CDU-Machtpoker: Merz und Spahn preschen vor
Annegret KrampKarrenbauer hält sich öffentlich zurück. Ihre Konkurrenten im Rennen um den CDU-Vorsitz drehen schon voll auf.
BERLIN (dpa/SZ) Während CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer sich erst in der kommenden Woche näher zu ihrer Kandidatur für den Bundesvorsitz äußern will, haben ihre beiden schärfsten Konkurrenten den innerparteilichen Wahlkampf bereits voll aufgenommen. Gesundheitsminister Jens Spahn warb gestern in einem kurzen Video-Clip für sich. Darin sagte der 38-Jährige, er wollen einen „Neustart“der CDU. „Die CDU ist das Herz unserer Demokratie. Wir haben zugelassen, dass dieses Herz an Kraft verliert.“Zugleich schrieb er in einem Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, die Flüchtlings- und Migrationspolitik sei der Hauptgrund, warum seine Partei stark an Vertrauen verloren habe. Der frühere Unions-Fraktionschef Friedrich Merz hatte bereits am Mittwoch in einer Pressekonferenz erklärt, die CDU dürfe es nicht hinnehmen, dass sich am „linken und rechten Rand“Parteien in den Landtagen und im Bundestag etablierten. „Wir brauchen Aufbruch und Erneuerung. Aber wir brauchen keinen Umsturz.“
Kramp-Karrenbauer stellte dagegen gestern auf Twitter klar, sie werde morgen bei einem Auftritt für die CDU in Landau nur eine geplante Festrede halten. „Weitere Äußerungen zur Kandidatur Parteivorsitz allerdings erst nächste Woche. Termin folgt“, twitterte sie. Die frühere Ministerpräsidentin hatte erst vor knapp zwei Wochen den Landesvorsitz der Saar-CDU abgegeben. Am Montag kündigte sie wie Spahn kurz nach der Verzichts-Erklärung von Kanzlerin Angela Merkel ihre Kandidatur für den CDU-Bundesvorsitz in den Gremien an. Merz, der seit Jahren keinem Führungsgremium der Partei angehört, hatte sie am Dienstag per Pressemitteilung offiziell bekanntgegeben.
In der CDU gibt es breiten Rückhalt für die Idee, dass sich die Kandidaten für Merkels Nachfolge den Mitgliedern auf Regionalkonferenzen vorstellen, ehe sie im Dezember vom Parteitag in Hamburg zur Wahl stehen. Niedersachsens Landesparteichef Bernd Althusmann sagte: „Auch wenn der Zeitraum denkbar eng ist: Es deutet sich zunehmend an, dass Regionalkonferenzen ein geeignetes Mittel wären.“Für eine Urabstimmung aller CDU-Mitglieder über den Parteivorsitz müsste erst die Parteisatzung geändert werden. Über das genaue Verfahren wollen sich die Vorsitzenden der CDU-Vereinigungen am Sonntag verständigen, vor der Sitzung des dann tagenden Bundesvorstands.
Merz wehrte sich derweil in der „Süddeutschen Zeitung“gegen Kritik an seinen Tätigkeiten in der Finanzwirtschaft. Die Anti-Korruptions-Organisation Transparency erklärte, Merz sei als Aufsichtsrat der Privatbank HSBC Deutschland mit umstrittenen Cum-Ex-Geschäfte befasst gewesen. Merz sagte, er habe diese Geschäfte stets als „vollkommen unmoralisch“bezeichnet.
(dpa) 5000 Euro am Tag. Das war das Honorar von Friedrich Merz, als er „Veräußerungsbevollmächtigter“für die mit massiven Staatshilfen gestützte Landesbank WestLB war. Es war einer von vielen Top-Jobs in der Privatwirtschaft, die Merz in den vergangenen Jahren innehatte – und innehat.
Der heute 62 Jahre alte Jurist arbeitet beispielsweise bereits seit 2005 im Düsseldorfer Büro der international tätigen Kanzlei Mayer Brown. Merz berät dort nach Angaben der Kanzlei Unternehmen bei Fusionen, zu seinen Mandanten zählen „zahlreiche Dax-Unternehmen und internationale Konzerne“. Merz hat daneben zahlreiche Posten inne: Er führt den Aufsichtsrat des Arnsberger Unternehmens Wepa, das etwa Toilettenpapier herstellt. Außerdem leitet Merz das Kontrollgremium des Flughafens Köln-Bonn und ist Aufsichtsratsmitglied bei der Privatbank HSBC Deutschland. Er sitzt zudem im Verwaltungsrat des Schweizer Zugbauers und Siemens-Konkurrenten Stadler Rail.
Einer der Posten von Merz, die nun vor allem in die Schlagzeilen kommen, ist der als Aufsichtsratschef beim deutschen Ableger von Blackrock. Die weltgrößte Fondsgesellschaft hat eine enorme Macht an den Finanzmärkten, denn sie verwaltete zuletzt rund 6,4 Billionen Dollar (5,7 Bio Euro) an Kundengeldern – mehr als jeder andere Finanzkonzern. Allein in Deutschland sind die Amerikaner nach Daten der Finanzaufsicht Bafin an mindestens 67 Aktiengesellschaften hierzulande beteiligt, bei 20 der 30 Dax-Unternehmen sogar größter Einzelaktionär.
Timo Lange von LobbyControl, einem Verein, der sich für mehr Transparenz in politischen Entscheidungsprozessen einsetzt, sagte: „Angesichts der Vita von Friedrich Merz und seinen vielen Jobs und Lobbytätigkeiten in der Wirtschaft sind Interessenkonflikte fast schon vorprogrammiert.“