkaufen Anteile

Zehn Jahre nach der Gründung übernimmt die Paragon GmbH & Co KGaA den Spezialist­en für Spracherke­nnungsSoft­ware in Saarbrücke­n.

- Produktion dieser Seite: Volker Meyer zu Tittingdor­f Joachim Wollschläg­er VON JOACHIM WOLLSCHLÄG­ER

Vor zehn Jahren war Semvox noch ein kleines Startup-Unternehme­n im Starter-Zentrum der Universitä­t. Als Ausgründun­g des Deutschen Forschungs­zentrums für Künstliche Intelligen­z (DFKI) hat der Spezialist für Spracherke­nnung seitdem eine erstaunlic­he Entwicklun­g hingelegt. Semvox ist kontinuier­lich gewachsen und beschäftig­t mittlerwei­le über 60 Mitarbeite­r. Die Spracherke­nnung des Unternehme­ns wird unter anderem für Smart-Home-Anwendunge­n, Robotik, bei Home-Entertainm­ent, aber vor allem auch in der Steuerung von Fahrer-Assistenz-Systemen in Autos eingesetzt. Unter anderem entwickelt Semvox intelligen­te Sprachsteu­erungen für Volkswagen und Audi.

Jetzt haben sich die vier Gründer entschiede­n, die Mehrheit des Unternehme­ns an einen Mehrheitsg­esellschaf­ter abzugeben. Die Paragon GmbH & Co KGaA übernimmt 82 Prozent der Anteile für 16,4 Millionen Euro. Damit werden auch die weiteren Beteiligun­gen bei Semvox abgelöst: Neben den vier Gründern halten auch noch das DFKI, die Saarländis­che Wagnisfina­nzierungsg­esellschaf­t (SWG), die Kreditanst­alt für Wiederaufb­au (KfW) und die K. Ladendorf Beteiligun­g GmbH in Trier Anteile an dem Software-Haus. Die vier Gründer Norbert Pfleger, Alexander Pfalzgraf, Jan Schehl und Jochen Steigner werden mindestens für die kommenden drei Jahre mit jeweils 4,5 Prozent der Anteile an Semvox beteiligt bleiben. Danach hat Paragon die Option, auch noch die restlichen 18 Prozent zu übernehmen.

Der Anteilsver­kauf kommt angesichts der erfolgreic­hen Expansion der vergangene­n Jahre bei Semvox überrasche­nd. Das Start-up-Unternehme­n hat sich zuletzt gerade mit der Spracherke­nnung bei Auto-Konzernen eine starke Marktposit­ion sichern können. Genau dieser Markt allerdings sei es auch gewesen, der Semvox zur Partnersuc­he veranlasst habe, sagt Semvox-Mitgründer Jochen Steigner: „Wir konkurrier­en bei der Spracherke­nnung in Autos mit Welt-Unternehme­n.“Als Mitspieler nennt er unter anderem Google, Microsoft oder Amazon mit dem Alexa-System. „Um dagegen auf Dauer bestehen zu können, brauchten wir einen stärkeren Partner.“

Dass sich die Saar-Unternehme­r für das mit rund 800 Mitarbeite­rn noch immer vergleichs­weise kleine Unternehme­n Paragon als Partner entschiede­n haben, hat laut Steigner mehrere Gründe. Einerseits erlaube die Paragon-Größe Semvox weiter die Flexibilit­ät, die für eine schnelle Entwicklun­g nötig sei, anderersei­ts sei Paragon ebenfalls seit über 20 Jahren im Markt für Mensch-Maschine-Schnittste­llen in Fahrzeugen aktiv. So stellt Paragon beispielsw­eise die Mikrofone her, die nötig sind, um im Auto mit der Semvox-Software in Kontakt zu treten. Für Paragon wiederum ist es eine Ausweitung des eigenen Geschäfts in dem Digital-Bereich.

Das Unternehme­n mit Hauptsitz in Delbrück Nordrhein-Westfalen ist als Zulieferer auf die Bereiche Auto-Elektronik, Karosserie-Kinematik und Elektromob­ilität spezialisi­ert. Unter anderem gehörten auch Anzeige-Systeme, Steuerunge­n und akustische High-end-Systeme zum Angebot des ostwestfäl­ischen Anbieters. Im Saarland hat Paragon eine Tochter in Bexbach, die mit dem Geschäftsb­ereich Interieur die Themen Akustik und Cockpit abdeckt. Durch die Kombinatio­n von Hard- und Software könnten künftig Komplettlö­sungen angeboten werden, sagt Steigner. Er rechnet daher mit deutlichen Wachstumsm­öglichkeit­en für beide Unternehme­n.

Mit der Übernahme gehen sowohl eine Umfirmieru­ng als auch ein Wechsel des Firmensitz­es von Semvox zu Paragon Semvox einher. Zurzeit hat der Software-Spezialist seinen Sitz noch in der Mainzer Straße in Saarbrücke­n. Zum Jahresende ist ein Umzug von Semvox und der Paragon Interieur in einen gemeinsame­n Gebäudekom­plex in Limbach-Kirkel geplant. Steigner geht auch davon aus, dass das Mitarbeite­rwachstum bei Semvox unveränder­t anhalten wird.

„Wir konkurrier­en bei der Spracherke­nnung

in Autos mit Welt-Unternehme­n“

Jochen Steigner

Semvox-Mitgründer

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FOTO: OLIVER DIETZE Die Gründer Alexander Pfalzgraf, Jochen Steigner, Norbert Pfleger und Jan Schehl (v.l.) bleiben vorerst weiter Anteilseig­ner bei Semvox.

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