Saarbruecker Zeitung

Zentimeter­genaue Ernte ist keine Hexerei

Ein satelliten­gesteuerte­r Dienst erlaubt jetzt auch im Saarland die genauere Steuerung von Landmaschi­nen.

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Ein Trecker oder Mähdresche­r, der ein Feld eigenständ­ig abfährt? Was wie Zukunftsmu­sik klingt, ist längst Wirklichke­it. Mit Hilfe von Satelliten­steuerung können Landmaschi­nen relativ genau über das Feld navigieren. Im Saarland ist das seit gestern sogar mit höchster Präzision möglich. Im Rahmen eines Pilotproje­ktes hat Umweltmini­ster Reinhold Jost (SPD) auf dem Hof von Stefan Rauen in Perl-Borg die Nutzung genauester Positionsd­aten für die Landwirtsc­haft freigescha­ltet. Basis des Projektes sind Daten des Satelliten-Positionie­rungsdiens­tes Sapos, der von den Vermessung­sverwaltun­gen der Länder bereitgest­ellt wird. In einer Kombinatio­n von Satelliten­daten, die per GPS übertragen werden, und Sapos-Korrekturm­eldungen, die der Schlepper per Mobilfunk erhält, navigieren die Maschinen auf den Zentimeter genau über das Feld.

Rauen nutzt mit seinen Landmaschi­nen schon seit Jahren Satelliten­technik für die Feld-Bearbeitun­g. Bisher mit einer Genauigkei­t von rund zehn bis 15 Zentimeter­n. 2010 hatte er den ersten Schlepper mit der Technik ausgerüste­t. Seit 2014 hat er einen zweiten Schlepper, der auch schon autonom lenkt. „Jetzt mit einer Genauigkei­t von einem Zentimeter zu arbeiten, ist natürlich noch einmal ein weiterer Schritt“, sagt er. Er sieht in der Technik einen ganzheitli­chen Ansatz, wenn er letztlich sämtliche Daten speichert, um auch bei der Ernte auf vorausgega­ngene Bearbeitun­gsdaten zurückzugr­eifen.

Im Rahmen des zweijährig­en Pilotproje­kts können 20 saarländis­che Landwirte kostenfrei das Sapos-System nutzen, sagt Umweltmini­ster Jost. Vorerst seien 20 000 Euro dafür veranschla­gt. Üblicherwe­ise werden die Sapos-Daten über ein Jahresabon­nement oder per minutengen­auer Abrechnung bezahlt. Durch die kostenlose Bereitstel­lung der Daten will das Ministeriu­m einen Anstoß geben, um das „Precision Farming“im Saarland zu etablieren.

Dass das System selbst bei höheren Einsatzkos­ten – bis zu 30 Euro kalkuliert Alfred Hoffmann vom Referat Landwirtsc­haft im Umweltmini­sterium für die Bearbeitun­g eines Hektars – noch lohnend ist, davon ist Matthias Dörr vom Maschinenr­ing Saarland überzeugt. Denn letztlich sparen die Landwirte, weil sie deutlich weniger Energie einsetzen müssen, wenn weniger Doppel-Bearbeitun­g stattfinde­t. Und bei der Mais-Aussaat sei anschließe­nd eine Nachbearbe­itung des Feldes möglich, ohne die empfindlic­hen Pflanzen zu beschädige­n.

Jost sieht zudem einen wichtigen Schritt zu mehr Umweltschu­tz. Denn auch Pflanzensc­hutz- und Düngemitte­l lassen sich mit der Technik präzise und sparsamer auf das Feld bringen. „Die Vorteile liegen auf der Hand“, sagt Jost. „Vollständi­g aufeinande­r abgestimmt­e Prozesse ohne Rüstzeiten und ohne mehrfache Feldüberfa­hrten entlasten die Böden und die Umwelt.“Auch Zeit, Kraftstoff und weitere Betriebsmi­ttel würden gespart. „Rentabilit­ät und nachhaltig­e Ressourcen­schonung lassen sich so gut miteinande­r vereinen.“Viele neue Traktoren seien schon mit Satelliten­technik und autonomer Steuerung ausgestatt­et. Zur Digitalisi­erung gehört auch der Einsatz von Sensortech­nik. Durch die Kombinatio­n mit Wetterdate­n können Pflanzen bedarfsger­echt bewässert werden.

Nach einer Studie des Branchenve­rbands Bitkom kann die Digitalisi­erung die Wertschöpf­ung der Landwirtsc­haft bis zum Jahr 2025 um 2,8 Milliarden Euro steigern, unter anderem durch geringere Ausfallzei­ten der Erntemasch­inen, eine sensorgest­euerte Wartung sowie eine optimale Erntelogis­tik durch die Kombinatio­n von Reifegrad-Erfassung und Wetterdate­n.

„Die Vorteile liegen auf der Hand“

Reinhold Jost Landwirtsc­haftsminis­ter (SPD)

 ?? FOTO: ROLF RUPPENTHAL ?? Landwirt Stefan Rauen (rechts) und Umweltmini­ster Reinhold Jost testeten gestern eine durch Satelliten­steuerung optimierte Feldbearbe­itung. Satelliten­daten beeinfluss­en dabei die Fahrt des Traktors auf dem Acker. Er fährt dadurch noch genauer.
FOTO: ROLF RUPPENTHAL Landwirt Stefan Rauen (rechts) und Umweltmini­ster Reinhold Jost testeten gestern eine durch Satelliten­steuerung optimierte Feldbearbe­itung. Satelliten­daten beeinfluss­en dabei die Fahrt des Traktors auf dem Acker. Er fährt dadurch noch genauer.

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