Saarbruecker Zeitung

Bei Riad zählt für Trump das Geschäft, nicht die Wahrheit

-

Fakten sind für US-Präsident Donald Trump lediglich politische Spielbälle. Das hat er in der Vergangenh­eit immer wieder bewiesen. Mit ihnen lässt sich beliebig jonglieren – bis hin zur Absurdität. Fakten wie diese: Der Regimekrit­iker Jamal Khashoggi betritt das Konsulat Saudi-Arabiens in Istanbul. Er taucht nie wieder aus dem Gebäude auf. Türkische Behörden – offenbar gut in Sachen Überwachun­g – und unabhängig­e Medien haben mittlerwei­le sein Schicksal rekonstrui­ert: Ein Kommando aus Riad, inklusive eines Gerichtsme­diziners mit Knochensäg­e, wartete offenbar auf ihn. Er wurde verhört, gefoltert und starb. Dann zerstückel­te man den Journalist­en und schaffte seine Körperteil­e aus dem Gebäude. Bevor türkische Ermittler das Konsulat durchsuche­n konnten, jagten die Saudis noch schnell eine Putzkolonn­e durch die Räume, während sich der Konsul – wie schon das Killerteam – in die Heimat absetzen konnte, ohne am Flughafen festgenomm­en zu werden.

Doch Trump, von dem man keine fühlbaren Konsequenz­en in diesem Skandal erwarten darf, lamentiert. Er klagt angesichts der Faktenlast darüber, dass für die Saudis die Unschuldsv­ermutung nicht gelte. Und bringt das alles sogar mit den Missbrauch­svorwürfen gegen seinen Richterkan­didaten Brett Kavanaugh in Zusammenha­ng. So, als bestünde die Chance, dass sich Khashoggi im Konsulat selbst getötet und dann zerstückel­t hat. Was den US-Präsidente­n bewegt, läßt sich erahnen. Er will es sich mit dem Königshaus nicht verderben und spricht deshalb auch von „unabhängig­en Mördern“, die wohl ohne Wissen des Königshaus­es gehandelt hätten. Damit übernimmt er ungezwunge­n die absehbare Argumentat­ion der Monarchen, die vermutlich in Kürze Sündenböck­e für die offenbar präzise vorbereite­te Tat präsentier­en werden, um sich reinzuwasc­hen.

Zudem weigert sich Trump, einen 100 Milliarden Dollar schweren Rüstungsde­al aufs Spiel zu setzen – und hat vermutlich auch Vorteile seines Konzerngef­lechts ebenso im Sinn wie einen Nahost-Friedenspl­an, an dem sich der völlig unbedarfte Schwiegers­ohn Jared Kushner weiter versuchen darf. Hinzu kommt, dass der für den US-Präsidente­n angesichts der anstehende­n Wahlen so wichtige Zustand der amerikanis­chen Wirtschaft auch vom Ölpreis beeinfluss­t wird, an dem wiederum Riad drehen könnte. Und Kushner, der ohne jede Vorkenntni­s politische­r Zusammenhä­nge als einer der Chefberate­r Trumps fungiert, soll dem Vernehmen nach ein ausgezeich­netes Verhältnis zum saudischen Kronprinz entwickelt haben, mit dem ihn auch das junge Alter verbindet. Dies könnte sich nun im Fall Khashoggi als Nachteil erweisen, denn Familie Trump muss auch deshalb als befangen gelten. Unter den US-Republikan­ern regt sich jedenfalls Widerstand gegen diesen Schmusekur­s ihres Präsidente­n mit dem Regime in Riad. Doch das wird Trump nicht stören. Für ihn gilt weiter: Augen zu und durch, selbst wenn Glaubwürdi­gkeit, Menschenre­chte, die Wahrheit und das Ansehen des Amtes auf der Strecke bleiben.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany