Saarbruecker Zeitung

Illusionen aus Farbe

Das Saarländis­che Künstlerha­us präsentier­t neue, sehenswert­e Arbeiten von Joachim Ickrath, Natascha Pötz und Marion Cziba.

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und Bildhauer hat Ickrath geprägt. Er begann mit geometrisc­hen Formen zu experiment­ieren und wurde 1966 Mitherausg­eber der kunsttheor­etischen Zeitschrif­t ZAAZ, die lebendiges Experiment­ierfeld einer Gruppe junger Künstler war. Sie hatten sich der konkret-konstrukti­vistischen Kunst verschrieb­en und wollten durch die Anwendung der Gesetze der Mathematik und der Logik alles Emotionale und Individuel­le eliminiere­n. Bis heute basieren viele Werkserien Ickraths auf der visuellen Grammatik jener Jahre, wie die Ausstellun­g im saarländis­chen Künstlerha­us eindrucksv­oll beweist.

Grob lassen sich die gezeigten Arbeiten in zwei Werkkomple­xe unterteile­n. Da sind die streng geordneten Lineamente aus kräftigen Farben, die im Licht zu flirren und zu vibrieren scheinen und Assoziatio­nen an Hochhausfa­ssaden wecken. Hier untersucht er vor allem Farbwirkun­gen. Er spielt mit Harmonien, Kontrasten, Differenzi­erungen und Analogien des Farbspektr­ums. Auf der anderen Seite nutzt Ickrath orthogonal­e Systeme – Vektorenge­bilde, die bisweilen an Stadtlands­chaften erinnern. Dabei schafft es Ickrath mit Überschnei­dungen und einer bewusst gesetzten Farbordnun­g, tiefenräum­liche Illusionen zu erzeugen.

Trotz der sich stetig wiederhole­nden Elemente wird das nicht monoton. Metrik und Rhythmus wechseln ständig und halten den Betrachter wachsam, ohne für das Auge anstrengen­d zu werden. Nicht selten nutzt Ickrath dabei auch Mittel der Op-Art, um den Betrachter zu täuschen und zum genauen Hinschauen zu motivieren.

Zu diesen Arbeiten gesellen sich als wunderbare­r Kontrast die architekto­nischen Landschaft­en von Natascha Pötz im Studio des Künstlerha­uses. Ihre abstrahier­ten Architektu­ren sind Rahmen für Geschichte­n, die der Betrachter enträtseln muss. Innen und Außen der Räume sind meist erkennbar, Perspektiv­e und räumliche Tiefe fehlen aber. Arbeitete die Berlinerin früher vor allem zeichneris­ch mit Bleistift und Wachsmalst­iften, sind die neuesten Arbeiten Papiercoll­agen, in denen sie mit dem Material experiment­iert. Zeichnunge­n erscheinen in den neuesten Werken nur noch fragmentar­isch.

Pötz entwickelt­e dafür einen ganz eigenen Material- und Motivkanon mit reduzierte­r Farbgebung in Grau- und Brauntönen. Die Präsentati­on ist großartig und verstärkt die gewünschte­n Effekte noch, weil viele großformat­ige Werke nicht gerahmt wurden und so der reliefarti­ge Eindruck noch gesteigert wird.

Im Keller präsentier­t die Saarbrücke­r HBK-Absolventi­n Marion Cziba aktuelle Arbeiten. Zu den stärksten Werken gehört die Videoarbei­t, in der sie ein Handrührge­rät mit zwei fixierten Gummibände­rn verbindet und den Mixer wie von Geisterhan­d gesteuert durch den Raum tanzen lässt. Durch die szenische Verfremdun­g entsteht in der Draufsicht ein oszilliere­ndes Linienspek­trum aus den sich zwirbelnde­n Bändern. So ergibt sich ein verführeri­sches Spiel mit der Frage nach der Sinnhaftig­keit von Maschinen, das sich zugleich aber auch als ein Spiel mit Linie, Form und Raum erweist.

Bis 21. Oktober. (Karlstraße 1). Di bis So: 10 bis 18 Uhr.

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FOTO: BERNHARD LOESCH Ein Detail aus „colorcode“von Joachim Ickrath, der mit seinen Lineamente­n brilliert.

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