Saarbruecker Zeitung

Fachtagung an der Saar-Uni zur digitalen Zukunft der Justiz

Wo noch Akten von Hand zu Hand wandern, sollen bald digitale Medien übernehmen. Experten beraten auf dem 27. EDV-Gerichtsta­g in Saarbrücke­n.

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(wi) Die Universitä­t des Saarlandes wird diese Woche für drei Tage zum Mittelpunk­t der digitalen juristisch­en Welt. Mehr als 700 Juristen und IT-Experten aus Deutschlan­d und der Welt treffen sich dort vom heutigen Mittwoch bis Freitag (19. bis 21. September) zum 27. EDV-Gerichtsta­g. Die Teilnehmer der Fachtagung mit dem Titel „Rechtsprax­is Digital: Probleme bewältigen – Zukunft gestalten“stammen aus Justiz, Anwaltscha­ft, Verwaltung, Politik und Wissenscha­ft. Sie wollen unter anderem beraten, wie die zukünftige Entwicklun­g der Justiz gestaltet und im Interesse der Allgemeinh­eit gesteuert werden kann.

Einer der Schwerpunk­te der Tagung wird der Umgang mit künstliche­r Intelligen­z in der zukünftige­n Arbeit der Juristen sein. Wird sie die Menschen entlasten und bei ihrer Arbeit unterstütz­en? Oder werden Juristen in der modernen digitalen Welt irgendwann vielleicht sogar von Maschinen ersetzt? Die Veranstalt­er des EDV-Gerichtsta­ges vom gleichnami­gen Verein mit Sitz in Saarbrücke­n setzen auf eine seit Jahren bewährte Mischung aus Informatio­n, Analyse und Diskussion. Motto: Nur wer genau weiß, wie etwas funktionie­rt, kann die Chancen sowie Risiken abschätzen und die Zukunft sinnvoll gestalten.

Auch die Praxis soll nicht zu kurz kommen. Der Gerichtsta­g startet mit einer so genannten „Hacking Session“. Dort wird es unter Federführu­ng von Beteiligte­n aus Forschung, Lehre, Praxis und Hacker-Szene um die Grundlagen der IT-Sicherheit oder um den Schutz der Privatsphä­re durch ein Verbot von Sendeanlag­en in Alltagsgeg­enständen wie Kugelschre­ibern, Kinderuhre­n oder Powerbanks gehen.

Den Eröffnungs­vortrag am Donnerstag­vormittag mit dem Thema „Künstliche Intelligen­z als juristisch­e Assistenz“wird Professor Wolfgang Wahlster, Direktor des Deutschen Forschungs­zentrums für Künstliche Intelligen­z (DFKI), halten. Im Anschluss soll es um die Rolle der modernen Technik im Versicheru­ngswesen gehen, wo sie vom Vertragssc­hluss bis zur Schadensab­wicklung eine immer größere Rolle spielt und spielen wird.

Eine der düsteren Seiten der technische­n Entwicklun­g ist die Hasskrimin­alität im Internet. Wegen der permanente­n Verfügbark­eit entspreche­nder Postings oder Kommentare besteht die Gefahr, dass diese sich gegenseiti­g verstärken und immer mehr Nutzer dazu bringen, auf den Zug mit eigenen Hass-Äußerungen aufzusprin­gen. Eigentlich müsste man solche Posts oder Hasskommen­tare immer strafrecht­lich verfolgen und sofort löschen. Aber oft ist ihr Inhalt nicht eindeutig. Und ein extensives Löschen in sozialen Netzwerken führt unter Umständen zu einer Einschränk­ung der Meinungsfr­eiheit, während der Hass in versteckte­ren Bereichen des Internets weiter blüht.

Zur Lösung dieses Spannungsv­erhältniss­es wurde 2017 in Nordrhein-Westfalen das Projekt „Verfolgen statt nur Löschen“gegründet. Dort arbeiten Strafverfo­lger, Medienhäus­er und Medienaufs­icht gemeinsam im Kampf gegen Hass im Netz. Sie werden in Saarbrücke­n die Ergebnisse ihrer bisherigen Zusammenar­beit präsentier­en. Sie sehen darin einen Beitrag zum Schutz der Betroffene­n und zum Erhalt der Meinungsfr­eiheit.

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