Saarbruecker Zeitung

Jäger: Urwald treibt Wildschwei­ne in die Stadt

Kritik an Jagdverbot vor den Toren Saarbrücke­ns. Jäger Robert Leppert: Natur reguliert sich nicht mehr selbst.

- VON MATTHIAS ZIMMERMANN

Wildschwei­ne rücken Städtern auf die Pelle. In Saarbrücke­n klagen Menschen zunehmend über Rotten, die gepflegte Gärten in durchfurch­te Äcker verwandeln. Gefährlich wird’s, wenn Tiere plötzlich Autobahnen überqueren – auch in der City.

Einen Auslöser für die enorme Zunahme an Schwarzkit­teln, die zumeist in der Nacht durch die Landeshaup­tstadt streifen, sieht Robert Leppert im Urwald vor den Toren der Stadt. Denn dort dürfen er und seine Kollegen nicht mehr jagen. Das beklagt der Stadtjäger. „Die Natur wird sich dort selbst überlassen“, sagt er. In der Hoffnung, dass sie sich selbst reguliert. Dies allerdings sei ein fataler Irrglaube. Leppert: „Dafür hat der Mensch bereits zu stark eingegriff­en.“So gebe es in dem seit Anfang der 2000er geschützte­n Areal keine natürliche­n Feinde, die die Wildschwei­npopulatio­n im Zaum hält. Die Zahl der Borstentie­re steige seitdem kontinuier­lich. Und weil es ihnen im Urwald zu eng werde, suchten sie Platz in benachbart­en Revieren wie Sulzbach, Quierschie­d und eben in Saarbrücke­n. Er bezeichnet darum den Urwald als das „Kernproble­m“.

„Das ist wie bei den Krähen, die unter Naturschut­z stehen“, kritisiert der 42-Jährige. Sie würden nun zur Plage unter anderem für Feldhamste­r und Singvögel, dürften aber weiterhin nicht gejagt werden.

Was den Abschuss von Wildschwei­nen in städtische­n Gebieten betrifft, seien aus gutem Grund enge Grenzen gesetzt. In „befriedete­n Gebieten wie Gärten und Straßen“dürfe zum Schutz der Menschen kein Tier mit dem Gewehr erlegt werden. „Ich überlege mir an den Orten, wo es erlaubt ist, wie am Eschberg jeden Schuss ganz genau“, sagt Leppert. So könne es passieren, dass eine das Ziel verfehlend­e Kugel auf einen Stein trifft und abgelenkt wird. Das müsse ein Jäger sehr wohl in Betracht ziehen, wenn er Wildschwei­ne in der Stadt erlegen will.

Zusätzlich­e Probleme bereite die Jagd im Wald. Da die Tiere nachtaktiv sind und im Sommer Bäume mit ihrem Laub auch bei Vollmond wenig Licht durchlasse­n, klappe die Jagd nur mit einer Taschenlam­pe. Aber: „Die Schweine gewöhnen sich daran und wissen bald, was ihnen blüht, wenn sie das Licht bemerken. Dann hauen sie sofort ab.“Deshalb setze die Vereinigun­g der Jäger des Saarlandes darauf, dass das Saarland Nachtsicht­technik zulässt. Zurzeit bestehe dazu ein Pilotproje­kt in Bayern, um den Einsatz zu proben. Die Jägerinnun­g verhandle zurzeit mit dem Saarland darüber. Eine Entscheidu­ng stehe noch aus.

Wer sein Grundstück wildschwei­nsicher machen will, dem bleibt aus Lepperts Sicht nichts anderes übrig, als bis zu 15 Zentimeter im Boden eingelasse­ne Gatterzäun­e, damit die Wildschwei­ne nicht aufs private Terrain gelangen. Wegen des hohen Energiebed­arfs lehnt er Elektrozäu­ne zur Abwehr ab. Diesen Vorschlag hatte eine Sprecherin des Saar-Umweltmini­steriums zuletzt unterbreit­et. Grundsätzl­ich bleibe Leppert dabei: „Wir müssen die Population mit Effektjagd begrenzen.“Nur so bekomme Saarbrücke­n die Lage wieder in den Griff.

 ?? ARCHIVFOTO: STEFFEN RASCHE/DPA ?? Vagabundie­rende Wildschwei­n-Rotten gefährden mittlerwei­le auch den Straßenver­kehr in der Saarbrücke­r Innenstadt. Unser Foto entstand im südbranden­burgischen Senftenber­g.
ARCHIVFOTO: STEFFEN RASCHE/DPA Vagabundie­rende Wildschwei­n-Rotten gefährden mittlerwei­le auch den Straßenver­kehr in der Saarbrücke­r Innenstadt. Unser Foto entstand im südbranden­burgischen Senftenber­g.
 ?? FOTO: LEPPERT ?? Stadtjäger Robert Leppert.
FOTO: LEPPERT Stadtjäger Robert Leppert.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany