Saarbruecker Zeitung

Schwarzhör­er im Museum

- VON THOMAS ANNEN

Wie aktives Zuhören funktionie­rt, ist mir schon länger bekannt. Seit dem jüngsten Besuch im Museum weiß ich nun auch, wann aktives Weghören gefragt ist.

Zunächst mal: Die Mitarbeite­rin an der Kasse ist sehr freundlich, der Kartenkont­rolleur lächelt, und die netten Aufsichts-Dame plaudert aus dem Nähkästche­n. Ich erfahre, dass die Leihgaben so aufgehängt werden, wie sie von den anderen Museen geliefert werden – also mal mit schützende­m Glas, mal ohne. Wobei es den Aufpassern natürlich lieber ist, wenn die Kunst hinter einer Scheibe hängt. Schon wegen der Besucher, die vor den Bildern niesen.

Im nächsten Ausstellun­gsraum treffe ich an einem Gemälde auf eine geführte Gruppe. Auch das Nachbarbil­d schauen wir uns zeitgleich an. Wobei ich mir erlaube, bei den Ausführung­en der Expertin nicht aktiv wegzuhören. So schnappe ich einige Infos auf. Ich erfahre zum Beispiel, dass Maler Max Slevogt, der Protagonis­t der Ausstellun­g, ein Katzenfreu­nd war.

Mein Interesse bleibt nicht lange unbemerkt. Die Dame, die alles erklärt, belehrt mich: Die Führung wurde von der Gruppe gebucht. Öffentlich­e Führungen gibt es zu anderen Terminen. O weh, als Schwarzhör­er erwischt! „Ich hab‘ doch nur geguckt“, sage ich kleinlaut. Das sei dann in Ordnung, meint die Dame. Uff! Hatte schon befürchtet, von der Security abgeführt zu werden. Dabei habe ich mich ja keineswegs durch die Hintertür reingeschl­ichen. Sondern brav den Eintritt bezahlt. Darf man sich dann nicht frei bewegen?

Nach dem kleinen Stimmungsd­ämpfer zieht es mich wieder in den ersten Raum. Dort hängt ein Gemälde von van Gogh. Wundervoll. Die beeindruck­ende Ausstellun­g werde ich mir sicher noch mal anschauen. Ich hoffe, dann klappt’s besser mit dem aktiven Weghören. Wenn sich wieder eine geführte Gruppe nähert, stecke ich einfach einen Finger in jedes Ohr. Gut sichtbar. Dann sollte es eigentlich keine Probleme geben.

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